Ehemalige Zwangsarbeiter fordern nachdrückliche
Intervention der Regierung: Vertreter der
ehemaligen NS-Zwangsarbeiter sprachen sich dafür aus, dass die Frage der
Entschädigung auf höchster politischer Ebene gelöst wird. Die
Regierungen der mittel- und osteuropäischen Länder sollten sich
möglichst bald treffen und gemeinsam bei der deutschen Regierung wegen
der Verzögerung der Auszahlungen intervenieren, sagte der Vorsitzende
des Verbandes befreiter politischer Gefangener, Oldrich Stransky, am
Dienstag der tschechischen Nachrichtenagentur CTK.
Zwangsarbeiterentschädigung:
Das Maß ist voll
Von Ulla Jelpke
Wenige Stunden nach der Einstellung der letzten
Sammelklage in den USA gegen deutsche Banken hat die Stiftungsinitiative
der deutschen Wirtschaft das neue Urteil von US-Richterin Shirley Kram
zurückgewiesen. Der Sprecher der Stiftungsinitiative, Wolfgang Gibowski,
warf ihr »Trickserei« und eine »törichte Vorgehensweise« vor. Ihr Urteil
sei für die Wirtschaft nicht akzeptabel.
Otto Graf Lambsdorff meinte sogar, mit
dem Urteil seien die Chancen für einen Beginn der
Entschädigungszahlungen noch vor der Sommerpause deutlich gesunken. Auch
mir liegt das schriftliche Urteil von Frau Kram inzwischen vor. Daraus
geht eindeutig hervor: Auch die letzten Sammelklagen gegen deutsche
Banken sind eingestellt. Es stimmt zwar, dass die Richterin einigen
wenigen Klägerinnen und Klägern die Möglichkeit eingeräumt hat, ihre
Klagen neu aufzunehmen. Aber das gilt nur für einen ganz speziellen
Fall. Nämlich dann, wenn diese Klägerinnen und Kläger außer ihren
Ansprüchen gegen deutsche Banken auch noch Ansprüche gegen
österreichische Banken haben und diese nicht befriedigend erfüllt
werden.
Die Vertreter der osteuropäischen Opfer
im Kuratorium hatten Frau Kram zugesagt, sich im Kuratorium der
deutschen Stiftung für eine kulante Regelung solcher Fälle einzusetzen.
Hinzu kommt: Diese Klägerinnen und Kläger, die nach dem Kram-Urteil
unter ganz bestimmten Bedingungen noch einmal klagen dürfen, haben laut
Rechtsgutachten der Stiftungsinitiative vom 11. April bereits im Oktober
bzw. November 2000 erklärt, dass sie mit der Einstellung ihrer Klagen
einverstanden sind. Das ist alles. Daraus jetzt einen Riesenskandal zu
machen, sogar zu behaupten, die gesamte Auszahlung an die Überlebenden
könne sich noch weiter verzögern, ist völlig überzogen. Selbst wenn
heute die Berufung der Wirtschaft gegen das Urteil von Kram vor einem
anderen US-Gericht wieder abgewiesen würde, steht für mich fest: Der
Bundestag muss und kann jetzt die Rechtssicherheit feststellen, damit
die Auszahlungen beginnen.
Auch die darüber hinaus noch offenen
Einzelklagen in den USA - die Stiftungsinitiative spricht von ca. 15
Klagen, die nicht erledigt seien - sind für mich kein Argument, um die
Auszahlung weiter zu verzögern. Die mit Abstand wichtigsten Klagen, die
Sammelklagen großer Opfergruppen auf Entschädigung für Zwangsarbeit und
auf Rückgabe geraubter Vermögen durch deutsche Banken und
Versicherungen, sind eingestellt. Nur das zählt. Selbst Lambsdorff hat
erklärt, für ihn seien von den noch offenen Einzelklagen nur fünf Klagen
überhaupt relevant. In der
Entschädigungsvereinbarung vom letzten Sommer waren insgesamt 66 Klagen
aufgeführt. Nach Adam Riese heißt das: 95 Prozent aller Klagen in den
USA gegen die deutsche Wirtschaft sind entweder eingestellt oder selbst
für Graf Lambsdorff nicht wirklich relevant. Wegen dieser fünf Prozent
offener Klagen darf der Entschädigungsprozess nicht weiter blockiert
werden.
Dienstag Nachmittag beraten die
Berichterstatter der Fraktionen im Bundestag mit Lambsdorff. Am Mittwoch
steht das Thema im Innenausschuss auf der Tagesordnung, danach ist ein
Treffen mit der Wirtschaft angesetzt. Meine Position ist klar: Noch in
dieser Woche müssen die Vorbereitungen für die Entschließung des
Bundestags beginnen. Hundertprozentige Sicherheit vor allen Klagen, wie
sie die Wirtschaft verlangt, kann es nie geben. Das ist auch nie und
nirgends vereinbart worden. Im Vordergrund aller Überlegungen haben die
Entschädigungen der Opfer zu stehen, nicht die offenbar endlosen Wünsche
der Wirtschaft. Die Wirtschaft muss aufhören, immer neue Pappkameraden
aufzubauen, um sich dahinter zu verstecken und die Zahlung ihres
Beitrags zur Entschädigung der überlebenden Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter immer weiter hinauszuzögern. Ich fordere vom
Bundeskanzler, Druck zu machen auf die Wirtschaft, damit diese mit ihrem
Blockadekurs aufhört und ihr Geld überweist. Die Auszahlungen an die
Überlebenden müssen sofort beginnen.
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15.05.2001 |