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Judentum und Israel
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Noch immer keine Zwangsarbeiterentschädigung 
in einem stolzen Deutschland:

Die Verschleppungstaktik der deutschen 
Industrie bleibt erfolgreich

Die legitimen Forderungen der ehemaligen NS-Zwangsarbeiter nach sofortiger Entschädigung verblassen momentan angesichts der von Konservativen angezettelten Debatten um den Stolz der Deutschen und vor dem Hintergrund der zwanghaften Bekenntnisse von Politikern jedweder Couleur zur deutschen Nation.

So durchsichtig die Manöver deutscher Firmen und deren Stiftungsinitiative zur Verschleppung des Auszahlungsbeginns auch sein mögen, sie sind leider erfolgreich. Betrachtet man sich die Äußerungen des Sprechers der Stiftungsinitiative, Wolfgang Gibowski, so ist deren Selbstverständnis als Organisation zur Verschleppung der Auszahlungen sehr deutlich: Laut Gibowski sei es von Anfang an nicht nur um humanitäre Hilfe für die Opfer gegangen, sondern auch darum sicher zustellen, dass alle Klagen gegen deutsche Firmen in den USA abgewiesen würden. 

Solche Sätze muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es ist also eine humanitäre Hilfe, wenn die Überlebenden des NS-Systems, innerhalb dessen deutsche Firmen noch mit der Ausbeutung bis zum Tode Profite aus ihren Opfern herauswirtschafteten, ihr gutes Recht auf eine finanzielle Entschädigung einfordern. Davon, dass ein guter Teil dessen was einmal deutsches Nachkriegs-Wirtschaftswunder genannt wurde auf der Vernutzung der Zwangsarbeiter und deren Nicht-Entschädigung beruht, ist keine Rede. Wären nach der militärischen Zerschlagung des deutschen NS sämtliche Betriebe, welche Zwangsarbeiter ausgebeutet haben oder sich am Vermögen enteigneter Jüdinnen und Juden bereichert haben, konsequenterweise enteignet worden, so gäbe es heute keine Stiftungsinitiative, welche unverschämt die angeblich notwendige Rechtssicherheit für ihre Klientel in Bezug auf weitere mögliche Sammelklagen einfordern könnte.

Der Druck, welchen die betroffenen deutschen Firmen auf die Opferverbände aufbauen ist enorm. Wollen diese erreichen, dass noch möglichst viele der überlebenden Zwangsarbeiter überhaupt etwas von dem ihnen zustehenden Geldern bekommen, so sind sie gezwungen immer weitergehende Zugeständnisse zu machen. Währenddessen ziehen die deutsche Firmen nacheinander eine mögliche Klage nach der nächsten hervor, um den Druck zu erhöhen und stellten in dieser Woche gleichzeitig einen Befangenheitsantrag gegen die ihr nicht genehme US-Richterin Kram. Richterin Kram weigerte sich bereits zweimal Sammelklagen gegen deutsche Banken abzuweisen. Wie US-Außenamtssprecher Richard Boucher verlauten lies wird auch die Klage gegen die US-Firma IBM zurückgezogen, welche Anfang Februar vor dem Bundesgericht in New Yorck eingereicht wurde. Auch dies ist ein Schritt um möglichen weiteren Verzögerungen der Auszahlung vorzubeugen.

Inzwischen werden die Forderungen der Opfer des Nationalsozialismus lauter. So veranstaltete der Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte Mitte dieser Woche eine Protestaktion vor dem Berliner Bundeskanzleramt. Unter dem Titel "Fünf nach zwölf wiesen neben Betroffenen auch Schülergruppen daraufhin, dass alle elf Minuten ein ehemaliger Zwangsarbeiter stirbt. Manfred Hauser, Sprecher der Interessengemeinschaft ehemaliger Zwangsarbeiter wies in Briefen an Bundeskanzler Schröder und Bundestagspräsident Thierse daraufhin: "Für uns Überlebende gibt es keine Wartezeit mehr." Für die Opfer bedeute die anhaltende Blockade der Auszahlungen "die Fortsetzung einer jahrzehntelangen Demütigung.", schrieb der 89 Jahre alte Sprecher der Interessengemeinschaft. Einen Appell zum sofortigen Beginn der Entschädigungszahlungen veröffentlichten dieser Tage auch der Schriftsteller Günter Grass und IG-Metall-Vorsitzender Klaus Zwickel.

Dennoch lässt sich schon jetzt resümieren, dass es der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft gelungen ist, sich vor etlichen legitimen Forderungen zu drücken und sich immer wieder als die eigentlichen Opfer zu präsentieren. Hätte sich die Bundesregierung zur konsequenten Anwältin der Interessen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter gemacht, anstatt sich auf einen Diskurs über Rechtssicherheit für die Profiteure des nazistischen Mord- und Ausbeutungssystems einzulassen, dann wäre dies ein Zeichen der Verantwortungsübernahme gewesen. Stattdessen bleibt die bittere Erkenntnis, dass sich der Nationalsozialismus für die deutsche Industrie durchaus gerechnet hat.

IS / klick-nach-rechts.de

30.03.2001

 


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