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Parlamentsinitiative gegen Rechts:
Die CDU schmollt am rechten Rand
Wenn am morgigen Freitag im Bundestag über einen
fraktionsüber- greifenden Antrag entschieden wird, nach dessen Inhalt
sich das Parlament "gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit
Antisemitismus und Gewalt" stellt, dann wird voraussichtlich eine
Fraktion kein positives Votum abgeben: die der CDU/CSU.
Obwohl die CDU/CSU-Fraktion sich verbal häufiger
bemüht die nazistischen Gewalttaten in Deutschland zu verurteilen,
besteht sie auf einer eigenen Antragsvariante für den Bundestag, nach
der eine "Nachhaltige Bekämpfung von Extremismus, Gewalt und
Fremdenfeindlichkeit" gefordert wird. Worin liegen nun hier die
Unterschiede in der Zielrichtung? Ein zentraler Kritikpunkt lautet, dass
sich der Antrag "zu undifferenziert gegen rechts wendet, so Ansgar
Hollah, Mitarbeiter der CDU/CSU im Innenausschuss, in welchem das zu
verabschiedende Papier erarbeitet wurde. Für einen Verletzten, so Hollah, mache es keinen Unterschied, ob er von rechts oder links
angegriffen worden sei. Und weiter so Hollah: "Wir ziehen die Grenze da,
wo Straftaten begangen werden. Die Koalition muss lernen, dass nicht
alles rechts von Schröder verdammenswert ist."
Für die Konservativen ist es gemäß der Logik der
sogenannten Totalitarismustheorie einerlei, ob sich beispielsweise
Antifaschisten aktiv gegen Rechtsextreme und deren Aufmärsche und
Menschenjagden einsetzen und dabei nicht schauen, wo die Grenzen des
Strafgesetzbuches verlaufen und so auch schon einmal ein Springer-
stiefel tragender Nazi zu körperlichem Schaden kommt. Für die CDU sind
diese Menschen eben genau nur Straftäter, wie Neonazis, die in vielen
Gemeinden systematischen Terror gegen alle betreiben, die nicht ihrem
Bild eines "Stolzen Deutschen" entsprechen. Ob der oben angeführte
antifaschistische Aktionismus nun dem Phänomen Rechtsextremismus Einhalt
gebietet ist in der Tat diskutierenswert, ein Bedrohungspotential für
die innere Sicherheit stellt dies gewiss nicht dar. Im Gegenteil haben
diese, in der Regel, jugendlichen Antifaschisten, mit ihrem beileibe
nicht nur gewalttätigen Engagement, wahrscheinlich mehr Zivilcourage
gegen Rechts gezeigt als die Mehrheit der Bundesbürger seit dem
propagierten "Aufstand der Anständigen".
Ersichtlich wird in Hollahs Aussage auch nicht, wo
denn für ihn die Grenze dessen ist, was rechts des Bundeskanzlers denn
nun alles noch erquicklich sein soll. Die Republikaner und die NPD
vielleicht? Deren Forderungen unterscheiden sich häufig nur in der
Verbalradikalität von dem was der rechte Rand der CDU/CSU mitunter
verlautbart. Erinnert sei an dieser Stelle nur an die jüngste "Ich bin
stolz ein Deutscher zu sein"-Debatte. Der Versuch von CDU/CSU mangels
inhaltlicher Positionen das gesamtgesellschaftliche Klima durch ein
Bekenntnis zur Nation nach rechts zu rücken, dürfte gelungen sein. Kaum
jemand innerhalb der politischen Klasse wollte da zurückstecken, was
dazu führte, dass beinahe die gesamte parteipolitische Prominenz eben
auch von SPD und Grünen ein Bekenntnis zur Nation ablegte.
Ein weiterer Kritikpunkt Hollahs an dem gemeinsamen
Antrag von SPD, Grünen, FDP und PDS lautet: "Wir wollen es nicht bei den
vielen schönen Worten bewenden lassen, sondern auch Taten." "Wenn man
sich gegen NPD-Aufmärsche ausspricht, sollte man auch konsequent sein
und sie verbieten.", so der CDU/CSU-Mann weiter. Das Demonstrationsrecht
ist allerdings in diesem Land, zumindest in der Verfassungstheorie ein
hohes Gut, welches es zu schützen gilt. Die immer wieder aufkommende
CDU-Forderung nach dessen Einschränkung zeigt denn auch das oft
defizitäre Demokratieverständnis weiter Kreise der Konservativen. Wer
glaubt das Problem des Rechtsextremismus und Nazismus mit
obrigkeitsstaatlichen Mitteln unter den Teppich kehren zu können, der
erfüllt wenigstens indirekt die Forderungen von Rechtsaußen nach einem
autoritären Staat. Er will politisches Engagement gegen Nazismus durch
schärfere Gesetze, mehr Polizei und zunehmende Überwachung ersetzen. Die
Problematik, dass sowohl Rassismus und Antisemitismus tief im Charakter
eines großen Teils der bundesrepublikanischen Bevölkerung verankert ist,
wird so geleugnet und verdrängt. Polemisch muss hier die Frage gestellt
werden, wer denn angesichts der immer wieder auftauchenden
rechtsextremen Äußerungen so mancher Unions-Politiker ein Verbot von
deren Partei fordert.
Auch wenn sich die Bundesregierung und auch ein
Großteil der Oppositions- abgeordneten in der Bekämpfung des
Rechtsextremismus auch immer wieder hilflos zeigt, der
fraktionsübergreifende Antrag stellt wenigstens eine Art Selbstver-
pflichtung der Parlamentarier und Parlamentarierinnen dar. Wenn dann
noch die angekündigten Mittel von 75 Millionen Mark auch wirklich
Initiativen zu Gute kommen, welche sich bereits seit Jahren
antifaschistisch engagieren, so ist dies ein kleiner Schritt in die
richtige Richtung. Zu unterstützen ist die Aussage der
Grünen-Abgeordneten Annelie Buntenbach, welche ebenfalls im
Innen-Ausschuss tätig ist: "um zivilgesellschaftliche Strukturen zu
stärken, ist (...) außerdem wichtig örtliche Initiativen
mitzufinanzieren - vor allem dort, wo Rechtsextreme besonders
einflussreich sind."
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29.03.2001 |