Von Karl Pfeifer
Am letzten Tag der Tagung habe ich mir drei Vorträge angehört und
ich freue mich, zwei davon loben zu können. Frank Stern, Autor
mehrerer bekannter Bücher und Professor an der Ben Gurion
Universität in Beer-Schewa gab eine spannende und anregende Präsentation
"Images of the Cultural Other: The Israeli-Palestinian Conflict in
Film". Er betonte die Bedeutung neutraler Begegnungsplätze für
palästinensische und israelische Kulturschaffende.
Diese oft sehr lebhafte Diskussionen werden zwar im Ausland abgehalten,
aber dort kaum wahrgenommen. Die Medien, die über den Konflikt berichten
sind zwar wichtig, aber auch die Filme und die kulturelle Begegnung sind
bedeutsam. Frank Stern wies in seinem Vortrag, der visuell mit
Beispielen aus israelischen und palästinensischen Filmen unterstützt
wurde, darauf hin, dass viele dieser Filme selbstkritisch sind. Dann
machte er ein paar interessante Bemerkungen zur Geschichte seiner
Vorfahren, die vor 300 Jahren aus Wien verjagt und in Berlin und Preußen
Aufnahme fanden und meinte, es wäre seltsam, wenn jetzt er und seine
Familie zum Wiener Judenplatz kämen, um sich dort niederzulassen. Aber
so einfach machte er es sich nicht, er wies auch darauf hin, dass seine
Familie in Ostpreußen in Königsberg lebte, das heute Kaliningrad heißt
und auch dorthin gäbe es keine Rückkehrmöglichkeit. Er bemerkte, dass er
im Rahmen seiner Tätigkeit in der Stadt Sderot Filmvorträge halte und
diese gut besucht sind, aber die islamischen Fundamentalisten in Gaza
mögen keine Filme und vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass sie
ihre Raketen gerade dann auf diese Stadt nicht weit von der Grenze
abfeuern, wenn er sich dort befinde.
Frank Stern erzählte auch von einem arabisch-jüdischen Theater in
Jaffa, für das er eine Gastvorstellung in Beerschewa organisierte, die
ausverkauft war und an der arabische und sogar orthodoxe jüdische
Studenten teilgenommen haben, die miteinander ins Gespräch kamen. Die
vorgeführten kurzen Ausschnitte aus den Videos zeigten die ganze
Vielfalt und Komplexität des Verhältnisses der beiden Völker. Der letzte
Ausschnitt über einen satirischen Film des Palästinensers Elias Soliman
behandelte den Konflikt satirisch und machte sich nicht nur über Juden
lustig, sondern auch über die eigene Gemeinschaft. Der Film endet aber
mit einem Lied des Friedens und der Liebe. Es wäre schon ein riesiger
Erfolg, wenn es gelänge das Blutvergiessen zu beenden.
Bevor ich den Vortrag von Rebecca Stein beginne zu kritisieren, muß ich
mich bei ihr entschuldigen, es war nicht sie sondern Tamara Neuman, die
fragte, ob es denn bewiesen werden könne, dass Hadj Emin el Husseini
tatsächlich antisemitisch war. Jason Ritchie, der moderierte, lobte die
politische antizionistische Haltung von Rebecca Stein in höchsten Tönen,
er meinte dazu gehöre eine große Portion Tapferkeit. Nun an israelischen
akademischen Institutionen gibt es schon eine ganze Reihe von
Akademikern, die am Zionismus und am Staat Israel kein gutes Haar
lassen. Manche fordern sogar den Boykott der Institute, von denen sie
Gehalt erhalten und das wird auch im Ausland geschätzt, da kommen
Einladungen wie die nach Wien. In den USA ist die Lage auch nicht
anders. Antizionismus und Ausfälle gegen Israel werden manchmal sogar
reichlich honoriert.
Rebecca Stein, Durham, North Carolina, sprach über "Traveling Nation:
Israel and the Cultural Politics of Tourism". In ihrem Vortrag,
wiederholte sie mehrmals das Wort "colonialism" in Verbindung mit
Israel. Sie zitierte reichlich aus den populären israelischen Zeitungen
Yedioth Achronot und Maariv. Sie beanstandete, dass Israelis Juden
und Araber nach dem Sechstagekrieg die besetzten Städte als
Touristen stürmten und die Geschäfte leergekauften. Mit Sicherheit hätte
sie auch das Gegenteil genauso scharf kritisiert, wenn Moshe Dajan, die
besetzten Gebiete abgeriegelt hätte. Die Invasion in den Libanon 1982
wurde in diesen Zeitungen als touristischer Ausflug verharmlost und es
wurden sogar Bilder gezeigt, wie die Soldaten mit Libanesen in feinen
Restaurants beisammensassen. Es gehört zu der Ironie der Lage, dass eine
amerikanische antizionistische Jüdin von einem Palästinenser darauf
aufmerksam gemacht wurde, dass ja die israelischen Soldaten von den
Leuten des Pierre Gemayel (Maronitenführer, der später ermordet wurde)
eingeladen wurden. Und allerschlimmst, nach dem Abkommen von Oslo haben
sogar israelische Reisbüros beanstandet sie - sich vorbereitet
Reisen nach Damaskus, Tunis und Beirut zu organisieren. All das ist in
ihrem Verständnis Teil des Kolonialismus.
Das all dies mit der Stimme einer anklagenden Staatsanwältin
transportiert wurde, machte es nicht besser. Dass die Israelis sich oft
eingekapselt fühlen und sie was ja nur natürlich ist
auf die Nachbarländer neugierig sind, das kommt bei ihr gar nicht gut
an. Und sie schilderte Israel als einen fast autoritären Staat, wo der
Militärzensor die Zeitungen dazu brachte solche Berichte zu publizieren.
Ich fragte die Dame, warum sie Israel und den Zionismus und Israel mit
Kolonialismus in Verbindung bringe. Im Falle des Zionismus strömte
Kapital in ein unterentwickeltes Land nach Palästina, während
Kolonialismus doch die Ausbeutung der Resourcen eines fremden Landes und
den Export der Gewinne in die Metropolen bedeute. Wie es halt bei diesen
Diskussionen der Fall ist, redet sich die Dame semantisch darauf aus,
dass sie das Wort Kolonialismus lediglich als "Instrumentarium" benütze.
Ein Palästinenser verwies auf die schweren Sünden israelischer Touristen
in Jordanien, die in Petra den Preis von 50 cent für eine
Mineralwasserflasche bemängelt haben, obwohl sie in Tel Aviv das
dreifache dafür zahlen müssen. Darauf antwortete, Edwin Roth, dass ja
die israelischen Touristen in erster Linie nicht nach Petra fahren, um
sich über Preise zu beschweren und dass solches ja auch bei Touristen
anderer Länder vorkommen soll und dass die Israelis keine politische
Agenda haben. Er wies darauf hin, dass österreichische Touristen, die
nach Paris oder Rom fahren ja in der Regel keine Werbung für die
Regierung des Herrn Schüssel und für Jörg Haider machen.
Der letzte Vortrag von Miriam Benchetrit "The History of Memory:
Shaping Holocaust Remembrances in Israeli Politics" verdient höchstes
Lob. Ich bat die in Wien geborene Wissenschaftlerin mir den Text dieses
Vortrages zuzusenden und hoffe, diesen hier veröffentlichen zu können.
Sie ist auch dem heiklen Thema Antisemitismus und Holocaustleugnung in
der arabischen Welt nicht ausgewichen. Dies wird gerade in Wien
aktuelle, wo die vom Nahostsachverständigen Dr. John Bunzl noch im
Februar dieses Jahres öffentlich unterstützte Wiener
"Antiimperialistische Koodination" AIK gerade jetzt, Holocaustleugnung
eines jordanischen linken Intellektuellen und dies im Interesse des
Kampfes gegen den "Imprerialismus" entschuldigt, mit der lächerlichen
Begründung, dass nicht die Araber den Holocaust begangen haben.
Postitiv ist, dass diese Veranstaltung den Teilnehmern persönliche
Kontakte ermöglicht hat. Im Gespräch mit einem palästinensischen
Teilnehmer bestätigte mir dieser, dass er wohl wisse, dass die während
der Tagung von einigen jüdischen Teilnehmern mit Vehemenz vorgetragene
überzogene Kritik Israels nicht mainstream in Israel ist, und dass man
den Frieden mit der großen Mehrheit derjenigen Israelis schließen muß,
die für einen Frieden zu schmerzlichen Kompromissen bereit sind. Die
Rückkehr von Millionen "Flüchtlingen" wird aber mit Ausnahme einiger
kleiner marginalen Gruppen von fast allen Israelis abgelehnt.
"Whose Holy Land":