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Meldungen]
Aus dem Archiv hagalil.com:
DEZEMBER 2001
Am 30. Dezember erklärte Bundespräsident Johannes Rau (SPD) der
Zeitung Welt am Sonntag, in Deutschland lebende Ausländer müssten
Deutsch lernen und die gesellschaftlichen Grundwerte achten. Für
denjenigen, der sich nicht integrieren wolle, müsse die Weigerung Folgen
haben.
Am 26. Dezember wurde ein jugoslawischer Asylbewerber in Rosenheim
(Bayern) festgenommen, weil er den nahe gelegenen Landkreis
Traunstein verlassen hatte. Am selben Tag forderte der
baden-württembergische Innenminister Thomas Schäuble (CDU), wie die
Nachrichtenagentur AP berichtet, Ausländer, die zu Freiheitsstrafen ohne
Bewährung verurteilt wurden, auszuweisen und abzuschieben, »selbst dann,
wenn sie Abschiebeschutz wegen politischer Verfolgung genießen«.
Am 17. Dezember wurde in Illmenau (Thüringen) ein 22jähriger
chinesischer Informatikstudent an der Universität von drei 16, 17
bzw. 19 Jahre alten Jugendlichen angegriffen und geschlagen. Die Polizei
geht nicht von einem rechtsextremen Hintergrund der Tat aus.
19-12-01 Trotz Vorstrafen müssen zwei Frankfurter Männer
im Alter von 27 bzw. 23 Jahren und eine jüngere Frau, die
im Oktober 1999 einen 31jährigen aus Eritrea beschimpft, geschlagen und getreten
haben, nicht ins Gefängnis. Das Jugendschöffengericht hat die Haftstrafen zur
Bewährung ausgesetzt. Die junge Frau kam mit einer Verwarnung und einer
Arbeitsauflage davon. Die TäterInnen malträtierten den Afrikaner im Nordwesten
von Frankfurt (Hessen) auch mit einem scharfen Gegenstand, sodass er
Schnittverletzungen am Bein erlitt. Die Angeklagten bestritten, für die
Schnittwunden verantwortlich zu sein, und behaupteten, sie hätten mit Neonazis
»nichts am Hut«. Eine ebenfalls am Tatort anwesende 36jährige Frau musste sich
nicht wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten, weil sie alkoholisiert
gewesen sei.
In der "Hamburger Morgenpost" kritisierte
Daniel Cohn-Bendit, Europaabgeordneter der Grünen, Günter Grass wegen dessen
Ablehnung einer Militärintervention in Afghanistan. Grass und andere Gegner
einer Intervention verhielten sich so, wie es 1938 England und Frankreich
gegenüber Nazi-Deutschland getan hätten, und es stelle sich die Frage, wie denn
die deutsche Gesellschaft bei einer totalitären Bedrohung in ihrem eigenen Land
heute reagieren würde.
Wie am 18. Dezember bekannt wurde, hat das Schöffengericht in
Stade (Niedersachsen) dem 24jährigen Lars H.
nach der Berufungsverhandlung zwei Monate der zuvor
verhängten Haftstrafe erlassen, weil der Angeklagte seine Taten gestanden und
Besserung gelobt habe. Lars H. stand vor dem Stader Landgericht, weil er 1999
ein Asylbewerberheim in Kutenholz-Aspe überfallen hatte. Außerdem hatte er in
Horneburg einem Türken ins Gesicht geschlagen. Dafür war in erster Instanz eine
Strafe von insgesamt zwei Jahren und vier Monaten verhängt worden. Das Gericht
habe seinen »Willen zur Umkehr« belohnt, erklärte der Vorsitzende Richter. Der
von H. geschlagene Öztürk B. war auf eine Neonazi-Party in Horneburg eingeladen
worden, wo er H. »deplatziert« vorkam. Die politischen Ansichten von H. hätten
sich aus seinen Erfahrungen mit Ausländern entwickelt. Er habe nie einer
Skinheadgruppe angehört, erklärte er vor Gericht, aber ausländische Mitschüler
hätten sich schwer getan, seine politischen Ansichten zu akzeptieren.
Am 17. Dezember wurde ein Erfurter Fußballfan zu einer Strafe
von 100 Tagessätzen à 35 Mark verurteilt. Er hatte während
eines Regionalligaspiels in Burghausen (Bayern) ausländerfeindliche Parolen
gegrölt. Die Polizei schritt ein, nachdem er auch Beamte beleidigt und mit einem
Becher beworfen hatte. Eine fremdenfeindliche Gesinnung habe der Mann aus Gotha
zwar durchaus zugegeben, aber gleichzeitig betonen wollen, dass er kein
Rechtsextremer sein.
Bereits vor dem EU-Gipfel in Brüssel am 14./15. Dezember hat
der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD)
erklärt, keine EU-Regelung zu akzeptieren, die gegenüber
dem deutschen Asylrecht eine Verbesserung für die Flüchtlinge bedeute. Der Grund
sei seine Furcht, die Zahl von AsylbewerberInnen in Deutschland könne wieder
steigen. Kritik erntete auf dem Gipfel Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für
die Ablehnung des Passus im Kommissionsentwurf, nach dem Flüchtlingskinder bis
18 Jahre ihren Eltern nachreisen dürfen. Der Generalsekretär des Verbandes
europäischer Flüchtlingsorganisationen (ECRE), Peer Baneke, fürchtet, dass das
deutsche Asylgesetz zum Vorbild für die Europäische Union werden und deshalb die
Internierung von Flüchtlingen in grenznahen Lagern und ihre Abschiebung in so
genannte sichere Drittstaaten in der ganzen EU praktiziert werden könnten.
Die Beerdigung von Stefan Heym s"l,
findet am Freitag, dem 21. Dezember 2001 um 11.00 Uhr, auf
dem Jüdischen Friedhof Weißensee, Herbert-Baum-Straße 45, 13088
Berlin-Weißensee, statt.
14-12-01 Der Landrat des Spree-Neiße-Kreises, Dieter Friese
(SPD),
hat der von der Abschiebung bedrohten vietnamesischen
Familie Nguyen eine Duldung erteilt. Die bis dahin im Kirchenasyl in Spremberg
(Brandenburg) lebende Frau sollte mit ihren drei Kindern nach achtjährigem
Aufenthalt aus Deutschland ohne den Familienvater abgeschoben werden, da dieser
nicht nach Vietnam einreisen darf.
13-12-01 Nach einer Studie der Universität Leipzig zeigen sich
bei zwölf Prozent der erwachsenen Deutschen rechtsextremistische Einstellungen.
Etwa jeder zehnte stimme der Forderung zu, dass Ausländer
so schnell wie möglich Deutschland verlassen sollten. Jeder dritte Befragte war
der Meinung, dass bei der Einstellung von Arbeitskräften Deutsche grundsätzlich
Ausländern vorgezogen werden sollten.
Wie am 12.12-01 bekannt wurde, wurde eine Kurdin bereits zwei
Wochen zuvor von ihrem Arbeitsplatz
in einer Bäckerei in Schönaich (Baden-Württemberg) von der
Polizei abgeholt und in die Türkei abgeschoben. Die 27jährige meldete sich
inzwischen bei ihrer ehemaligen Arbeitgeberin und berichtete, dass sie in der
Türkei fünf Tage in Untersuchungshaft gesessen habe. Aus Angst vor der Polizei
sei sie anschließend nach Anatolien geflohen.
Am 10.12-01, dem internationalen Tag der Menschenrechte,
protestierten der Berliner Flüchtlingsrat und Pro Asyl vor der Berliner
Innenbehörde gegen die Abschiebehaft für Minderjährige. Der Sprecher Hartwig
Berger wies darauf hin, dass in Berlin 350 Flüchtlinge eingesperrt seien, obwohl
sie entweder Minderjährige, schwangere Frauen oder Frauen mit Kindern seien.
Wegen der extremen psychischen Belastung während der Haft sei es bei einigen
Jugendlichen bereits zu Suizidversuchen gekommen. Die Berliner Innenverwaltung
beruft sich auf das Ausländergesetz, wonach Flüchtlinge ab 16 Jahren
»aslymündig« sind und somit eingesperrt werden können.
Am 7. Dezember sind drei Rechtsextreme vor Gericht
freigesprochen worden, die vor
einem Jahr an einem Überfall auf eine deutsch-indische Familie in Meerane
(Sachsen) beteiligt waren.
07-12-01 Eine 27jährige Frau wurde zu vier Monaten Freiheitsstrafe
auf Bewährung verurteilt. Die Angeklagten hatten den Inhaber einer
Pizzeria, seine Frau und seinen ältesten Sohn verprügelt. Die Familie war nach
dem Überfall aus der Kleinstadt geflohen. Bei dem Prozess hatte der Richter auf
sich aufmerksam gemacht, weil er den Aussagen der Opfer nicht zuhörte, sondern
Akten las.
06-12-01 Unbekannte verübten einen Anschlag auf ein
Asylbewerberheim in Ellerau (Schleswig-Holstein).
Sie schlugen gegen 17.30 Uhr auf die Eingangstür aus Holz
ein und zerbrachen ein Glasgefäß mit einer brennbaren Flüssigkeit. Dann
flüchteten sie. Die Unterkunft wurde in jüngster Zeit schon mehrfach mit
Gegenständen beworfen.
Ebenfalls am 6. Dezember wurden sechs Vietnamesen nach Polen abgeschoben. Der
Bundesgrenzschutz hatte sie am Tag zuvor nach Hinweisen aus der Bevölkerung im
Raum Steinbach (Sachsen) festgenommen. Am selben Tag wurden sieben Afghanen in
dieser Gegend wiederum nach dem Hinweis eines Bürgers vom Bundesgrenzschutz
aufgegriffen. Da sie keine Ausweispapiere oder Aufenthaltsgenehmigungen
vorweisen konnten, wurde ihre Abschiebung angeordnet.
05-12-01 In Ilmenau (Thüringen) wurde eine 42jährige Vietnamesin
von zwei Rechtsextremen geschlagen und misshandelt.
Gegen 18.15 Uhr wurde die Frau zunächst auf einer sehr belebten
Straße aus einem Auto als »Fidschi« beschimpft. Dann stiegen zwei Männer aus dem
Wagen und schlugen die Frau nieder. Sie musste ins Krankenhaus gebracht werden.
Wie am 5. Dezember bekannt wurde, wurden in Mecklenburg-Vorpommern
in der Zeit von Januar bis September 25 rechtsextremistische Gewaltdelikte
registriert, die Propagandadelikte summierten sich auf 73. Zum harten Kern
gewaltbereiter Rechtsextremisten gehören in dem Bundesland nach Angaben des
Innenministeriums 900 Personen. Insgesamt zählte der Verfassungsschutz 1.700
Rechtsextreme. Im Jahr 2000 lag die Gesamtzahl der rechtsextremistisch
motivierten Straftaten bei 268, das sind ungefähr so viele wie im Jahr 1999.
Dennoch sieht Innenminister Gottfried Timm (SPD) bereits ein
fremdenfreundlicheres gesellschaftliches Klima und Erfolge dank des Ausbaus der
Mobilen Einsatzgruppe Rechtsextremismus.
Die Hamburger Ausländerbehörde erklärte am 05-12-01, dass Suizidgefahr
kein Grund sei, Flüchtlinge nicht abzuschieben. Um es zu verhindern, dass
sich die Menschen während einer gewaltsamen Ausweisung das Leben nehmen, hat die
Behörde zwei Ärztinnen eingestellt, die Flüchtlinge im Fall von »attestierter
Suizidgefährdung« bei der Rückführung begleiten sollen. Bereits zu Zeiten des
rot-grünen Senats in Hamburg sollen Abschiebungen trotz Suizidgefahr vollzogen
worden sein.
Wie am 4. Dezember bekannt wurde, leben zehn AsylbewerberInnen
in Düren
(Nordrhein-Westfalen) unter menschenunwürdigen Umständen.
Das ihnen zugewiesene Haus ist äußerst marode, dunkel und dreckig, die Elektrik
befindet sich in einem gesundheitsgefährdenden Zustand. Mit der Instandhaltung
der Asylbewerberunterkunft habe es in dem Haus »durchaus Probleme gegeben«,
erklärte ein Sprecher der Stadtverwaltung.
hagalil.com 12-01 |