Aus dem Archiv hagalil.com:
NOVEMBER 2001
Aktuellste Meldungen
25-11 In der
Innenstadt von Sömmerda (Thüringen) wurden umfangreiche
Hakenkreuzschmierereien entdeckt. Rechtsextreme Symbole fanden sich
sogar an Fassaden in der belebten Bahnhofstraße. Die Polizei ermittelt.
In der Nacht zum
24.11 verursachte ein Brand in der Asylbewerberunterkunft in Benningen
(Baden-Württemberg) einen Sachschaden von 450.000 Mark. Die Flammen
zerstörten das Untergeschoss des Gebäudes. Vier der 59 BewohnerInnen aus
Afrika, China, dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei mussten mit
dem Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden. Erste
Hinweise deuten auf Brandstiftung. Die Polizei ermittelt »in jede
Richtung«.
24-11 Weil er gegen ihren Kinderwagen geprallt war, brüllte ein Rentner in
Offenbach (Hessen) eine deutsche Frau mit »südländischem Aussehen«
mit den Worten an: »Es ist immer das Gleiche mit euch. Was habt ihr hier
zu suchen? Geht doch dorthin zurück, wo ihr hergekommen seid!« Während
der folgenden Auseinandersetzung griff er die Frau tätlich an und würgte
sie. Ein Zeuge alarmierte die Polizei.
24-11 In seinem Buch »Das Recht der Flüchtlingskinder« belegt der
Jurist Erich Peter, dass die Bundesrepublik die 1992 ratifizierten
Kinderrechtskonventionen der Vereinten Nationen bis heute nicht
beachtet. Erstmals wurde bewiesen, dass der deutsche Umgang mit
Flüchtlingskindern darüber hinaus gegen das Grundgesetz verstößt.
Minderjährige werden ohne gesetzlichen Vertreter befragt, ein
Clearingverfahren, das unter anderem die psychische und gesundheitliche
Verfassung eines Flüchtlings feststellen soll, existiert nicht und der
Anspruch auf öffentliche Leistungen fehlt. Jugendliche AsylbewerberInnen
dürfen neun Monate lang in Abschiebehaft gehalten werden.
Flüchtlingskinder sind damit von den geltenden Kinderschutzbestimmungen
ausgeschlossen.
Ein 63jähriger Mann aus Reutlingen (Baden-Württemberg) tyrannisierte
eine türkische Familie, die mit ihm im selben Haus lebt, fast vier
Jahre lang mit ausländerfeindlichen Parolen. Da er auch Polizisten
beleidigte und sich gegen seine Festnahme wehrte, wurde er am 23.
November zu einer achtmonatigen Haftstrafe verurteilt.
23-11 Der
brandenburgische Polizeiinspekteur Bruno Küpper räumte
in einem Vortrag in Basdorf
Schwierigkeiten seiner Behörde mit der Bekämpfung rechtsextremer
Straftaten ein. Rechte Überfälle seien mehrfach als unpolitische
Prügeleien unter Jugendlichen verharmlost worden. Während der Tagung
wurden auch neue Zahlen bekannt: Die Polizei hat von Januar bis
September in Brandenburg 1.500 rechte Delikte registriert, darunter 68
Gewalttaten. Allerdings sei Brandenburg das einzige Bundesland, das sich
an eine neue Zählweise halte und deshalb in der Statistik so »schlecht
aussieht«.
23-11 Im April dieses Jahres wurde der Kameruner Richard Ndika Ndakwe
erwischt,
als er von Edewecht (Niedersachsen) ins sieben Kilometer entfernte
Oldenburg fuhr. Der Flüchtling verstieß damit gegen die Residenzpflicht
und soll nun 25 Tagessätze à 25 Mark bezahlen. Das entspricht seinem
Bareinkommen von zweieinhalb Monaten. In erster Instanz war er zu 40
Tagessätzen verurteilt worden. Ndakwe wollte in Oldenburg einer
Asylbewerberin beim Ausfüllen von Papieren helfen.
In den frühen Morgenstunden des 21. November haben in
Aystetten bei Augsburg (Bayern) vermutlich drei junge Rechtsextreme einen
Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim
verübt. Die Täter schlugen die Glastür des Wohnheims ein und warfen eine
Flasche mit brennbarer Flüssigkeit in den Hauseingang. Eine Hausbewohnerin und
ein Nachbar konnten das Feuer löschen, bevor jemand verletzt wurde. In dem
Wohnheim wohnen 46 AsylbewerberInnen. Bei einer Fahrzeugkontrolle in einem
Nachbarort nahm die Polizei kurze Zeit später drei Jugendliche im Alter von 15,
17 und 18 Jahren fest. Die aus der Umgebung stammenden jungen Männer sind der
Polizei bekannt und werden dem rechten Spektrum zugeordnet. (jw)
Vor dem Landgericht in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) müssen
sich im letzten Prozess um das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen
vor neun Jahren seit dem 20. November nur noch drei der ursprünglich vier
angeklagten jungen Männer verantworten. Das Verfahren gegen einen 28jährigen,
der des schweren Landfriedensbruchs in zwei Fällen beschuldigt wurde, ist nach
Angaben des Landgerichts eingestellt worden. Als Grund wurde die Verjährung der
Tat angegeben. Die drei Angeklagten im Alter von 26, 27 und 28 Jahren können
ebenfalls damit rechnen, nicht mehr wegen Landfriedensbruch zur Verantwortung
gezogen zu werden. Auch die Anklagepunkte Verstoß gegen das Waffengesetz und
Widerstand gegen Polizeibeamte sind vermutlich seit dem Herbst 2000 verjährt.
Wie am 19. November bekannt wurde, ist ein 15jähriger Schüler aus
Schwedt (Brandenburg) monatelang von Mitschülern drangsaliert
worden. Die Polizei ermittelt nach der Anzeige des Jugendlichen nun wegen
des Verdachts der Volksverhetzung und der gefährlichen Körperverletzung gegen
drei deutsche Schüler. Sie sollen den polnischen Mitschüler mehrfach getreten,
geschlagen und mit dem Ausdruck »Polenschwein« beschimpft haben. (jw)
In einer Presseinformation vom 17. November
gab Claus Metz, ein Mitglied der Internationalen Ärzte für die Verhütung
des Atomkriegs, Ärzte in sozialer Verantwortung, in Frankfurt (Hessen)
seine Ergebnisse der Analyse der Todesursache eines
Abschiebehäftlings bekannt. Der 30jährige
Sudanese Aamir Ageeb starb am 28. Mai 1999, als er sich seiner
Abschiebung während des Starts des Lufthansa-Flugs LH 558 widersetzte.
Metz kommt zu dem Ergebnis: »Durch die Fesselungstechnik wurde der
untere Brustkorb rundum so eingeengt, dass es bereits in aufrechter
Haltung zu einer massiven Atemeinschränkung kam. Zusätzlich legen die
Verletzungen von Ageeb nahe, dass der behelmte Kopf des
Abschiebehäftlings mit besonders starkem Druck nach unten gepresst wurde
und dabei der Helmverschluss die Halsorgane eingezwängt hat. Insgesamt
ergab sich ein bedrückendes Bild einer mehrfachen Overkill-Option. Jedes
einzelne Zwangsmittel hätte zum Tode führen können.« (jw)
Die Staatsanwaltschaft in München (Bayern) hat am 16. November
Anklage gegen einen Wirt erhoben, der der
Enkelin des ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin
den Zutritt zu seinem Lokal verwehrt haben soll. Der Wirt habe unter
anderem mit den Worten »Euch Juden mache ich nicht auf« eine
Veranstaltung in seinem Club abgelehnt. Der Wirt bestreitet die
Aussagen, die von mehreren Zeugen bestätigt wurden.
Am 15. November wurde ein kurdische Familie in Wadern
(Saarland)
von der Polizei abgeholt und abgeschoben. Die Beamten drangen
um vier Uhr morgens in die Wohnung der Familie ein und weckten sie. Sie brachten
die Eltern und fünf der sieben Kinder zu einem Bus, der sie zum Flughafen nach
Düsseldorf fuhr. Der Vater wurde barfuss und im Schlafanzug von den Beamten
abgeführt, die Mutter verletzte sich bei dem Sturz auf eine Glastür und musste
ins Krankenhaus gebracht werden. Sie wurde später von einem Krankenwagen zum
Flughafen gefahren. Zwei Söhne der Familie durften in Deutschland bleiben, der
Grund hierfür ist nicht bekannt. (jw)
Soeben erreicht uns die Nachricht, dass Gunda Hernandez
tödlich verunglückt ist. Sie war Aussteigerin aus der
Nazi-Szene, wobei sich ihre Umkehr nicht im Unterlassen des verbrecherischen
Tuns und dem Eingestehen ihrer Schuld erschöpfte, sondern in ein unermüdliches
und couragiertes Eintreten gegen Lüge und Hass mündete. Den Kontakt mit haGalil
nahm Gunda mit einem
Posting
im Forum auf. Im Laufe eines Jahres wurde sie zu einer Freundin, deren
Engagement wir zu schätzen gelernt haben.
Heute sind wir erschüttert! Wir hatten noch viele gemeinsame Projekte geplant,
Gunda war voller Tatendrang! Sie wird uns sehr fehlen. In Gedanken sind wir mit
ihrer Tochter Claudia.
Barukh Dajan haEmet
Eva und David - haGalil onLine
Am 14. November hat das Amtsgericht Mannheim
(Baden-Württemberg)
drei Schüler zu Bewährungsstrafen wegen Störung der Totenruhe
und Sachbeschädigung verurteilt. Die Schüler hatten im vergangenen Januar auf
dem jüdischen Friedhof in Mannheim mehr als ein Dutzend Grabsteine umgestoßen.
Zwei der drei Schüler hatten aufgrund anderer Vergehen vom Gericht die Auflage
erhalten, den Friedhof zu säubern. Der dritte Tatverdächtige musste zur selben
Zeit Arbeitsstunden im Mannheimer Klinikum leisten. Nach Darstellung der
Staatsanwaltschaft hatten die drei sich dann auf dem Friedhof verabredet und
randaliert. Die Anklage ging nicht von einer antisemitischen Straftat aus,
sondern von Zerstörungswut. (jw)
Unbekannte haben den jüdischen Friedhof in der Nähe von
Hettenleidelheim (Baden-Württemberg) geschändet.
Die TäterInnen warfen sechs Grabsteine um und zerstörten
einen davon. Nach Angaben der Polizei muss sich die Tat bereits Ende Oktober
ereignet haben.
Das Oberlandesgericht Zweibrücken (Rheinland-Pfalz)
hat die Revision von vier angeklagten Bundesgrenzschutzbeamten
verworfen. Dies teilte das Landgericht Landau am 13. November mit. Die Beamten
waren im November vergangenen Jahres wegen gefährlicher Körperverletzung zu
Bewährungsstrafen zwischen sechs und 15 Monaten verurteilt worden. Sie hatten
bei einer Kontrolle einen Asylbewerber aus Togo gedemütigt, gequält und
misshandelt. (jw)
Nur wenige Tage nach ihrer Einweihung, wurde die neuen
Synagoge in Dresden mit einem Hakenkreuz beschmiert.
Die Dresdener Polizei teilte am Dienstag mit, das Hakenkreuz sei bereits am
Sonntag bemerkt und von der Polizei entfernt worden. Bereits bei der Einweihung
der Synagoge zeigten Rechtsextreme mehrere Minuten lang ein Plakat, auf dem in
altdeutscher Schrift zu lesen war: "Vor der Versöhnung kommt die Wahrheit". Die
Polizei griff zunächst nicht ein. Erst als zwei der dort spielenden Musiker die
Neonazis attackierten, drängte die Polizei die Rechtsextremen auf die andere
Straßenseite.
Ein Brief an die Redaktion hagalil.com (11-11-2001)
Liebe Redaktion, wir haben vom Aktionsbündnis dieses
Jahr wieder zum 9.November einen Gedenkweg vom Jüdischen Friedhof in Gotha durch
die Stadt zur Stelle der ehemaligen Synagoge veranstaltet.
Nach der Menge der verteilten Plakate und Handzettel und den Vorkommnissen
diesen Jahres war ich von der Zahl der Teilnehmer enttäuscht (es kamen nur ca.
50, hauptsächlich von der PDS).
Als ich nach Hause fahren wollte, hatte man mir die Scheibe der Fahrertür mit
einem Stein eingeworfen.
Anbei sende ich Euch den Inhalt der Rede, die ich zu dieser Veranstaltung
gehalten habe.
Viele Grüße
M.
Der thüringische Landesvorsitzende des Bundes der
Vertriebenen, Paul Latussek,
bezeichnete am 9.November auf dem Verbandstag der Vertriebenen in
Arnstadt (Thüringen) die Zahl der Opfer von Auschwitz als Lüge. In Auschwitz
habe es nicht sechs Millionen, sondern nur 930.000 Opfer gegeben. Die kollektive
Schuldzuweisung an die Deutschen behindere eine Beurteilung der Kriegsschuld und
der Verbrechen der jüngeren Geschichte. Das werde sich bald ändern, »da die
Lügen über Katyn und Jedwabne, über die Opfer in Auschwitz nicht mehr länger zu
halten sind«, sagte Latussek. Die Staatsanwaltschaft Erfurt prüft nun ein
Ermittlungsverfahren gegen Latussek wegen des Verdachts der Volksverhetzung. (jw)
Am 6. November ist eine 31jährige Nigerianerin in Potsdam
(Brandenburg) von zwei 16 und 19 Jahre alten Männern angegriffen worden.
Die Frau war zunächst in einem Bus von einer Gruppe Jugendlicher
beschimpft und mit Essen beworfen worden. Zwei der Jugendlichen verfolgten sie
dann bis in ein Einkaufszentrum und drohten ihr mit Schlägen. Sie bat daraufhin
einen Wachmann um Hilfe, der die Polizei alarmierte. Die Tatverdächtigen konnten
schließlich auf einer Toilette, wo sie sich versteckt hatten, gefasst werden.
Die Afrikanerin zeigte die beiden Jugendlichen wegen Beleidigung und
Körperverletzung an. Der Ältere der beiden ist der Polizei bereits wegen
rechtsgerichteter Straftaten bekannt. Die mutmaßlichen Täter blieben zunächst
auf freiem Fuß. (jw)
Ein Afrikaner wurde in Ennigerloh (Nordrhein-Westfalen) von
vier Männern angegriffen und verletzt.
Wie Polizei und Staatsanwaltschaft Münster am 5. November
mitteilten, wurden die Täter aufgrund von Zeugenaussagen gefasst. Unklar sei, ob
ein fremdenfeindlicher Hintergrund besteht.
Am 05-11-01 wurde bekannt gegeben, dass fünf Jugendliche für
mehrere Hakenkreuz-Schmierereien an Haltestellen und Containern in Schöneiche
(Brandenburg)
verantwortlich sind. Die Täter sind zwischen elf und 16 Jahre alt.
In der Nacht zum 3. November haben sechs Männer ein
Asylbewerberheim in Seeheim-Jugenheim (Hessen) überfallen.
Sie stürmten das Haus, traten eine Zimmertür ein und verprügelten eine iranische
Familie. Dabei riefen sie fremdenfeindliche Parolen, unter anderem gegen
Moslems. Eine 58jährige Frau erlitt Verletzungen am Hals und musste ins
Krankenhaus eingeliefert werden, ihre beiden Söhne kamen mit leichten
Verletzungen davon. Vier der sechs Verdächtigen im Alter von 20 bis 24 Jahren
wurden gefasst. Ihnen wird gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch
vorgeworfen. Die Polizei ermittelt, ob der Tat ein fremdenfeindliches Motiv
zugrunde liegt. Die Täter wurden wieder aus der Haft entlassen. Da sie einen
festen Wohnsitz hätten, bestünde kein Haftgrund, erklärte ein Polizeisprecher.
Zwei sudanesische Asylbewerber sind am 30. Oktober in Rathenow
(Brandenburg) angegriffen worden.
Wie das Polizeipräsidium Oranienburg einen Tag später mitteilte, wurden die
beiden von einer Gruppe junger Männer geschlagen und beschimpft. Bei dem
Übergriff wurde ein 29jähriger Sudanese leicht an der Hand verletzt. Die Polizei
nahm in der Nähe des Tatorts mehrere Männer im Alter von 18 bis 22 Jahren
vorläufig fest.
In Braunschweig (Niedersachsen) verprügelten am Morgen des 30-11 zwei Neonazis
einen Afrikaner. Der 32jährige Mann aus der Demokratischen Republik Kongo,
der gerade seinen Sohn zur Schule brachte, wurde zunächst mit den Worten »Ich
mag deine Hautfarbe nicht« angepöbelt, dann schlug ihm einer der Angreifer
mehrfach mit der Faust ins Gesicht, sodass er eine Platzwunde an der Unterlippe
davontrug. Währenddessen nahm der zweite Täter seinem Schäferhundmischling den
Maulkorb ab, um ihn auf den Asylbewerber zu hetzen. Wegen des Eingreifens von
Passanten konnte Schlimmeres verhindert werden. Die 18jährigen aus Braunschweig
und Gandersheim sind der Polizei wegen Körperverletzung und Volksverhetzung
bereits bekannt. Einen der beiden nahm die Polizei in Gewahrsam.
hagalil.com 11-01 |