KZ-Gedenkstätte
Neuengamme
Erste Früchte der neuen Koalition
Seit 1948 befindet sich auf dem
Gelände des ehemaligen KZ Neuengamme die Hamburger Justizanstalt
Vierlande. Nach einem jahrzehntelang andauernden Diskussionsprozess
beschloss die Hamburger Bürgerschaft im September in der letzten Sitzung
ihrer Legislaturperiode die Verlagerung der Justizanstalt von Neuengamme
nach Billwerder.
Mit dem einstimmig gefassten
Beschluss sollte der Weg frei gemacht werden für eine Umgestaltung des
ehemaligen Lagergeländes zu einem „ Ausstellungs-, Begegnungs- und
Studienzentrum“. So „sollte ein Fehler der Nachkriegszeit endgültig
rückgängig gemacht werden und die Gedenkstätte die ihr angemessene Würde
erhalten“ erklärte die Hamburger Kultursenatorin Christina Weiss.
Den Beschluss der Bürgerschaft droht
der neue Senat, bestehend aus CDU, FDP und der Schill-Partei, zu kippen.
In der Presse hieß er dazu, die Koalitionsverhandlungen zwischen den
drei Parteien hätten ergeben, die Schließungspläne für die
Justizvollzugsanstalt XII (JVA XII) nicht zu verwirklichen. Damit würde
der Rechtspopulist Ronald Schill das als Regierungspolitik verankern,
was er bereits im Wahlkampf angekündigt hat. Der Vorsitzende der „Partei
Rechtsstaatliche Offensive“ Schill verlautbarte gegenüber dem Hamburger
Abendblatt, dass es sich dabei um keinen Vorstoß seiner
Partei gehandelt hätte. „Gegenüber unseren Partnern von CDU und
FDP war es nicht notwendig, Überzeugungsarbeit zu leisten“.
Sollte sich diese Darstellung
bewahrheiten, so wäre der Skandal nur um einiges größer, als er ohnehin
schon ist.
Entsprechende Kritik an der
Ankündigung der neuen Hamburger Koalition gab es aus dem In- und
Ausland. So äußerte die bisherige Kultursenatorin Weiss: „Wenige Wochen
nach diesem Bürgerschaftsbeschluss scheint die CDU bereit zu sein, alle
Skrupel über Bord zu werfen und sich der Law-and-Order-Politik von
Schill zu beugen. Für mich wäre damit die künftige Regierung moralisch
diskreditiert.“
Und der Leiter der KZ-Gedenkstätte
Neuengamme, Dr. Detlef Garbe, stellt die Frage: „Sind die drei Parteien,
die in den Wahlen am 23. September die Mehrheit in der Bürgerschaft
erreichten, wirklich willens, den in dieser – für Hamburgs historisches
Selbstverständnis zentralen – Frage erreichten demokratischen Konsensus
aufzukündigen?
In der Tat sind es allein durch ihre
Koalition mit einem Rechtspopulisten die bürgerlichen Parteien CDU und
FDP, welche eine Spielart des Rechtsextremismus in eine Landesregierung
integrieren und so sich gefährlich nahe an der Aufkündigung jeglichen
demokratischen Konsens befinden. Nicht erst die Ankündigung eine
Schließung der Haftanstalt auf dem ehemaligen KZ-Gelände zu verweigern
ist ein Skandal.
Bereits, dass Schill von nahezu 20%
der Hamburgerinnen und Hamburger gewählt wurde gibt einen tiefen
Einblick in das Demokratiedefizit weiter Teile der Bevölkerung.
Betrachtet man die immer wiederkehrenden, ans Völkische erinnernden
Debatten, welche die Bundes-CDU immer wieder auslöst und die Existenz
des nationalliberalen Flügels der FDP um Alexander von Stahl, so ist es
kaum verwunderlich, dass diese Parteien keinerlei Probleme in der
Abgrenzung zum Rechtspopulismus haben.
Für die Berliner Sozialdemokraten
sollte sich nach den gewonnenen Wahlen allerdings die Frage stellen, ob
sie mit einer solchen FDP koalieren wollen.
Eine Frage von Anstand und Moral
Der Sieg des kleinen Mannes
IS/ hagalil.com 23-10-01 |