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Judentum und Israel
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"Deutschland den Deutschen"?
Wenn Einheimische die Fremden nicht verstehen wollen...

"Wir haben da eine Grundtradition, eine Reihe von Institutionen, die auf ihr beruhen, und verschiedene Gruppen, die nicht nach Art der Grundtradition, sondern ihren eigenen Traditionen gemäß leben wollen. Diese Gruppen sind nicht Mörder und Totschläger, sie sind Indianer, Gruppen von Negern, religiöse Sekten aller Art, traditionell denkende Chinesen und so weiter. Ihre Lage ist nicht leicht. Sie stoßen auf eine Mauer von Verboten, Gesetzen, Schreckreaktionen, dogmatischen Behauptungen und einfachem Staunen: wie können vernünftige Menschen so unvernünftige Wünsche haben? (oder umgekehrt, aber nicht zu oft offen ausgesprochen: was kann man von Indianern, Negern, Frauen schon anderes erwarten!) Die Frage ist: was kann ein bestimmter individueller Mensch, zum Beispiel ein Rationalist, in dieser Situation tun?" (Feyerabend 1980, S. 157).

I.
"Neger sind die Frauen der Juden"
Immanuel Kant zitiert und die Wirklichkeiten angeschaut

Der Fremde ist nicht nur nicht zu verstehen; er widersetzt sich den einheimischen Regeln des interpersonalen Verstehens. Der Fremde ist der Unterschied, der sich nicht treffen läßt.

"Man kann sagen, daß es nur in Afrika und Neuguinea wahre Neger gibt. Nicht allein die gleichsam geräucherte schwarze Farbe, sondern auch die schwarzen wollichten Haare, das breite Gesicht, die platte Nase, die aufgeworfenen Lippen, machen das Merkmal derselben aus, ingleichen plumpe und große Knochen... In Afrika nennt man Mohren solche Braune, die von den Mauren abstammen. Die eigentlich Schwarzen aber sind Neger... Die Mohren, ingleichen alle Einwohner der heißen Zone, haben eine dicke Haut, wie man sie denn auch nicht mit Ruthen, sondern gespaltenen Röhren peitschet, wenn man sie züchtiget, damit das Blut einen Ausgang finde, und nicht unter der dicken Haut eitere...In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Race der Weißen. Die gelben Indianer haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind weit tiefer und am tiefsten steht ein Theil der amerikanischen Völkerschaften...Alle Bewohner der heißesten Zone sind ausnehmend träge. Bey einigen wird diese Faulheit noch etwas durch die Regierung und den Zwang gemäßiget... Der Einwohner des gemäßigten Erdstriches, vornehmlich des mittleren Theiles desselben, ist schöner an Körper, arbeitsamer, scherzhafter, gemäßigter in seinen Leidenschaften, verständiger, als irgend eine andere Gattung der Menschen in der Welt. Daher haben diese Völker zu allen Zeiten die andern belehrt, und durch die Waffen bezwungen..." (Kant 1802, zit. n. Kant u. Henscheid 1982, S.9ff.).

Am 31. März 1995 berichtete die "Zeit" über ein Asylurteil in Freiburg. Der Asylberwerber, über dessen Antrag der Freiburger Richter zu entscheiden hatte, kam aus Pakistan, war Arztsohn und Katholik und bat um Asyl in Deutschland, weil es in Pakistan Christenverfolgung gebe und er Folter und Haft zu befürchten habe. Der Richter lehnte die Bitte des Pakistani mit folgender Begründung ab:

"...kann er (der Kläger) nicht als glaubwürdig angesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Täuschungen und Fälschungen in Pakistan - wie auch in anderen orientalischen Ländern - derart häufig verbreitet und üblich sind, daß Unehrlichkeit geradezu als ein sozialtypisches Phänomen zu betrachten ist, welches dort nicht in gleichem Maße einem gesellschaftlichen Unwerturteil unterliegt wie in den von christlichen Traditionen noch stark beeinflußten europäischen Ländern..." (zit. n. "Die Zeit", 31.3.1995, S. 65).

Pakistanische Katholiken lügen mithin, weil dies in Pakistan und anderswo im weiten Orient, anders als im ehrlichen christlichen Europa, eben sozialtypisch ist. Kant, die Neger und richterlichen Versuche, fremde Wirklichkeiten zu deuten?!

Erst jetzt - im Umbruch der Moderne - rücken die Fremden und das Fremde den Einheimischen so nahe auf den "Pelz", das kein Entkommen möglich scheint. Die Informatisierung des Globalen führt uns Menschen die Vielfalt menschlicher Lebensrisiken und ihre möglichen Bewertungen buchstäblich vor Augen. Das, was den Menschen in bisher raumzeitlich überschaubaren und unmittelbar erlebbaren Regionen als wertvoll erschien, wird nun durch andere, fremde Werte durchsetzt. Das Fremde oder die Fremden (und ihre anderen, eben fremden Werte) werden in ihrer Vielfalt erlebbarer, aber keinesfalls verständlich und interpretierbar.

"Der Fremde", schreibt Zygmunt Bauman, "unterminiert die räumliche Ordnung der Welt - die ersehnte Koordination zwischen moralischer und topographischer Nähe, zwischen dem Zusammenhalt von Freunden und der Distanz von Feinden. Der Fremde stört den Einklang zwischen physischer und psychischer Distanz: Er ist physisch nahe, während er geistig fern bleibt" (Bauman 1992, S. 82f.).

Aber der Fremde ist noch mehr; er läßt sich nicht einordnen, weder in die Gruppe der Freunde noch in die der Feinde.

"Der Fremde selbst", so noch einmal Bauman ( ebd., S. 117), "ist ohne alle Attribute, ein wahrer Mann ohne Eigenschaften...Die Eigenschaften, die ihm einen Körper geben und ihn auf diese Weise aus der Leere ziehen, werden ihm aus Gnade verliehen und können aus einer Laune heraus wieder entzogen werden. In Ermangelung einer Substanz ist der Fremde ein Archetyp der Universalität; gewichtslos, substanzlos, unsagbar außer wenn er mit anderer Leute Inhalt angefüllt wird; nirgends an seinem natür- lichen Platz; die exakte Antithese des Konkreten, Spezifischen, Eindeutigen. Der Fremde ist universal, weil er keine Heimat und keine Wurzeln hat".

Dort, wo die einheimischen Verstehensspiele enden, nämlich dann, wenn die Spieler keine Unterschiede mehr zwischen den vorausgegangenen und den nachfolgenden Interpretationen und Kommunikationen von Wirklichkeit zu beobachten vermögen, fangen die Probleme zwischen den Einheimischen und dem Fremden erst an.

Die Hypothesen, die wir in der Regel über die Spiele des interpersonalen Verstehens zu formulieren versuchen, folgen einer zweiwertigen Logik: Kooperation versus Konkurrenz, Aggression versus Konformität, Gutes versus Böses, Ähnlichkeit versus Unähnlichkeit, Schwarzes versus Weißes, Gewinner versus Verlierer, Freund versus Feind. Sobald der Fremde in die Arena des interpersonalen Verstehens einzutreten versucht, versagen diese binären Unterscheidungen. Statt informationsträchtiger Unterschiede erzeugt der Fremde permanente Unsicherheit auf allen Ebenen, auf denen Wirklichkeit interpretiert und kommuniziert, also interpersonales Verstehen praktiziert wird: Die "naiven" Alltagsmenschen, die diversen sozialen Gruppen und Gemeinschaften, die politischen Parteien und Organisationen, die für die Erklärung von Wirklichkeit zuständigen scientific communities, sie alle verstricken sich angesichts der/des Fremden, der in ihre soziale Wirklichkeit einzutreten begehrt, in mannigfache Deutedefizite.

Vor diesem Hintergrund scheinen sich vor allem jene Deutegemeinschaften massenwirksames Gehör zu verschaffen, die eindeutige, transparente und nach gewohntem zweiwertigen Interpretationsmuster gestrickte Angebote zur sozialen Konstruktion von Wirklichkeit zu unterbreiten vermögen. Die "neuen" Rechten liefern die alten Kategorien. Aber wo keine Nachfrage, dort auch kein Angebot. Gäbe es nicht Einheimische, denen die alten "rechten" Kategorien genügend Halt beim möglichen Absturz in die fremde Unübersichtlichkeit zu liefern vermögen, hätten wohl auch die anbietenden rechtsextremen und rechtspopulistischen Deute-gemeinschaften kaum einen Marktwert. Wer sind also die Spieler, die den Fremden zum Feinde machen, wer die Fremdenfeinde und die Rechtsextremen der Nation, was ist Rechtsextremismus, was Fremdenfeindlichkeit ?


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