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Fortsetzung: 9.2. Die Regierungspolitik von Schwarz-Blau II in der Praxis

Autoritärer Regierungsstil:

Schwarz-Blau II setzt den in seiner ersten Periode im Bruch mit der politischen Verhandlungskultur der 2. Republik eingeführten autoritären Regierungsstil – Durchziehen von Regierungsvorlagen, die ohne Beratung mit der Opposition und Sozialpartnern erstellt und im Eilverfahren unter ausschließlich formeller Abwicklung des Begutachtungsverfahrens umgesetzt wurden - ungerührt fort. Signifikant für diesen Stilbruch: Kanzler Schüssel hat bisher die "Paritätische Kommission" – das zentrale Forum der Sozialpartnerschaft – kein einziges Mal einberufen.

Ein Beispiele dafür ist die Pensionsreform: Obwohl nachweislich kein akuter Handlungsbedarf bestanden hat und beide Oppositionsparteien, starke Teile der FPÖ und der ÖVP und beide Sozialpartner inhaltliche begründete Bedenken vorgebracht und für eine gründlichere Vorbereitung der Reform plädiert hatten, ist die ÖVP ungerührt auf den "Eckpunkten" der Reform und auf dem rigiden Zeitplan – Ministerratsbeschluss Ende April, Parlamentsbeschluss Ende Juni - bestanden. Schüssel hat damit die Gewerkschaft in eine Konfrontation mit der Regierung getrieben, mit guten Aussichten, diese mittels einer "Salamitaktik" – gerade soviel nachgeben, dass die Protestbewegung gespalten und ihr der Wind aus den Segeln genommen wird – für sich zu entscheiden, und damit die Gewerkschaft auch für andere bevorstehende Auseinandersetzungen (z.B. Gesundheitsreform) nachhaltig zu schwächen. In Reaktion auf die ab 6. Mai 2003 anberaumten "Abwehrstreiks" haben die MinisterInnen Gehrer (ÖVP) und Gorbach (FPÖ) versucht, durch entsprechende Nachforschungen über die "Rechtmäßigkeit" Druck auf die Streikenden auszuüben. Am 16. Mai 2003 hat auch das Innenministerium seinen MitarbeiterInnen die "Rechtsmeinung" verkündet, die Beteiligung an einem Streik sei eine "Dienstpflichtverletzung": Den Beamten drohen disziplinäre Maßnahmen, bei einer Dienstabwesenheit von mehr als drei Tagen der Entfall der Bezüge. Vertragsbedienstete müssten sogar mit der Auflösung des Dienstverhältnisses rechnen.(derStandard-online 16.05.03); Anlässlich des großen Streiktags, den 3. Juni 2003, wies Justizminister Böhmdorfer prompt sämtliche Mitarbeiter des Justizressorts per Erlass auf die "Wichtigkeit der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes bei den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizanstalten hin", und im Finanzministerium die Dienststellenleiter angewiesen, "Sammelmeldungen" über streikende Bedienstete abzugeben (APA OTS 02.06.03, derStandard-online 03.06.03). Grasser kündigte weiters an, dass BeamtInnen, die sich am Streik beteiligt haben, "keinen Cent für diesen Tag bekommen werden". Weiters erklärte er, dass er "ein Streikrecht für öffentliche Bedienstete in dieser Form nicht sehe" und daher die Initiative zu einem gesetzlichen Streikverbot für Beamtinnen ergreifen werde (NEWS Networld 03.06.03).

Aufforderungen des Präsidenten, die Sozialpartner einzubeziehen und die Beschlussfassung  bis in den Herbst zu verschieben, blieben unbeachtet. Die ÖVP ging sogar so weit, den Vorschlag von Vizekanzler Haupt, der Bundespräsident möge zur Entspannung der Situation zu einem "runden Tisch" einladen, zunächst abzulehnen, um später dann zwar ihre Teilnahme zuzusagen, aber weiterhin auf Eckpunkten und Terminplan der Reform zu bestehen (derStandard-online 07 – 10.05.03). Nach dem ersten "Runden Tisch" hat dann freilich Vizekanzler Haupt – von Haider, dem Reiter des "Geists von Knittelfeld" vor sich hergetrieben - dieser Linie widersprochen und erklärt, "dass gegenseitig vorgebrachte Dogmen, Terminsetzungen und Formalismen am Beginn eines Verhandlungsprozesses nichts verloren haben" (derStandard-online 16.05.03).

Die mangelnde Dialogbereitschaft des Bundeskanzlers hat den Bundespräsidenten dazu provoziert,  erstmals in der Geschichte der zweiten Republik in einem Interview mit der NZZ die Entlassung des Bundeskanzlers in den Raum zu stellen: Die politisch-soziale Harmonie in Österreich sei durch Stil und Vorgehen der Regierung Schüssel in der aktuellen Kontroverse um die Pensionsreform akut gefährdet. In solchen Fällen bliebe ihm nach den Buchstaben der Verfassung die Möglichkeit, den Bundeskanzler ohne weitere Begründung zu entlassen (derStandard-online 21.05.03).     
In den weiteren "Runden Tischen" zwischen Regierung und Sozialpartnern hat Schüssel dann konsequent und scheinbar erfolgreich folgende Doppelstrategie verfolgt: (1) Festhalten an den neoliberalen systemischen Eckpunkten und Nachgeben bei den vorsorglich eingebauten Härten der Umsetzung der Reform: (2) Aufsprengen des "Schulterschlusses" zwischen den Sozialpartnern und den verschiedenen Gewerkschaftsfraktionen auf der einen und zwischen Opposition und FPÖ auf der anderen Seite (derStandard-online 23. – 27.05.03). So ist es ihm letztlich gelungen, im Grundsätzlichen seinen politischen Kurs zu halten, die FPÖ im Boot zu halten und die Koalitionskrise zu bewältigen: am Tag des zweiten "Abwehrstreiks" des ÖGB wurde – noch vor der Bilanz des ÖGB über den mit über 18.00 Aktionen und über 1 Mio. Beteiligten durchaus erfolgreich verlaufenen Streiktag - die Einigung mit der FPÖ bekanntgegeben, der Weg für die parlamentarische Beschlussfassung geebnet, und die Marginalisierung des ÖGB und der Sozialpartnerschaft besiegelt (derStandard-online 03.06.03, 04.06.03).

Ein anderes Beispiel ist die – auf einen äußerst problematischen internationalen Vergleich des Lehrstundenvolumens gestützte, von der Ministerin als "Initiative zur Entlastung der Schülerinnen deklarierte", in Wahrheit auf Personalreduktion abzielende – Reduktion der Unterrichtsstunden im Schulbereich: Auch hier gab es keine vorgängigen Beratungen mit den Betroffenen, und Mitwirkungsmöglichkeiten der Schulen wurden ausschließlich auf die Ebene der Durchführung der Kürzungen beschränkt. (vgl. Berichterstattung im Standard-online im April 2003). In Reaktion auf LehrerInnen-Streiks aus diesem Anlass plant Gehrer nun eine Verkürzung der Sommerferien – sozusagen ein kollektives Nachsitzen für LehrerInnen und SchülerInnen, das die Ignoranz des Streikrechts durch die Ministerin dokumentiert (NEWS Networld 05.06.03).

Weitere Beispiele einer von den Betroffenen als "Politik des Drüberfahrens" empfundenen und von Abwehrstreiks begleiteten Vorgehensweise war die Privatisierung der VOEST im September 2003.

Auch im Falle der Reform der ÖBB hatte die Regierung zuerst die übliche autoritäre und sich an der Grenze der Legalität bewegende Vorgehensweise versucht: Reform des Dienstrechts an den Sozialpartnern vorbei auf gesetzlichem Wege, also unter Missachtung der Tarifautonomie, und mittels verfassungsrechtlich bedenklicher Eingriffe in bestehende Verträge; eiliges Durchziehen einer weitgehenden Zergliederung des Unternehmens im Parlament - ungeachtet der sachlichen Kritik seitens Experten des Rechnungshofes, der Wissenschaft sowie der Opposition; Fristsetzung für die Beschlussfassung bis Anfang Dezember 2003. Nach dem unerwarteten entschlossenen und in drei Streiktagen eindrucksvoll ins Werk gesetzten Widerstand der Eisenbahnergewerkschaft ist die Regierung dann aber doch auf eine Kompromisslinie eingeschwenkt: Nun soll es doch keinen Eingriff in bestehende Dienstverträge per Gesetz und Zeit für Verhandlungen der Personalreform durch die Sozialpartner bis Ende April geben. Die umstrittene Strukturreform wurde dann am 4. Dezember 2003 in mehr oder weniger unveränderter Form und mit einer Art Bleiberecht für bereits im Amt befindliche und politisch genehme Manager garniert von der Regierungsmehrheit zum Parlamentsbeschluss erhoben (derStandard-online 04.12.03).

Ende April 2004 lag dann ein Sozialpartner-Verhandlungsergebnis mit einem weitgehenden Abbau von Sonderrechten der ÖBB-Bediensteten (diverse Zuschläge und Biennalsprünge beim Gehalt, verlängerte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Vetorecht der Gewerkschaft bei Entlassungen u.a.) und einem Einsparungsvolumen von 100 Mio. Euro vor, das schließlich auch nach einem letzten Misstrauens- und Machtdemonstration des Zögerns die Akzeptanz seitens des Verkehrsministers Gorbach fand (der Standard-online 30.04.04).

Das nächste Projekt, das ohne den Versuch durchgezogen wurde, die Opposition einzubinden, war die - Anfang Jänner 2004 mit Jörg Haider als Chefverhandler der FPÖ von den Regierungsfraktionen konzipierte Steuerreform: obwohl auch ExpertInnen (z.B. WIFO-Leiter Kramer) verteilungspolitische, beschäftigungspolitische und finanzpolitische Vorbehalte geltend machten und entsprechende Korrekturen einmahnten, zeigen die Regierungsparteien keinerlei Bereitschaft, ihren "großen Wurf" (Schüssel) im Zuge des parlamentarischen Prozesses zu revidieren (derStandard-online 09.01.04 – 16.01.04) – der Entwurf wurde im Kern unverändert am 6. Mai 2004 zum Gesetz.

Bemerkenswert kompromissorientiert und durch eigene Beweglichkeit aktiv um "Schulterschluss" bemüht war man hingegen seitens der Koalitionsparteien beim Tierschutzgesetz. Ob bei der Duldung des Schächtens, beim Verbot der Anbindehaltung von Rindern, der Käfighaltung von Hühnern oder des Einsatzes von Elektroschocks bei der Hundeabrichtung – alle gaben nach, und bei der Einführung eines weisungsfreien Tierschutzombudsmanns oder der Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung stimmten alle zu – Ende Mai im Verfassungsausschuss des Parlaments, und Mitte Juni 2004 schließlich im Parlamentsplenum (derStandard-online 19.05.04). Die Regierung benutzte offenbar diese für das "Wendeprojekt" unbedeutende, aber vom Publikum und Boulevard mit viel Emotion besetzte Materie, um im Vorfeld der Europawahlen im Juni 2004 ihr Image der "Herzlosigkeit" und des "rücksichtslosen Drüberfahrens" zu korrigieren.

Nach den Zwischenwahlen der ersten Jahreshälfte 2004 wurde dann freilich wieder ganz auf "Drüberfahren" zurückgeschaltet:

Eine neue Methode, parlamentarische Kontrollmöglichkeiten der Opposition zu beschränken, hat die blau-schwarze Regierung wurde im Juli 2004 im "ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses (kleiner U-Ausschuss)" erprobt, nämlich die Ablehnung sämtlicher von der Opposition beantragten Auskunftspersonen. So wurde im Falle der Untersuchung der Agrarförderung die Befragung von Landwirtschaftsminister J. Pröll und Finanzminister K.H. Grasser unmöglich gemacht (ORF ON 11.07.04).

Und die – seit Herbst 2003 mit den Sozialpartnern, aber praktisch unter Ausschluss der Oppositionsparteien eher hinhaltend verhandelten – Grundzüge der Pensionsharmonisierung wurden wieder ohne Konsens mit den Arbeitsnehmervertretungen und den Oppositionsparteien beschlossen (derStandard-online 11.07.04). Der Gesetzesentwurf hat wurde dann nur 5 Tage nach Ablauf Begutachtungsfrist praktisch ohne Berücksichtigung der eingelangten Stellungnahmen am 13. Oktober den Ministerrat passiert (derStandard-online 12.10.04).

Die Ausgliederung der Familienpolitik in eine "Familien-GmbH." wurde überhaupt unter Verzicht auf eine Begutachtung im Parlament  beschlossen. Für die Behandlung der Materie im Bundesrat, in dem nach dem letzten Zyklus der Landtagswahlen die Opposition die Mehrheit hat und der auf eine Begutachtung besteht, hat Schüssels Kanzleramt für seine Ministerien Vordrucke vorbereitet, in die nur mehr der Name des Gesetzes und des jeweiligen Ministeriums einzutragen sind (derStandard-online 17.11.05).

Sehr eilig hatte es die Regierung auch im Herbst 2005 mit dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht: durch eine Regierungsmehrheitlich verfügte Fristsetzung wurde die Diskussion dieser Materie im Innenausschuss zur großen Empörung insbesondere der Grünen zeitlich  stark beschränkt (derStandard-online 16.11.05).

Bemerkenswert auch die Blockade des parlamentarischen Aufklärungsinstruments des Untersuchungsausschusses durch die Regierungsparteien:

Erstmals der Fall war dies angesichts der fragwürdigen Amtsführung des Finanzministers in den Angelegenheiten der Beschaffung der Euro-Fighter und der Privatisierung der VOEST (beide Male stand der Verdacht der Intervention zugunsten der Geschäftsinteressen des MAGNA-Konzerns, mit dem eine gültige Rückkehrrechtsvereinbarung besteht, im Raum).

Besonders signifikant war hier aber der Fall der Finanzierung der Homepage sowie von Flugreisen Grassers durch Firmen und Industriellenvereinigung, der exzessiven Beratungsausgaben, sowie der möglicherweise gegen ein Honorar erfolgten Vortragstätigkeit Grassers im Frühsommer 2003. Kurios auch die an Stelle eines Untersuchungsausschusses unter Aufsicht von Staatssekretär Finz inszenierte amtliche Steuerprüfung des Homepage-Falls: weisungsabhängige Beamte attestierten in dieser eine österreichische Vereinkonstruktion betreffenden Causa ihrem obersten Herren in Berufung auf deutsches Vereinsrecht und Stiftungsrecht, dass ohnehin alles in Ordnung sei (vgl. dazu derStandard-online 13.06. - 11.07.03, ORF ON 12.07.03).

Als dann im Jänner 2004 bekannt wurde, dass das Spendenvolumen der IV für die Grasser-Homepage noch größer war als ursprünglich angenommen, dass die Staatsanwaltschaft derzeit entgegen dem von Staatssekretär Finz ausgestellten "Persilschein" von einer Steuerpflicht des Trägervereins ("Verein zur Förderung der New Economy") ausgeht und Vorerhebungen gegen dessen Obmann, Grassers Kabinettschef Winkler, eingeleitet hat, erklärte Grasser die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft für "inakzeptabel". In einer parlamentarischen Fragestunde verweigerte Grasser dann mit dem Hinweis, die Angelegenheit betreffe nicht seine Amtsführung, konsequent die Beantwortung. Eine diesbezügliche dringliche Anfrage der SPÖ wurde von der ÖVP durch einen Geschäftsordnungstrick verhindert. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wurde mit den Stimmen der Regierungsmehrheit abermals verhindert (derStandard-online 21.01.04, 27.01.04, 29.01.04).

Am 25. Februar 2004 flatterte dann allerdings, rechtzeitig zum ersten Jahrestag von Schwarz-Blau II und just in die gerade laufende parlamentarische Debatte über einen Misstrauensantrag gegen BM Grasser und Staatssekretär Finz, die APA-Meldung herein, dass sich die Staatsanwaltschaft Wien gegenüber dem (weisungsbefugten) Justizministerium wegen Geringfügigkeit des Streitwerts für die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Grasser wegen des Verdachts der Geschenkannahme, Veruntreuung von Spendengeldern und Insiderhandel mit Aktien ausgesprochen hat. Tags darauf hat dann auch die (im Weisungsbereich Grassers agierende) Finanzbehörde das Prüfverfahren gegenüber Grasser und dem Verein zur Förderung der New Economy eingestellt - mit der Begründung, dass "… auch nach dem Ermittlungsstand der Abgabenbehörden sowohl Karl-Heinz Grasser als auch der Verein zur Förderung der New Economy im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Vereines der New Economy steuerrechtlich korrekt gehandelt haben" (derStandard-online 25.02.04, 26.02.04).

Es hatte zunächst den Anschein, dass nur noch die Überprüfung der Vorgehensweise der Finanzbehörde durch den in dieser Frage in Eigeninitiative aktiv gewordenen Rechnungshof und die durch die ÖVP-Volksanwältin Rosemarie Bauer sowie eine vom rechten FPÖ-Volksanwalt Ewald Stadler (dem berüchtigten "Feuerredner") veranlasste Prüfung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Licht in die Verdunkelung bringen könnte (derStandard-online 03.03.04). Anfang April 2004 hat dann aber die Ratskammer am Wiener Straflandesgericht der Entscheidung der Staatsanwaltschaft auf Einstellung der Ermittlungen die Zustimmung verweigert und den Akt an den Untersuchungsrichter zur weiteren Ermittlung zurückverwiesen. Ein Etappensieg für den Rechtsstaat und neue Hoffnung für die Opposition (derStandard-online 06.04.04).

Am 2. Juni 2004 hat die Volksanwaltschaft dann in der Causa Grasser auf Grund der Einstellung des Finanzverfahrens ohne Einholung eines Gutachtens über den Wert der Homepage einstimmig eine "Missstandsfeststellung" getroffen und an den Justizminister adressiert (02.06.04).

Ende August 2004 stellte dann laut "News" ein Rohbericht des Rechnungshofes zur Homepage-Causa (News Networld 25.08.04) fest, dass entgegen der Auffassung der Finanzbehörde doch sowohl für den Verein zur Förderung der New Economy als auch für Grasser selbst eine Steuerpflicht bestehe. Grasser dementierte freilich umgehend und kündigte seinerseits rechtliche Schritte gegen News an (derStandard-online 26.08.04).

Am 30. August 2004 wurde dann bekannt, dass das nach der Rückverweisung durch die Ratskammer vom Untersuchungsrichter in Auftrag gegebene Gutachten den Wert der Homepage mit 220.000 – 250.000 Euro beziffert, dass also der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einstellung der Ermittlungen wegen Geringfügigkeit tatsächlich keine Grundlage hatte (derStandard-online 31.08.04).

Aufgrund dieses Gutachtens hat dann die Ratskammer des Straflandesgerichtes Wien Mitte September 2004 entschieden, dass doch eine Zuständigkeit der Gerichte bestünde, und eine Fortführung der Ermittlungen beantragt. Grasser ließ daraufhin mitteilen, dass er sich über die weitere Prüfung freue. Weniger erfreut zeigte sich hingegen die Staatsanwaltschaft Wien: Sie will keine weiteren Ermittlungen führen und erwägt daher eine Beschwerde beim Oberlandesgericht (derStandard-online 14.09.04, 29.09.04).

Ende Februar 2005 wurde das Verfahren gegen Grasser dann doch endgültig durch die Staatsanwaltschaft eingestellt. Eine Schenkungssteuerpflicht bestehe zwar, aber nicht für Grasser, sondern für den "Verein zur Förderung der New Economy", gegen den auch weiter ermittelt wird. Diese Entscheidung sei jedoch nicht auf Weisung erfolgt, sondern basiere inhaltlich auf einer Entscheidung des Oberlandesgerichts. Die Opposition hingegen hielt sie für politisch motiviert und will die Causa nun auf politischer Ebene – im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses – weiterverfolgen (derStandard-online 28.02.05).

Am 22. Juni wurde dann von der Staatsanwaltschaft Wien auch das Verfahren wegen Untreue und Steuerhinterziehung gegen Grassers Kabinettschef und Obmann des "Vereins zur Förderung der New Economy" Matthias Winkler eingestellt. Es habe keine Steuerpflicht bestanden, und im Falle Winkler liege allenfalls ein "entschuldbarer Irrtum" vor (derStandard-online22.06.05).

Damit war die Causa für Grasser nicht nur finanzbehördlich, sondern auch gerichtlich ausgestanden - wiewohl der einschlägige, aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse politisch folgenlose Rechnungshofbericht Ende Juni 2005 der Finanzbehörde attestierte, bei ihrem Persilschein für Grasser "unzureichend erhoben" und "nicht nachvollziehbar argumentiert" zu haben (ORF On 20.06.05); Überdies sei die finanzamtlich Prüfung keineswegs unabhängig vom Ministerium erfolgt, wobei der Leiter einer der beteiligten ministeriellen Gruppen pikanterweise Rechnungsprüfer im "Verein zur Förderung der New Economy" war (Profil 27.06.05). Weitere Versuche der Opposition, die Causa im Rahmen des ständigen Rechnungshofausschusses politisch weiter zu verfolgen, blieben angesichts der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse chancenlos. Der einschlägige kritische Rechnungshofbericht ist auch dort dank Regierungsmehrheit konsequenzenlos geblieben (derStandard-online 30.11.05).

Ähnliches wiederholte sich auch bei der Beantragung eines Untersuchungsausschusses am 2. September 2003 aus Anlass der laut Rechnungshofbericht und VFGH-Präsident Korinek rechtswidrigen Gestaltung der Verträge der neu bestellten Manager der ÖIAG, die ebenfalls unter der politischen Verantwortung des Finanzministers erfolgt ist: Ein diesbezüglicher Antrag der Opposition wurde mit Regierungsmehrheit abgeschmettert (derStandard-online 02.09.03). Auch als die Opposition aus Anlass der Nichtbeachtung der (in Verfassungsrang stehenden) Meldepflicht ihres Aktienbesitzes durch Grasser neuerlich einen Untersuchungsausschuss forderte, legte sich die Mehrheit der Regierungsfraktionen dagegen quer (derStandard-online 20.10.03).

Auch als die Opposition im Herbst 2004 nach einem Rohbericht des Rechnungshofes, der schwere Vorwürfe gegen den Direktor des kunsthistorischen Museums Wilfried Seipel enthielt- Seipel soll Bilanzen manipuliert und für den Diebstahl der berühmten Saliera Mitverantworten tragen, über das Haus wie ein Feudalherr verfügt und sich durch seine Amtsführung auch private Vorteile verschafft haben –  Seipels Abberufung sowie die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses forderte, wurde dies mit Regierungsmehrheit abgelehnt. Seipel hätte sich um’s Museum höchst verdient gemacht, und außerdem liege der Rechnungshofbericht erst in Rohfassung vor, die Opposition betreibe also lediglich rechtsstaatlich bedenkliche Vorverurteilung (ORF ON 15.10.04).

Auch der Antrag der Opposition auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur skandalumwitterten Bau-Vergabe des Klagenfurter EM-Stadions – im Zuge des Verfahrens sind vertrauliche Daten der Öffentlichkeit zugespielt worden, und Bestechungsgelder sollen von Seiten der STRABAG zur FPÖ geflossen sein – wurde von den Regierungsfraktionen niedergestimmt (derStandard-online 03.03.05)

Ebenso mit Regierungsmehrheit abgelehnt wurde der neuerliche Antrag der Opposition auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sowie die Forderung der SPÖ nach Offenlegung der Verträge zur Abfangjägerbeschaffung, nachdem durch einen Profilbericht (Profil Heft 39/2005) bekannt geworden war, dass sich die Lieferung der bestellten zweiten Generation der Euro-Fighter verzögern werde und Österreich zwischenzeitig mit Flugzeugen der ersten Generation Vorlieb nehmen muss (derStandard-Online 28.09.05).

Nicht anders ist es er Opposition im November 2005 und dann nochmals im Jänner 2006 mit ihrem Ansinnen ergangen, die sogenannte Visa-Affäre (Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei der Visaerteilung durch Botschaftsangehörige bzw. Vernachlässigung der Aufsichtspflicht durch das Außenministerium) durch einen Untersuchungsausschuss prüfen zu lassen (derStandard-online 17.11.05, 25.01.06)

Umgekehrt war die Regierung im Vorfeld der Nationalratswahlen im Herbst 2006 sehr rasch dazu bereit, mit ihrer Mehrheit den kleinen Rechnungshofsausschuss mit dem angeblich von der SPÖ zu verantwortenden "BAWAG-Affaire" (s. unten, Kapitel 9.3.) zu befassen und damit im Vorwahlkampf ab Mitte Mai 2006 ein für die SPÖ unangenehmes Thema öffentlichkeitswirksam auf der Agenda zu halten (ORF On 12.04.06). Der von den Grünen am 27. April eingebrachte und von der SPÖ unterstützte Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, der neben der BAWAG-Affäre und einer ähnlich gelagerten Affäre der Kärntner Hypo Alpe Adria-Bank insbesondere auch die Rolle der – dem Finanzminister unterstehenden - Finanzaufsicht bei diesen Affären beleuchten sollte, wurde hingegen mit Regierungsmehrheit niedergestimmt (derStandard-online 27.04.06).

Nach einer Schlussbilanz des stellvertretenden Klubobmanns der Grünen Karl Öllinger ist es in der  aktuellen Legislaturperiode zu einer dramatischen "Aushöhlung der parlamentarischen Rechte" gekommen: alle 40 Anträge der Opposition auf Einrichtung von Untersuchungsausschüssen wurden abgelehnt, parlamentarische Anfragen nicht oder nur "katastrophal schlecht" beantwortet, und auch die parlamentarische Zusammenarbeit mit der Opposition verweigert – 340 Anträge der Grünen sind "im Nirwana dieser Gesetzgebungsperiode verschwunden" (ORF On 17.07.06)

Und die ÖVP hat auch dafür gesorgt, dass die Regierungsmehrheit weiterhin die Möglichkeit hat, das Kontrollinstrument Untersuchungsausschuss zu blockieren: Im Juli 2004 im Verfassungskonvent stellte sich dann die ÖVP als einzige Partei gegen den Vorschlag, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einem Recht der parlamentarischen Minderheit zu machen, Instrumente wie die Gerichte oder eine Ministeranklagen böten hinreichend Kontrollmöglichkeiten. Da sie mit ca. 40 % der Mandate über die Sperrminorität verfügt, wird in Österreich wahrscheinlich auch in Zukunft  paradoxerweise die Parlamentsmehrheit die Einsetzung eines U-Ausschuss kontrollieren (News Networld 28.07.04, derStandard-online 29.04.04).

Im November 2004 wurden Pläne bekannt, die ÖH-Wahlsystem dahingehend zu verändern, dass die Bundesvertretung nicht mehr direkt gewählt, sondern von den Universitäten proportional zur Maßgabe der jeweiligen Zahl der Studierenden beschickt wird. Damit würden sich die Mehrheitsverhältnisse zum Nachteil von GRAS und VSSTÖ und zu Gunsten von AG und den Fachschaftslisten verschieben. GRAS und VSSTÖ, aber auch Grüne und SPÖ haben das Vorhaben wegen dieser Machtverschiebung, aber auch die fehlende Einbindung in den Reformprozess vehement kritisiert (ORF ON 11.11.04). Ungeachtet dessen wurde die ÖH-Wahlrechtsreform am 10. Dezember 2004 mit Regierungsmehrheit im Nationalrat beschlossen. (derStandard-online 10.12.04). SPÖ und Grüne haben eine Beschwerde gegen dieses Gesetz wegen versetzung ndes Gleichheitsgrundsatzes beim VFGH eingebracht, die im Juni 2006 behandelt wird (VFGH 06.06.06)[1].

Mitte November 2004, kurz vor der Verabschiedung der Pensionsharmonisierung, hat dann der – unter mehrheitlichem Regierungseinfluss stehende – ORF die Aussendung eines 25 – Sekunden Info-Spots des ÖGB zur Pensionsreform verweigert.

Im Jänner 2005 sprach sich dann FP-Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach in der ORF-Pressestunde im Zusammenhang mit der Dienstrechtsreform einmal mehr für eine Einschränkung des Streikrechts aus: es bedürfe einer Gesetzgebung, die den "ungerechtfertigten Streik" unmöglich mache (derStandard-online 16.01.05).

Für den 2. März 2005 haben die Regierungsparteien, vor dem Hintergrund des Scheiterns des A1-Ring Projekts in der Steiermark und des Skandals um den Bau des Fußball-EM-Stadions in Kärnten, einen Abänderungsantrag betreffend das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Tagesordnung des Nationalrats gesetzt, auf Grund dessen in Zukunft die Umweltverträglichkeitsprüfung für Sportplätze, Rennstrecken, Golfplätze, Skipisten, Freizeit- und Vergnügungsparks und für die Erweiterung von Flughäfen entfallen soll. Aus der Sicht von Opposition, Arbeiterkammer und Umweltorganisationen ein Anschlag gegen die Umwelt und die Mitspracherechte von Anrainern (derStandard-online 28.02.05), laut Rechtsgutachten der Universität Göttingen ein Bruch mit der UVP-Richtlinie der EU (ORF On 01.03.05). Im Parlament wurde dann von den Regierungsparteien eine abgeschwächte Variante beschlossen, derzufolge die Landesbehörden darüber entscheiden, ob ein Großprojekt einer UVP unterzogen wird. Gegen diese Entscheidung ist eine Rekursmöglichkeit beim Umweltsenat vorgesehen, allerdings nicht für Bürgerinitiativen (derStandard-online 02.03.05). Es bleibt also bei einem Abbau von BürgerInnenbeteiligung.

Nachdem im November 2005 bekannt geworden war, dass die USA bzw. die CIA außerhalb jeglicher rechtsstaatlicher Legalität im Zusammenhang mit dem "Kampfe gegen den Terrorismus" auch in Europa Gefangenentransporte vornimmt und Geheimgefängnisse unterhält, wurde von der Opposition eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates beantragt, um zu klären, ob auch Österreich von solchen Überflügen betroffen war. Dabei hat Kanzler Schüssel durch Verordnung von Vertraulichkeit über alle Vorgänge und Unterlagen des Ausschusses verhindert, dass der Ausschuss als Instrument der Aufklärung wirksam werden und Informationen an die in dieser Sache ermittelnden europäischen Institutionen weitergeleitet werden konnten (derStandard-online 01.12.05). Im EU-Ausschuss des Parlaments am 13. Dezember – nach einem Besuch des Bundeskanzlers in den USA am Vorabend der österreichischen EU-Präsidentschaft, bei dem der Kanzler aus der Sicht der Opposition auch gegenüber dem US-Präsidenten den nötigen Nachdruck bei der Vertretung einer rechtsstaatlichen Position und bei der Forderung nach Aufklärung vermissen ließ - stimmte dann die Regierungsmehrheit einen Antrag der Opposition auf "lückenlose Aufklärung" der Causa geheime Überflüge nieder (derStandard-online 13.12.05).

Ende Februar 2003 wurde dann bekannt, dass das Gesetz über das "Institute of Science and Technology – Austria", die österreichische "Eliteuniversität",  noch im März ohne vorherige ordentlich Begutachtung mit Regierungsmehrheit durch das Parlament gepeitscht werden soll. Die Begründung Gehrers dafür: das Projekt solle "aus dem Wahlkampf herausgehalten" werden (ORF On 28.02.06). Das Vorhaben musste dann freilich vor der endgültigen Beschlussfassung doch modifiziert werden, da die auch Promotoren aus dem Bereich der Wissenschaft damit nicht einverstanden waren und abzuspringen drohte.

Ende April haben VertreterInnen der Oppositionsparteien im Europäischen Parlament der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht, dass Nationalratspräsident Khol (VP), der gegen ein offenes Diskussionsforum des EU-Parlaments über die Zukunft Europas protestiert und sich dafür stark gemacht hatte, dass an dessen Stelle ein von den einzelnen Mitgliedsstaaten delegiertes "Forum zur Zukunft Europas" stattfindet, nun im Paarlauf mit der ebenfalls der ÖVP angehörigen Vorsitzenden des Bundesrates im Alleingang festlegen werde, was "die nationale Position Österreichs" sei. Das Papier enthält dementsprechend zu den Zukunftsfragen Europas nur die Regierungspositionen, die Klubs der anderen Parteien dürfen ihre jeweiligen "Positionen bzw. dissenting opinions" lediglich schriftlich deponieren – aber bitte nur "in möglichst kurzen Texten" (derStandard-online 22.04.05).

Im Mai 2006 hielt dann der ZIB 2 Anker-Mann Armin Wolf anlässlich der Entgegennahme des "Robert Hochner-Preises" eine bemerkenswerte Rede, in der er in einer Art öffentlichem Hilferuf die Machtverhältnisse im ORF anprangerte, die den Prinzipien des unabhängigen Journalismus und des politischen Pluralismus Hohn spreche. Während unter Bedingungen der großen Koalition noch ein "Gleichgewicht des Schreckens geherrscht habe, sei nach der Wende 2000 und insbesondere seit 2002 "vom Gleichgewicht … nur mehr der Schrecken geblieben" (derStandard-online 19.05.06).

Nach einer Mitteilung der SPÖ  vor Beginn der herbstlichen Sitzungsperiode des Parlaments 2005 zeichnen sich die Parlamentsfraktionen der Wendekoalition auch durch eine schlechte bzw. parteipolitisch höchst selektive Arbeitsmoral aus: insgesamt waren per 6. September 2005 580 parlamentarische Verhandlungsgegenstände unerledigt, darunter 442 parlamentarische Anträge. Von diesen Anträgen waren 422 (fast 95%!) Oppositionsanträge. Die Nicht-Erledigung hat die Regierungsmehrheit im Parlament zur Hälfte durch Vertagung, zur Hälfte durch Zuweisung an Unterausschüsse, in denen sie dann auf Dauer geparkt werden, bewerkstelligt (derStandard-online 12.09.05).

Als Bundespräsident Klestil dann am Kongresse des ÖGB im Oktober 2003 die Regierung ob ihrer autoritären Vorgehensweise kritisierte und feststellte, dass die häufige Aufhebung von Gesetzen durch den VFGH (s. oben) kein Ruhmesblatt für die Regierung sei, wurde ihm postwendend von der Wilhelm Molterer, Klubobmann der ÖVP, vorgeworfen, "falsche Signale" zu setzen und nicht "objektiv" zu urteilen – und gleichsam als Rute im Fenster die Beschneidung seiner Kompetenzen in den Raum gestellt: Angelobung und Abberufung der Regierung sollten besser dem (von den Regierungsfraktionen dominierten) Parlament übertragen werden (derStandard-online 24.10.03). Und Wolfgang Schüssel riet dem HBP und all jenen, die "permanent den Dialog einmahnen", am Nationalfeiertag sogar, "darüber nachzudenken, ob es ihnen in Wirklichkeit nicht eher um die Verweigerung der notwendigen Reformen geht" (derStandard-online 27.10.03)[2].

Seitdem sie nach den Landeswahlen im Herbst im Bundesrat die Mehrheit besitzt, hat die Opposition freilich mittlerweile dort den Spieß umgekehrt und betreibt seither eine konsequente Verzögerungspolitik gegen ihr unliebsame Gesetze: Gesetzesvorlagen werden nicht nur – wie das Fremdenpaket (derStandard-online 25.01.06), das Postgesetz, das ÖIAG-Gesetz, das neue Übernahmegesetz, eine Wohnrechtsnovelle, das neue Eisenbahngesetz, das Gesetz über die "Gesundheit Österreich GmbH" oder die neue Schwerarbeiterregelung ablehnend an den Nationalrat zurückgeschickt. Um die Verzögerung zu vergrößern, werden zur Empörung der Regierungsmehrheit unliebsame Vorlagen – z.B. die Auslagerung familienpolitischer Agenden in eine "Familie und Beruf Management Gesellschaft" - nochmals in die Begutachtung geschickt und in Fachausschüssen beraten (derStandard-online 04.12.05), und um Fristsetzungsanträge des Nationalrates zu parieren, werden – wie im Falle des im Dezember verabschiedeten und aus der Sicht der Opposition unzureichenden Schulpakets - Sondersitzungen anberaumt. Dementsprechend auch die Reaktion des VP-Bundesrats-Fraktionsvorsitzenden Bieringer: Die SPÖ setze "ihre Mehrheit … brutal ein", und Kanzler Schüssel sei gefordert, "da einmal hineinzufahren" (derStandard-online 16.01.2006).

Letztendlich sitzt die Regierung jedoch auch hier mit der Möglichkeit des mehrheitlichen Beharrungsbeschlusses im Nationalrat am längeren Ast. Auf diese Weise sind Anfang März 2006 das neue Staatsbürgerschaftsrecht und andere von Bundesrat beeinspruchte Gesetzesbeschlüsse endgültig besiegelt worden (derStandard-online 01.03.06).

Eine ähnliche Strategie hat die Opposition auch zur effektiveren Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion eingeschlagen: Nachdem das Begehren nach mehr Aufklärung über den Euro-Fighter-Ankauf im Nationalrat und dessen Rechnungshofausschuss von der Regierungsparteien beharrlich zurückgewiesen wurde, wollen SPÖ und Grüne die verantwortlichen Minister Scheibner, Platter und Grasser, BeamtInnen und VerfassungsexpertInnen nun im Frühjahr ihm Rahmen des Verteidigungsausschusses der Länderkammer befragen (derStandard-online 05.04.06).

Wie der seit 25. Juni nicht mehr im Amt befindliche Justizminister Böhmdorfer – in der ORF Talkshow "offen gesagt" gleichsam "aus der Schule plaudernd" – berichtete, hat die Regierung diesen autoritären Stil allerdings auch im Innenverhältnis, von Seiten der ÖVP gegenüber der FPÖ – gepflogen: keine Regierungsklausuren zur gründlichen Beratung, Änderungen von Gesetzesvorlagen über Nacht, umfangreiche schriftliche Berichte erst unmittelbar vor der Beschlussfassung im Ministerrat (ORF ON 27.12.04). Die ÖVP von ihrer Übermacht offenbar auch hier hemmungslos Gebrauch gemacht.

In aller Öffentlichkeit vorexerziert wurde diese Verfahrensweise der ÖVP mit dem Koalitionspartner im Jänner 2005, als die ÖVP einseitig gegen den Willen der FPÖ per Erlass des Verteidigungsministers die Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate dekretierte. Die FPÖ sprach von "Koalitionsbruch" und einem "Fall für den Koalitionsausschuss" (Generalsekretär Scheuch) und drohte mit dem Abbruch der Bundesheer-Reformverhandlungen, die ÖVP verwies davon unbeeindruckt auf die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens und darauf, dass es für die Periode der 2. Wendekoalition formell gar keinen Koalitionsausschuss mehr gebe (ORF ON 31.01.05). Obwohl beide Partner betonten, der Konflikt tangiere den Bestand der Koalition nicht, und ein klärendes "Sicherheitsgipfeltreffen" vereinbart haben, hat die Vorgehensweise der ÖVP Spekulationen über von der VP provozierte vorzeitige Neuwahlen ausgelöst (derStandard-online 31.01.05, 01.02.05).

Einig waren sich Bundespräsident, Regierung und Opposition freilich in einem Punkt: über die Vorverlegung der Neuwahlen von November auf 1. Oktober 2006, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Die Opposition musste die Neuwahlen wollen, um die Chance wahrzunehmen, die von ihr stets erhoffte möglichts baldigen Ablöse der Regierung herbeizuführen, die Regierung wollte die früheren Wahlen, weil sie die berechtigte Hoffnung hatte, mit einer durch die Krise der Gewerkschaft gelähmten Opposition erfolgreich "kurzen Pozeß" machen zu können. Ein entsprechender Vier-Parteinantrag wurde am 14. Juli im Parlament angenommen (derStandard-online 13.07.06, 14.07.06)

Weiter im Schatten Jörg Haiders und der "Knittelfelder": Die Dauerkrise und Selbst-Demontage der FPÖ und ihr Einfluss auf die Wendekoalition:

Auch in der zweiten Amtsperiode der Wendekoalition ging es erwartungsgemäß nicht ohne Machtdemonstrationen und Drohgebärden der "rechtsextremen Elemente" der FPÖ gegenüber der eigenen offiziellen Parteiführung und dem eigenen Regierungsteam ab:

Am 6. März 2003, dem Tag der Regierungserklärung,  wurde den von führenden Repräsentanten der rebellischen Knittelfelder Delegierten Stadler und Fischl initiierte Haider-Fanclub "Verein der Freunde Jörg Haiders" offiziell konstituiert. Erklärtes Ziel des Vereins: Die "Botschaft Haiders am Leben erhalten und den Geist von Knittelfeld verstärkt in die politische Diskussion einbringen". Ein Ziel der Initiatoren ist es aber auch, in Vollendung des europäischen Tabubruchs Jörg Haider als Vizekanzler neben Kanzler Schüssel zu inthronisieren - ein Ihnen als "unschlagbar" erscheinendes Führungsduo. Der Verein kann angeblich bereits auf 1.000 Mitglieder und – ganz im Sinne der von Haider bereits in die Wege geleiteten rechter Internationalität – auch auf Beitrittswillige aus Bayern, Liechtenstein, der Schweiz und Italien zählen (derStandard-online 06.03.03)[3].

Am 10. März 2003, einen Tag nach für die FPÖ neuerlich verlustreichen Gemeinderatswahlen in Kärnten (-7 %!), reitet Er (Jörg Haider) selbst zur Attacke und fordert ultimativ: entweder es gäbe einen Belastungsstop, einen "tiefgreifenden Privilegienabbau" und es werde der "Augiasstall" der Sozialversicherungen "ausgemistet", oder Kärnten werde "wie Bayern ein Freistaat mit größtmöglicher Eigenständigkeit werden". (derStandard-online 10.03.02).

Eine Woche später droht Haider dann im von keinerlei Rücksichten auf Rechtssicherheit gebremsten populistischen Furor mit einer Abspaltung der Kärntner FPÖ von der Bundespartei und der Bildung einer selbständigen NR-Fraktion, falls Haupt nicht binnen 10 Tagen die Zusicherung geben sollte, dass Politikerinnen in Zukunft keine Übergangszahlungen, Abfertigung oder Doppelpensionen mehr erhalten dürfen, und dass es vor Beseitigung der Privilegien im "geschützten Bereich" keine Belastungen mehr gibt. Haiders Angaben zufolge würde seine Fraktion ("die wahre FPÖ"; Haider) vier Kärntner und drei weitere Abgeordnete umfassen. Prompt ist daraufhin der gesamte FPÖ-Klub in der Frage der Bezüge von Ex-PolitikerInnen auf die von Haider vorgegeben Linie eingeschwenkt (derStandard-online 17.03.03, 19.03.03). Ab sofort hängt es also unmittelbar von "Ihm" ab, ob die Regierung noch über eine parlamentarische Mehrheit verfügt.

Am 31. März mahnt Haider in einem ORF/ZIB2-Interview unter dem Schock der niederösterreichischen Landtagswahlen, bei denen die FPÖ fast drei Viertel ihrer Stimmen verloren hatte und auf einen Stimmenanteil unter 5 % zurückgefallen war, erneut den "Geist von Knittelfeld" und eine Steuerreform bereits im Jahr 2004.

Am 4. April forderte Haider dann bei einer FPÖ-Frühlingsklausur in Kärnten eine Volksabstimmung zur Pensionsreform, der die FPÖ im Ministerrat noch zugestimmt hatte und die drei Tage zuvor durch Bartenstein und Haupt gemeinsam präsentiert worden war – und prompt schloss sich Haupt dieser Forderung an (derStandard-online 04.04.03). Am 10. April setzt er mit der Drohung nach: Sollte der Entwurf nicht entschärft und die Harmonisierung der verschiedenen Pensionssysteme sofort in Angriff genommen werden, "… wird diese Koalition nicht langen Bestand haben" (derStandard-online 10.04.03), und am 5. Mai kündigt er an, dass die FPÖ-Fraktion der Reform im Parlament die Zustimmung verweigern werde (derStandard-online 05.05.03).

In weiterer Folge benutzte Haider das Thema Pensionsreform, um mittels der ihm gefügige Knittelfelder Fraktion als Zünglein an der Waage Druck auf Vizekanzler Haupt und die Regierung zu machen und sich selbst wieder ins Zentrum des politischen Spiels zu bringen: SP-Vorsitzender Gusenbauer war plötzlich zu einem verschwörerischen Treffen und zur Zusammenarbeit in der Pensionsfrage mit Haider entschlossen (derStandard-online 09.05.03), und auch am vom Bundespräsidenten veranstalteten runden Tisch durfte er nicht fehlen (derStandard-online 15.05.03). In der Sache selbst war die Koalition buchstäblich über Nacht zu kurz- und mittelfristigen wirksamen Aufschüben und Verlustdeckelungen bereit, und auch der vorher unverrückbare Zeitplan der Reform war plötzlich vom Tisch (derStandard-online 23.05.03, 25.05.03, 27.05.03). Sogar im Koalitionsausschuss war der Herr über die für die Regierungsmehrheit entscheidenden Knittelfelder Mandatare plötzlich wieder unverzichtbar (derStandard-online 28.05.03). H. Haupt wünschte sich, dass Haider wieder "hohe Parteiämter" übernähme (derStandard-online 30.05.03, und der "Verein der Freunde Jörg Haiders" warb für die neuerliche Kür Haiders zum FP-Obmann (NEWS-Networld 27.05.03). Haider selbst gefiel sich - mit einer Einladung an die etwas verdutzten Sozialpartner zu einem runden Tisch in Kärnten - in der ungewohnten Rolle des staatsmännischen Vermittlers (derStandard-online 28.05.03) und gab seiner Überzeugung Ausdruck: "ein Kanzler Haider wird immer notwendiger und wichtiger" (NEWS-Networld 27.05.03). Er war also "wieder da" und auch maßgeblich an der Einigung der Koalition in der Pensionsfrage im Koordinationsausschuss beteiligt (derStandard-online 03.06.03), und auch seine  Rückkehr an die formelle Parteispitze – wahrscheinlich im Lauf des Sommers 2003 – schien zwischen Haider und seinem Statthalter Haupt bereits akkordiert zu sein (derStandard-online 12.06.03).

Ein weiteres höchst öffentlichkeitswirksames, aber in der Sache selbst folgenloses Lebenszeichen des "Knittelfelder Aufstands" in der FPÖ war dann die Weigerung von 10 von 9 FPÖ-Abgeordneten im Bundesrat, den Budgetbegleitgesetzen und damit der Pensionsreform zuzustimmen – ohne dabei freilich dem Antrag der SPÖ auf Einspruch und Rückverweisung an den Nationalrat zuzustimmen (derStandard-online 24.06.03). Der durch diese Nichtentscheidung des Bundesrates bewirkte Aufschub der Wirksamkeit der Budgetbegleitgesetze hat dann aber immerhin J. Haider die Gelegenheit geboten, die darin verpackte Beschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge nochmals in einer für den Koalitionspartner provokanten Weise öffentlichkeitswirksam in Frage zu stellen.

Ende Juni 2003 bestätigten dann Haider (Format/ZIB 2 26.06.03) und sein Fanclub (derStandard-online 26.06.03) in Interviews die bevorstehende Ablöse von Haupt als Parteiobmann durch Haider und erhöhten den Druck auf einen umgehenden Vollzug dieses Wechsels. Damit schien klar, dass die FPÖ nun auch offiziell wieder zur Haider-Partei wird und die "rechtsextremen Elemente" wieder in der FPÖ das Sagen haben, und dass Schüssels Projekt der Entmachtung Jörg Haiders und der "Zähmung" der FPÖ endgültig zu scheitern droht. Nach wie vor ausgeschlossen hat Haider die Übernahme des Amts des Vizekanzlers. Er sei "lieber Erster in Gallien als Zweiter in Rom". Man beachte die Anspielung: Cäsar hat bekanntlich letztlich den Rubicon überschritten.

Auf einer Parteivorstandssitzung auf Deutschlandsberg am 28. Juni erwies sich dann jedoch Statthalter Haupt als zäher und schlauer als erwartet. Er ließ die dort versammelte ihm mehrheitlich Getreuen über die Amtsübergabe abstimmen, und diese nahmen mit Mehrheitsbeschluss zur Kenntnis, dass er bis zum nächsten ordentlichen Parteitag im Oktober 2004 "als Obmann zur Verfügung stehe". Haider bezeichnete zwar diese Vorgehensweise Haupts als "schweren Fehler", musste jedoch bis auf weiteres deren Ergebnis akzeptieren (derStandard-online 28./29.06.03). Haider bekräftigte freilich weiterhin den Anspruch auf die Parteiführung, indem er wiederholt erklärte, der Führungswechsel sei für Herbst vereinbart. Haupt seinerseits zeigte weiterhin keine Bereitschaft zeigte, das Feld zu räumen und stellte sogar öffentlich eine Kandidatur für eine weitere Amtsperiode als Obmann in den Raum (derStandard-online 31.07.03)

Haider verlegte sich daher wieder darauf, die Koalition mit der Steuerreform unter Druck zu setzen: Vorverlegung auf 2004, auch auf Kosten einer höheren Verschuldung. Die FPÖ sollte das noch im Sommer beschließen, und als Parteichef würde er dann eine entsprechende Abänderung des Koalitionspakts verlangen (New Networld 16.07.03, derStandard-online 17.07.03). Hier musste Haupt nachgeben: Unter dem Druck Haiders und seiner Gefolgsleute hat die FPÖ beschlossen, sich diesbezüglich auf Konfrontationskurs mit dem Koalitionspartner zu begeben und bei der von der SPÖ beantragten Sondersitzung zur Steuerreform am 12. Auguste eine zumindest teilweise Vorziehung der Steuerreform zu beantragen (derStandard-online 07.08.03). Dann aber – wie schon zuvor bei Pensionsreform und Abfangjägerbeschaffung - wieder die Angst vor der eigenen Courage: kein eigener Antrag und natürlich auch keine Bereitschaft, dem diesbezüglichen Entschließungsantrag der SPÖ zuzustimmen (derStandard-online 12.08.03). Als "Verhandlungsforderung" an die ÖVP hielt die FPÖ jedoch an der Vorziehung der Steuerreform fest, und Haider untermauerte diese Forderung, indem er für den Fall, dass die ÖVP ihr nicht nachkommen sollte, mit einer Volksabstimmung und neuerlich mit einem parlamentarischen Initiativantrag im Herbst drohte (NEWS-Networld 12.08.03, 14.08.03).

Dasselbe Spiel sollte sich auch, im Vorfeld der Landtagswahlen in Oberösterreich und Tirol, im Zuge der im Koalitionsübereinkommen vorgesehenen und bereits im Frühjahr im Ministerrat beschlossenen Privatisierung der VOEST wiederholen: Einen Tag vor der von der SPÖ dazu beantragten Sondersitzung des Nationalrats fordert Haider im Gleichklang mit der Opposition den Behalt einer Sperrminorität von 25 % der Anteile seitens der Republik, wenig später droht Haupt in einem Pressegespräch mit einem vorläufigen Privatisierungsstop, da "die Einheit des Unternehmens, der Erhalt der Forschung und Entwicklung in Österreich und eine Kernaktionärsstruktur" nicht gesichert seien (derStandard-online 01.09.03). Tags darauf dann doch die willfährige freiheitliche Zustimmung zu einem Entschließungsantrag für das Privatisierungsprojekt, das Haider noch wenige Stunden vorher abermals als "Schweinerei" bezeichnet hatte und unverzüglich gestoppt haben wollte (derStandard-online 02.09.03, NEWS Networld 02.09.03). Am Abend desselben Tages versuchte es dann Herbert Haupt mit Schlitzohrigkeit: in einem ORF-Gespräch interpretierte er den - inhaltlich unbestimmt gehaltenen und laut Verfassungsjuristen rechtlich unverbindlichen - Entschließungsantrag dahingehend, dass dieser eine Behaltegebot eines Staatsanteils von 25 % beinhalte - und deutete damit die Kapitulation vor dem Koalitionspartner in einen Sieg um. Tags darauf ließ die FPÖ diese Interpretation brieflich auch der ÖIAG zukommen; zudem forderte sie zur Verblüffung des Koalitionspartners einen Sonderministerrat, der die Leseart der FPÖ zur offiziellen Regierungsinterpretation erheben soll - und Jörg Haider war’s zufrieden. Schüssel hingegen sah erwartungsgemäß keinen Anlass für einen Sonderministerrat … (derStandard-online 04.09.03).

Als weiterer Schritt der Rückkehr Haiders ins Zentrum der Macht der FPÖ  und der inneren Anspannung der Koalition wurde die Ablöse von K. Schweitzer als "Regierungskoordinator" der FPÖ durch Justizminister D. Böhmdorfer, Haiders Freund und anwaltlicher Mitstreiter in diversen Einschüchterungsprozessen, interpretiert, der auch sogleich dem Koalitionspartner attestierte, der FPÖ "Frust bereitet" zu haben und laufende "Nachverhandlungen" des Regierungsprogramms forderte (derStandard-online 10.09.03).

Nach außen hin gespenstisch ruhig in den Reihen der FPÖ Koalition ist es dann zunächst nach den Landtagswahlen in Oberösterreich und Tirol vom 28. September geblieben, bei denen die FPÖ 60% ihrer Stimmen verloren hat und SPÖ (vor allem in OÖ) und Grüne (vor allem in Tirol) stark zulegen konnten. Haider verspürt offenbar vor den Kärntner Landtagswahlen weder Lust, die undankbare Rolle des Führers des ohnmächtigen Juniorpartner der Regierungsmacht zu übernehmen, noch den Mut, die Flucht nach vorne anzutreten und die Partei aus der tödlichen Umarmung durch die ÖVP heraus in Neuwahlen zu führen. Er will’s lieber wieder über den Kärntner Umweg versuchen: "Es gibt nur eine Chance für die FPÖ: Am Erfolgsmodell Kärnten zeigen, wie’s geht. Am Kärntner Wesen werden die Republik und die FPÖ genesen". Ohne Frage ist aber der Druck auf die FPÖ, sich in der Koalition gegenüber ihren Partner durch Widerspenstigkeit zu profilieren, noch größer geworden. In diesem Sinne bekräftigte die FPÖ die Forderung nach Vorziehen der Steuerreform und schoss sich erneut auf K.H. Grasser ein; und Haupt ließ wissen, dass auch die Zustimmung der FPÖ zum "Herzstück" (Schüssel) des Regierungsprogramms, der EU-Erweiterung, noch keineswegs fix sei. Auch mit der inszenierten Harmonie der gemeinsamen Pressefoyer der Koalitionspartei hat Haupt demonstrativ gebrochen (derStandard-online 29.09.03, 30.09.03, News Networld 30.09.03). Laut Format soll Schüssel Anfang Oktober postwendend mit dem Ende der Koalition gedroht haben, falls die FPÖ auf Blockade umstelle (New Networld 09.10.03).

Haider, den Zusammenbruch seine Lebenswerks vor Augen, brach aber bald die Grabesruhe in der FPÖ: Im Gegensatz zur Regierungsfraktion, die peinlichst um eine Vermeidung einer Personaldiskussion bemüht war, erklärte er: "Die jetzigen Akteure …  haben (ihren) Kredit bei den Wählern aufgebraucht. Deshalb braucht die Partei dringend neue Hoffnungsträger". Und während die formelle Parteispitze die Krise der Partei zu einem Problem des Verkaufs erklärte, geißelte Haider die "nicht mehr nachvollziehbare" thematische und inhaltliche Arbeit (News Networld 02.10.03). Am 19. Oktober 2003 gab Haider dann eine gemessen an seinen vorherigen Forderungen geringfügige "Umstellung" der FP-Regierungsriege bekannt: Hubert Gorbach übernahm das Amt des Vizekanzlers, und Haiders Schwester Ursula Haubner wurde Herbert Haupt als geschäftsführende Parteivorsitzende zur Seite gestellt, ansonsten wurde aber vorerst keine Änderungen in den Partei- und Regierungsfunktionen vorgenommen. Offenbar müssen die Mohren bis zu den Kärntner Landtagswahlen noch weiter ihre Schuldigkeit – Haider von der undankbaren Regierungsarbeit entlasten und ihm den Platz für die "Sanierung der Partei von Kärnten aus" frei halten – tun. Haider bleibt also die graue Eminenz im Hintergrund und hat aber seine Schlüsselrolle dadurch unterstrichen, dass er den Part des FPÖ-Chefverhandlers der Steuerreform und damit das Kommando in einer zentralen Auseinandersetzung mit Grasser und Schüssel übernommen hat. Klimatisch setzt der neue Vize in der Koalition freilich auf versöhnliche Symbolik: er will es wieder mit dem gemeinsamen Pressefoyer versuchen (derStandard-online 20.10.03).

Im Dezember 2003 meldete sich Haider dann wieder einmal in Sachen Irak und Sadam Hussein als Störenfried der Außenpolitik zu Wort. Die wenige Tage zuvor erfolgte Festnahme Sadams sei ein "ziemliches Betrugsmanöver", eine "Schmierenkomödie" der Amerikaner - es könne sich ja schließlich "um einen seiner vielen Doppelgänger handeln". Auf die Menschenrechtsverletzungen von Sadam angesprochen, rechnete er diese gegen solche von George W. Bush auf, und gefragt nach der Rolle Sadams als Diktator erklärte er: "Im Vergleich mit anderen Diktatoren im Lebensraum bis China, Israel muss ich schon sagen, es fällt mir schwer , hier graduelle Unterschiede zu erkennen" (derStandard-online 16.12.03). Wie schon früher im Falle des Nationalsozialismus keine Distanzierung, keine Verurteilung, sondern indirekte Verteidigung durch Aufrechnung und Verharmlosung durch unangebrachte Vergleiche. Der innenpolitische Preis: Die Kärntner ÖVP schließt angesichts dessen "unbedachten Äußerungen und braunen Rülpsern" dezidiert die Wiederwahl Haiders zum Landeshauptmann aus. Rücktrittsaufforderungen von ÖVP und SPÖ sowie ein Misstrauensantrag der SPÖ im Kärntner Landtag - seine Warteposition als "Erster in Gallien" und seine Strategie, die Republik und die FPÖ "am Kärntner Wesen genesen" zu lassen, sind damit in akute Gefahr geraten.

Im Gegenzug hat die FPÖ-Spitze (Haubner, Bleckmann) angekündigt, der vermutlichen ÖVP-Präsidentschaftskandidatin Ferrero-Waldner die Unterstützung zu entziehen (derStandard-online 18.12.03).

Die Affäre hinderte die Bundes-ÖVP freilich nicht daran, in den folgenden Wochen mit Haider als FPÖ-Chefverhandler die zweite Etappe der Steuerreform zu verhandeln und ihm am Beginn des Kärntner Intensivwahlkampfs die Gelegenheit einzuräumen, sich als kompromissfähiger Sachpolitiker darzustellen und Seite an Seite mit Bundeskanzler und Finanzminister "die größte Steuerreform der zweiten Republik" zu präsentieren. Kanzler Schüssel distanzierte sich sogar offen von der Kärntner ÖVP: er halte die Festlegung, Haider nicht mehr zum Landeshauptmann zu wählen, für "zumindest hinterfragbar, bevor seine Majestät der Wähler gesprochen hat" (derStandard-online 16.01.04). Allerdings haben sich auch einzelne Kärntner SPÖ-Bürgermeister entgegen der offiziellen Parteilinie für eine Wiederwahl Haiders im Falle einer FPÖ-Mehrheit ausgesprochen.

Beim offiziellen Wahlkampfauftakt der Kärntner FPÖ am 11. Jänner 2004 in Klagenfurt, dessen bombastische Inszenierung die vergangene Größe der FPÖ und deren Gallionsfigur "Cäsar Sisyphus" Haider im Mittelpunkt rückte, gab Haider wieder einmal, gleichsam als Startsignal für sein Kärntner Erlösungsprojekt für Österreich, eine Kostprobe seiner Kampfrhetorik – mit Ausfällen gegen den schwarzen "Privatisierungswahn", gegen "rote Raunzer" (übrigens eine Abwandlung des in der ANR in den 1970er-Jahren gebräuchlichen Stabreims "rote Rotzer!), gegen die Bundesbetreuung von AsylwerberInnen und gegen die EU, wo "pensionierte Politiker in grenzsenilem Zustand (gemeint war wohl Giscard d’Estaing) Verfassungen verordnen wollen" (derStandard-online 12.01.04).

Mittlerweilen werden aber auch von der ÖVP - mit der Nominierung von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner als Präsidentschaftskandidatin im Jänner 2004 - strategische Weichenstellungen vorgenommen, die darauf abzielen, die bisher bestehenden Hindernisse für das mögliche Come-Back Jörg Haiders in der Bundespolitik auf höchster Ebene auszuräumen: Im Gegensatz zum amtierenden Bundespräsidenten Thomas Klestil, der bekanntlich eine Regierung von Haiders Gnaden immer abgelehnt und eine Bestellung Haiders als Regierungsmitglied verweigert hat, definiert sich Ferrero-Waldner in ihrem Wahlkampf hauptsächlich durch ihre Loyalität gegenüber Kanzler Schüssel und ihre Rolle als "Kampflächlerin" in der Zeit der so genannten "Sanktionen", erklärt, dass sie jede Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit und einen Programm "mit einem freundlichen Lächeln" abgeloben würde und auch gar nichts dabei fände, Jörg Haider zum Minister zu bestellen - "warum nicht?" (derStandard-online 18.01.04).

Als sich dann im Jänner 2002 herausstellte, dass die von der FPÖVP-Regierung für das Jahr 2004 beschlossene Aussetzung der Pensionsanpassung in Verbindung mit den erhöhten Kranken- und Freizeitversicherungsbeiträgen beim Großteil der ASVG-PensionistInnen zu Netto-Pensionsverlusten im Vergleich zum Vorjahr geführt hat, und dies einen im Vorfeld der Landtagswahlen für die Regierungsparteien gefährlichen Sturm der Entrüstung bei den Betroffenen auslöste, war es wiederum J. Haider, der nicht nur seine eigene Partei auf Widerstand gegen die von ihr selbst mitzuverantwortende Maßnahme einschwor und die ÖVP mit der Androhung einer Unterstützung eines Oppositionsantrags auf Ausgleich der Verluste unter Druck setzte, sondern auch in Kärnten höchstpersönlich eine spektakuläre, durch Landtagsbeschluss nicht gedeckte und an die zweifelhafte Praxis des Stimmenkaufs durch römische Volkstribune erinnernde Aktion zur Verlust-Rückerstattung startete und mit dem ebenfalls mit dem Rücken zur Wand wahlkämpfenden Salzburger ÖVP-Landeshauptmann Schausberger auch gleich einen "Nachahmungstäter" fand (derStandard-online 08.02.04). So blieb letztlich auch der Regierung nichts anderes übrig, als ihre – wie Kanzler Schüssel betont hatte, ganz bewusst eingeschlagene – Rentensparpolitik mit ihrer parlamentarischen Mehrheit zu korrigieren (derStandard-online 25.02.04).

Anlässlich seiner berüchtigten Aschermittwoch-Rede, die diesmal als Teil des Kärntner Wahlkampffinales in Traibach-Althofen stattfand und die bereits notorischen Attacken gegen rote Spitzenpolitiker (Ambrozy, Präsidentschaftskandidat Fischer) und gegen die EU und das europäische "Bermuda-Dreieck" Blair, Schröder und Chirac enthielt, stellte Haider dem Seniorpartner der Wendekoalition abermals die Rute ins Fenster: ein Wahlsieg in Kärnten sei "ein Signal für ganz Österreich, Änderungen in der Bundespolitik durchzusetzen" (derStandard-online 25.02.04).

Während bei den Landtagswahlen am 7. März 2004 in Salzburg die FPÖ abermals um über 11 % dramatisch verlor und die SPÖ mit mehr als 13 % Gewinn einen überwältigenden Wahlsieg einfuhr, und zur Landeshauptfrauenpartei geworden ist, ging in Kärnten Haider wiederum leicht gestärkt vor der aufholenden SPÖ als Sieger aus den Wahlen hervor, während nun die ÖVP einen dramatischen Einbruch um über 9 % erlebte (derStandard-online 08.03.04). Haider hatte in einer strategischen Meisterleistung den Landeshauptmannbonus mit populistischer Mobilisierung von SozialprotestwählerInnen gegen die von ihm selbst maßgeblich mitbestimmte Bundespolitik, deutschkärntner Volkstümelei und Europafeindlichkeit verknüpft. Ein Tag der Rache Haiders an Schüssel, der Haiders Führungsposition in der FPÖ massiv untermauert und sein bundespolitisches Gewicht gegenüber Schüssel deutlich verstärkt hat (Profil 11.03.04).

Aber auch die Zeit des Offenbarungseids für die SPÖ: Die Partei, die mit dem Ziel, Haider als Landeshauptmann zu stürzen, in die Wahl gezogen war, kroch, ohne auch nur mit den anderen Parteien über Alternativen Gespräche zu führen, nach dem Verfehlen ihres Ziels zu Kreuze und erklärte sich zur Koalition mit der FPÖ und zur Duldung der Wiederwahl Haiders zum Landeshauptmann bereit. Obmann Ambrozys entlarvende Begründung dafür: "Es hat immer schon in Sachfragen kaum eine Trennungslinie mit der FPÖ gegeben". Verblüffend ehrlich, hatte doch auch die SPÖ seinerzeit einen Vorsitzenden (Wagner), der sich als "hochgradiger Hitler-Junge" geoutet hatte und bis zuletzt Haiders rechtswidrige Haltung in der Ortstafelfrage mitgetragen (derStandard-online 13.03.04, 14.03.04). Tags darauf betonte auch Parteivorsitzender Gusenbauer in einem ZIB2- Interview wie dereinst im Jänner 2000 W. Schüssel, man dürfe "niemanden von vorne herein ausschließen" und müsse andere Parteien nach ihrem "Verhalten" beurteilen, und er sah auch auf Bundesebene keinen anderen Grund mehr für eine Distanzierung von der Haider-FPÖ als deren "unsoziale Politik": "ordentliche Beschäftigungspolitik des Dritten Reiches", Ehrenerklärung an SS-Veteranen, antisemitische Attacken gegen Muzicant? – aus dem Protokoll gestrichen! Rassistische Ausfälle gegen MigrantInnen und AsylwerberInnen, Ignoranz des Verfassungsgerichtshofs, Aufwartung beim Massenmörder Sadam Hussein? – vergessen! Das Rot-Blaue Machtkartell in Kärnten ist mehr als eine regionale Episode. Es signalisiert die Abkehr von der nach dem Februar 2000 zunächst sehr erfolgreich (z.B. bei den Wiener Wahlen 2001) beschrittenen Weg, eine Kooperation mit der durch Haider verkörperten extremen Rechten weiterhin konsequent zu verweigern und verlorenes Vertrauen der WählerInnen durch eine Rückbesinnung auf unter Vranitzky und Klima zu wenig beachtete sozialdemokratische Grundsätze, durch positive Akzente im Bereich der Integrationspolitik und durch eine selbstkritische Auseinandersetzung mit eigenen Versäumnissen im Umgang mit der NS-Vergangenheit wiederzugewinnen. Ab sofort soll die "Rückholung" ehemaliger FPÖ-WählerInnen nicht mehr (nur) über politische Inhalte, sondern (auch) über die öffentlich zur Schau gestellt Verbündung mit dem Idol des "kleinen Mannes" Jörg Haider laufen. Das Kärntner Bündnis signalisiert das definitive Ende der grundsätzlichen Abstinenz der SPÖ von der Haider-FPÖ und die Entschlossenheit der Partei, Grundsätze, die den machtstrategischen Handlungsspielraum behindern, in opportunistischer Weise als "Ballast" über Bord zu werfen. Haider seinerseits kann triumphieren, ist es ihm doch auf dem Umweg über Kärnten nun auch gelungen, seine Isolation durch die große Oppositionspartei zu durchbrechen. Nach der ÖVP macht sich damit nun auch die SPÖ zum Mitverantwortlichen für die Verallgemeinerung eines Klimas der rückwirkenden Verharmlosung des Nationalsozialismus, der Akzeptanz von Fremden- und Minderheitenfeindlichkeit und der Geringschätzung von Rechtsstaatlichkeit. "Linke" Mitglieder, FunktionärInnen und Teilorganisationen der SPÖ scheinen sich damit freilich nicht widerspruchslos abfinden zu wollen. Massive Kritik auch von Seiten Grünen, der Opfer des Nationalsozialismus, von Widerstandsinitiativen gegen Schwarz-Blau (Republikanischer Club), sowie von Seiten der deutschen, der französischen und der europäischen Sozialdemokratie - für SPÖ-Clubobmann Cap ein Anlass, sich wie Schüssel und Westenthaler im Februar 2000 "Zurufe aus dem Ausland" zu verbitten. Hingegen spöttisch-herablassende Kenntnisnahme des Richtungswechsels durch die ÖVP und triumphierende Genugtuung darüber bei der FPÖ: Mit der FPÖ-SPÖ-Koalition in Kärnten, so Jörg Haider auf einer FPÖ-Funktionärskonferenz, hätten die "Ausgrenzer" in der SPÖ ihr "Waterloo" erlebt, auch auf Bundesebene sei damit ein "neues Kapitel" aufgeschlagen - "Der antifaschistische Zirkus wird sich langsam erübrigen" (derStandard-online 28.03.04).

Ein eilig einberufener Parteivorstand der Kärntner SPÖ hat am Abend des 18. März 2004 die Koalition mit der FPÖ allerdings mit deutlicher Mehrheit bestätigt. Angesichts der Empörung im Teilen ihrer AnhängerInnen und FunktionärInnen war man in der Bundespartei um Beruhigung bemüht: Bundesgeschäftsführerin Bures versicherte, dass es bei der Frage der NS-Zeit darum gehe, eine klare Distanz zur "braunen Vergangenheit" einzunehmen, das habe Haider bisher vermissen lassen. Es gebe deshalb auch "keinen Anlass die Einschätzung über die problematische Rolle, die Haider in der österreichischen Innenpolitik spielt, neu zu überdenken". Daher bleibe Kärnten ein Sonderfall und habe über die Landesgrenzen hinaus keine Bedeutung auf die Bundesebene (APA OTS 20.03.04). Ähnlich auch Vorsitzender Gusenbauer, der in der Folge weiterhin auf die "unsoziale Politik" der ÖVP-FPÖ-Koalition  verwies, ohne eine Koalition mit der Haider-FPÖ prinzipiell auszuschließen (derStandard-online 25.03.04). Angesichts der Kärntner Tatsachen kaum genug, um das erschütterte Vertrauen in die Grundsatztreue wieder herzustellen.

Angesichts der fortgesetzten Debatten innerhalb und außerhalb der Partei erfolgte dann, nach der Wahl Haiders zum Landeshauptmann in Kärnten, am 1. April 2004 der Versuch einer deutlicheren Klarstellung seitens des Präsidiums der  Bundes-SPÖ. Die Kärntner blau-rote Koalition habe "keinerlei Präzedenzwirkung für die Bundesebene". Als Begründung dafür wird zwar einerseits wiederum lediglich auf die "unsoziale Politik" der ÖVP-FPÖ-Koalition verwiesen, die "durch eine verfehlte Wirtschaftspolitik, die Rekordarbeitslosigkeit verursacht, eine undifferenzierte Belastungspolitik, die den sozialen Zusammenhalt gefährdet sowie eine Ausverkaufspolitik, die österreichisches Eigentum ohne Not und zum Schaden des Landes veräußert" gekennzeichnet sei. Das Präsidium stellt aber auch klar, dass sich an der politischen Bewertung der FPÖ aus grundsätzlichen politischen Gründen angesichts der Regierungspraxis der schwarz-blauen Koalition nicht das Geringste geändert habe (derStandard-online 01.04.04). Es bleibt jedoch als Ergebnis dieser Episode festzuhalten, dass es in der Partei und ihrer AnhängerInnenschaft große Sympathien für eine Kooperation in der SPÖ gibt. Erst die Attacken Haiders gegen den "Vaterlandsverräter" Swoboda im Europawahlkampf im Mai 2004 (s. oben, S. 141) bedeuteten das endgültige (?) Ende der frivolen FP-SP-Koalitions-Strategiespiele: Gusenbauer erklärte, dass Haider sich damit "außerhalb des Rahmens demokratischer Verhältnisse" bewege und aus dem "politischen Kooperationsverhältnis" herausgenommen habe, und dass ein weiteres "Spargelessen" für ihn nicht mehr vorstellbar sei (derStandard-online 28.05.04). Im November 2004 kündigte SP-Klubobmann J. Cap einen formellen Parteitagsbeschluss mit dem Kernsatz an: "Keine Koalition mit einer rechtspopulistischen FPÖ" (News Networld 17.11.04). Der Antrag wurde am SPÖ Bundesparteitag am 30. November 2004 mit großer Mehrheit angenommen (derStandard-online 30.11.04)[4].

Auch in der Endphase des Bundespräsidentenwahlkampfes spielte die Frage der Haltung zu Jörg Haider eine wichtige Rolle. ÖVP-Kandidatin Ferrero-Waldner profilierte sich bei einem FPÖ-Hearing in Kärnten als Person, die ja bereits praktisch bewiesen habe, dass sie "niemanden ausgrenze" (derStandard-online 13.04.04). Der von der SPÖ unterstützte Präsidentschaftskandidat Heinz Fischer ließ sich unmittelbar nach der Kärntner Koalitionsentscheidung am Rande einer Pressekonferenz die Aussage entlocken, dass er ein Bündnis mit einer Person wie Haider nicht "goutiere" (derStandard-online 18.03.04). Bei einem Hearing der FPÖ bekannte er sich aber immerhin zur Abgrenzung von der FPÖ wegen Jörg Haider’s Verteidigung der "ordentlichen NS-Beschäftigungspolitik" oder Stadler’s Gleichsetzung der Zeiten vor und nach Mai 1945 (derStandard-online 20.04.04). Ob er als amtierender Bundespräsident Jörg Haider als Regierungsmitglied angeloben würde oder nicht, darauf wollte aber auch er sich partout nicht festlegen.

Nach dem neuerlichen Rekordverlusten der FPÖ bei den - durch J. Haider emotionalisierten - Europawahlen im Juni 2004 wurde in der mehr und mehr auf ihre "rechtsextremen Element" (EU-Weisenbericht) reduzierten FPÖ wieder einmal der Ruf nach Jörg Haider oder einer anderen stramm-rechten Lichtgestalt an die Parteispitze (Mölzer), ja sogar nach einer "Neugründung" (Strache) und nach einem Überdenken der Regierungsbeteiligung (Strutz) laut (derStandard-online 13./14.06.04, ORF ON 14.06.06). Paradoxerweise schwört sich die FPÖ umso hartnäckiger auf Haider und rechts-nationalistische Politik ein, je mehr und nachhaltiger sie auf dieser Linie Stimmen verliert. Damit besteht ab sofort wieder akute Gefahr in Verzug für Schwarz-Blau II.

Haider selbst freilich winkte ab: er wolle weder zurück an die Parteispitze noch zu einer rechten Partei strammer Ideologen; er stehe vielmehr für die rechtspopulistischen, national-sozialen Kurs der Öffnung zum "kleinen Mann" sowie zur Fortsetzung der Wendekoalition. Allerdings müsse das Reformtempo reduziert und die Sozialverträglichkeit gesteigert, das Regierungsteam umgebildet und evtl. auch das Koalitionsübereinkommen umgeschrieben werden. Am 15. Juni kürte der Parteivorstand dann einstimmig Haiders Schwester Ursula Haubner zur Obfrau, und diese holte postwendend Jörg Haider in ihr "Team der besten Köpfe" (derStandard-online 16.06.06). ER ist nun also bundespolitisch auch offiziell "wieder da", das FP-Regierungsteam noch enger an die von IHM maßgeblich vorgegebene Parteilinie gekoppelt - und die Koalition unter noch höherem inneren Spannungsdruck.

Am 25. Juni 2004 präsentierte dann die designierte Parteiobfrau Haubner die neuen Regierungsmitglieder. Ausgetauscht wurden nicht, wie erwartet (und im Falle Haupt sogar öffentlich angekündigt), Sozialminister Haupt und Staatssekretär Schweizer, sondern Justizminister Böhmdorfer und Gesundheits-Staatssekretär Waneck. Der eigenwillige und für die Regierung schwer kalkulierbare Minister wurde durch Karin Miklautsch, eine politisch bisher nicht in Erscheinung getretene und nicht der FPÖ angehörige Juristein im Kärntner Landesdienst. Laut der designierten Parteiobfrau Haubner eine "frauenpolitische Ansage"[5]. Neuer Staatssekretär wurde Eduard Mainoni, bisher Nationalrat und Verkehrssprecher der FPÖ und engagierter "Knittelfelder", und zwar im Infrastrukturministerium (derStandard-online 25.06.04). Gemessen an diesem Ergebnis waren die tosenden Runderneuerungsankündigungen der Tage davor viel Lärm um nichts. Entsprechend enttäuscht auch die Parteirechte um Mölzer und Stadler, die nun darauf verwiesen ist, ihren Einfluss über Parteipositionen sicherzustellen. E. Stadler, FP-Volksanwalt und berüchtigter Sonnwendfeuerredner ("angebliche Befreiung 1945"), hat bereits seine Kandidatur angemeldet (derStandard-online 30.06.04). Der für den 3. Juli 2004 vorgesehene Erneuerungs-Sonderparteitag verspricht so zum show-down zwischen rechtsextremistischen Fundis und rechtspopulistischen Realos zu werden.

Die KontrahentInnen konnten sich im Vorfeld in hektischen Beratungen dann doch noch auf einen Kompromiss verständigen: Der Wiener Exponent der Parteirechten Strache und der oberösterreichische Vertrauensmann Haubners Steinkellner wurden als Obfrau-Stellvertreter und der Kärntner Haider-Schützling und Knittelfelder U. Scheuch als Generalsekretär nominiert, und Stadler konnte durch das Angebot der Leitung der Parteiakademie und der Kooptation in den Vorstand von einer Kandidatur als Vizeobmann abgebracht werden (derStandard-online 03. 07.04). Ende August wurde dann auch der einzige verbliebene EU-Abgeordnete Mölzer in den Parteivorstand kooptiert (derStandard-online 25.08.04). So konnte der Vormarsch der "extremen Elemente" in der Partei ohne offenes Kräftemessen relativ unauffällig erfolgen.

Erste inhaltliche Kampfansage Haiders: Die Pensionsreform bedürfe "für die Masse der ASVG-Versicherten … noch einmal einer sozialen Korrektur". H. Haupt, selbst ressortzuständig für die Pensionsreform, sekundierte prompt: es sie sinnvoll, "endlich Gerechtigkeit herzustellen" (derStandard-online 17.06.06).

Die politische Debatte um die Pensionsharmonisierung im Juli 2004 bot dann der FPÖ Gelegenheit, ihre Ankündigung umzusetzen und einmal mehr zum Zweck der Eigenprofilierung und zum Ärgernis des Koalitionspartners das bereits erprobte Doppelspiel von Regierung und Opposition zu praktizieren: 1. Spielzug:  Schüssel, Bartenstein, Haubner und Haupt präsentieren eine scheinbar gemeinsame Regierungsvorlage und feiern sie als "großen Wurf". 2. Zug: nachdem die Opposition die Hauptschwächen des Entwurfs - u.a. das empfindliche Abschlagssystem für SchwerarbeiterInnen bei vorzeitigen Pensionsantritt - aufgedeckt und Schüssel den Entwurf als im Kern nicht mehr verhandelbar erklärt hat, versuchen Scheuch und Haider, den Widerstand für sich zu vereinnahmen, erklären den Entwurf zur bloßen "Verhandlungsgrundlage" und fordern ultimativ die Rücknahme der Abschläge (derStandard-online 12.07.04 – 18.07.04). Daraufhin gab sich auch der ÖAAB kämpferisch, und so mussten die Verhandlungen auf Regierungsebene wieder aufgenommen werden. Erst am 7. September 2004 konnte sich die Regierung auf eine Gesetzesvorlage mit einer schonenderen Schwerarbeiterregelung einigen (derStandard-online 07.09.04).

Im September 2004 benutzte Haider dann einen Rohbericht des Rechnungshofes, in dem überteuerte und nicht Richtlinien-konforme Auftragsvergaben seitens des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger im Zusammenhang mit der Einführung der Chip-Karte angeprangert wurden, zur Profilierung auf Kosten der eigenen Regierung (derStandard-online 06.09.04).

Als die FPÖ dann bei den Vorarlberger Landtagswahlen am 19. September 2004 den bisher stärksten Stimmenverlust hinnehmen musste, sah J. Haider abermals das Heil in der Rückkehr zum von ihm bestimmten Kurs vor der Regierungsbeteiligung: Die "alte Politik von 1986 bis 1999" müsse wieder belebt werden. Es sei kein Wunder, dass der andere Koalitionspartner Wahlen gewinne, wenn man selbst ein "liebevoller Koalitionspartner" sei (derStandard-online 20.09.04).

Die erste Gelegenheit für diesen Schritt zurück in die Zukunft bot dann die Verhandlungen des Gesundheitspakets im Oktober/November 2004: Wie die SPÖ so sprang auch die FPÖ von dem bereits zwischen Bund und Ländern paktierten auch einnahmeseitige Maßnahmen beinhaltenden Vorhaben ab: es dürfe keine zusätzlichen Belastungen geben. Letztendlich wurden die Gebührenerhöhungen in abgemilderter Form aber doch vom Ministerrat beschlossen (derStandard-online 27. – 31.10.04, 11.11.04) und am 9. Dezember 2004 vom Nationalrat verabschiedet (derStandard-online 09.12.04).

Nächster Fall: die geplante Abänderung der Einlagensicherung im Konkursfall im Bankwesengesetz im Dezember 2004, derzufolge der gesicherte Vermögensbetrag zwar von 20.000.- auf 30.000.- Euro erhöht, dafür aber ab einer Höhe von 7.000 .- Euro ein SparerInnen-Selbstbehalt von 10 % eingeführt werden sollte – ein klarer Nachteil für die/den "kleine SparerIn": Haider erklärte, die FP werde hier nicht mitziehen, und prompt verweigerten die FP-MinisterInnen Miklautsch und Haupt im Ministerrat ihre Zustimmung (derStandard-online 21.12.2004).

Seit Anfang 2005 häuften sich in den Medien wieder einmal die Spekulationen um eine Rückkehr Haiders in die Bundespolitik – sei es an der Spitze der FPÖ, sei es als Gallionsfigur einer neuen Partei (derStandard-online 12.01.05, News Networld 20.01.05, ORF ON 22.01.05). Tatsächlich wurde dann aber beim Neujahrstreffen der FP am 23. Jänner 2005 andere Weichen gestellt: Haiders Schwester Ursula Haubner ist ab sofort nicht nur BPO, sondern auch Sozialministerin, und der bisherige Sozialsprecher der FPÖ, der Kärntner Sigisbert Dolinschek Sozialstaatssekretär. Ansonsten war das Treffen vom Aufrufen zur Einheit, zur Besinnung auf die FPÖ-Kernthemen und von Versuchen der Abgrenzung gegenüber dem Regierungspartner durch Angriffe gegen Schüssel und die ÖVP geprägt (derStandard-online 24.01.05).

Nachdem die FPÖ am 7. März 2005 bei den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen  erneut  mehr als halbiert worden und von 7,9% auf 3,3% Stimmenanteil und damit hinter die Grünen (Zunahme um 1,3 % auf 3,8 %) zurückgefallen war, kam es erneut zu einer Krisensitzung des FP-Bundesvorstands in Klagenfurt. Nachdem die bisherige Strategie der Einbindung der extremen Partei-Rechten Gudenus, Mölzer, Stadler und Strache, wurde nun die entgegengesetzte Strategie erprobt: Nach einer stundenlangen nächtlichen Sitzung wurden die Rechtsextremen zwar nicht, wie von Haider ventiliert, im Zuge einer Neugründung aus der Partei entfernt, die "Störenfriede" wurden aber immerhin aufgefordert, den Parteivorstand zu verlassen, und sie haben dies auch – "freiwillig", wie die Betroffenen betonten – getan. Gleichzeitig wurde ein sechs-köpfiges Gremium, bestehend aus Gorbach, Haider, Haubner, Kabas, Scheibner und Scheuch, eingesetzt, um die Neuorientierung der Partei vorzubereiten (ORF ON 08.03.05). Im Vorstand der "FPÖ neu" (Haubner) hat so nunmehr die Regierungsfraktion das Sagen, die Partei selbst bleibt freilich rechtsextrem durchwachsen. Die Spitze kann nun bis auf weiteres geschlossener agieren, aber auch die rechten IdeologInnen können sich nun noch unbekümmerter und unbelasteter gegen die rechten "PragmatikerInnen" profilieren, und die Kluft zwischen Teilen der Parteibasis und  -spitze ist wieder so groß wie zu Riess-Passers Zeiten vor dem Ende der ersten Wendekoalition.

Als Stadler und Strache dann am Dienstag die Vorgangsweise Haiders und der Regierungsfraktion mit bissigem Hohn kommentierten (sie wollten dem "Haider-Dream-Team nicht im Wege stehen" und erwarteten sich nun "Wahlerfolge am laufenden Bande"), preschte Haider erneut vor und erklärte in einem Mediengespräch, dass die FPÖ nun doch neu gegründet werden soll, um "bestimmte Gruppen hinter sich zu lassen". Das gesamte Regierungsteam und die Führungsspitze der Partei sowie die überwiegende Mehrheit des Freiheitlichen Parlamentsklubs würden in die neue Partei übertreten. Auch die Mehrheit der Landesgruppen werde dies unverzüglich geschlossen tun. Damit werde auch der Fortbestand der schwarz-blauen Koalition "sichergestellt sein". (APA OTS 08.03.05, derStandard-online 08.03.05,ORF-ON 08.03.05). Am Abend des 8. März schob Haider dann in einem ORF-Interview zur Bekräftigung seiner Forderung die Drohung nach, dass sich andernfalls "in absehbarer Zeit etwas ereignen" werde, nämlich die Gründung einer "neuen Bewegung in Österreich, die den Menschen Antworten auf ihre Fragen gibt": Also Spaltung der FPÖ, wenn nicht durch Neugründung und Trennung von den ideologischen "FundamentalistInnen", dann durch Auszug der pragmatischen PopulistInnen – die Partei hat die Wahl.

Tags darauf dann doch wieder anders: Neugründung nur dann, wenn die Neuorientierung mit klaren Vorgaben unter dem Motto "Arbeit schaffen" und einem autoritativen Durchgriffsrecht der Parteiführung an einem Sonderparteitag Ende April keine Mehrheit findet (derStandard-online 09.03.05).

Bemerkenswert an diesem für die FPÖ durchaus normalen Drama ist die Selbst-Positionierung Jörg Haiders. Der bisherige Hauptstörenfried schlüpft in die Rolle des Friedensmissionars, der Mann, der den Nationalsozialismus verharmlost, der SS-Traditionalisten seine Ehrerbezeugung erwiesen, Sadam Hussein bewundert und in zynischer Weise mit antisemitischen und fremdenfeindlichen Gefühlen gespielt hat, und der der slowenischen Minderheit hartnäckig ihre verfassungsmäßigen Rechte verweigert, geriert sich als Vorkämpfer gegen rechte Ideologie.

Wie auch immer: die 2002 in Knittelfeld in Gang gesetzte Selbst-Dezimierung und Selbst-Zerstörung der FPÖ durch die Wendung der für sie charakteristischen Ausgrenzungsdynamik nach innen treibt einem neuen Höhepunkt entgegen. Mittlerweile rüsten die KontrahentInnen für das möglicherweise finale Show-Down: die einen, Haider und Co., mit dem Programmentwurf "Arbeit schaffen", die anderen, Strache und Co., mit einem Gegen- bzw. Ergänzungsentwurf (derStandard-online 10.03.05) und mit einem wehleidig-vorwurfsvollen Brief gegen J. Haider: "Du hast bewährte Mitstreiter missbraucht und verraten … , dich wiederholt vor der Führungsverantwortung gedrückt und die Gesinnungsgemeinschaft … der Lächerlichkeit preisgegeben") (derStandard-online 11.03.05). Der Brief hat Haider offenbar so beeindruckt, dass er sich unter der Voraussetzung, dass "die Führungsmannschaft dies geeint wolle" und ihm das geforderte "Durchgriffsrecht" eingeräumt wird, zur Übernahme der FPÖ bereit erklärt hat (der Standard-online 12.03.05).

Dann am 17. März ein weiterer Knalleffekt in der FPÖ: Die FPÖ Kärnten gab bekannt, Mölzer, der die Vorgehensweise von Haider und der Bundespartieleitung mit höhnischen Kommentaren bedacht hat, aus der Landesorganisation ausgeschlossen zu haben, und Haubner kündigte seinen Ausschluss auf Antrag Kärntens aus der Bundespartei an – wohlgemerkt nicht wegen extremer Rechtsabweichung und Nationalismus (Haider: die nationale Linie sei ja bei ihm "selbst in guten Händen"), sondern wegen "parteischädigenden Verhaltens", sprich wegen - in einer sich zunehmend autoritär gerierenden Partei ungebührlicher - Kritik an der Führung und deren Kurs. Mölzer hat seinerseits Berufung und gerichtliche Schritte gegen diese Entscheidungen angekündigt (derStandard-online 17.03.05).

Dann weiter Schlag auf Schlag: Mölzer-Freunde in der Kärntner FPÖ sammeln Unterstützungserklärungen für Mölzer, der Wiener Frontmann Strache kritisiert den Ausschluss, erklärt sich zur Kandidatur bereit, und seine Landespartei beantragt bei der Bundespartei eine Prüfung der Frage, ob nicht Haiders Drohung, eine neue Partei zu gründen, ihrerseits "parteischädigendes Verhalten" darstellt. Dann erklärt Schöggl, der Vorsitzende der bei den Gemeinderatswahlen am 13. März ebenfalls schwer geschlagenen steirischen FPÖ, seine Landesgruppe wünsche sich Haider als BPO, aber bereits Stunden später wird dies von anderen steirischen Freiheitlichen als "persönliche Meinung" relativiert und dementiert; dann in der ORF-talk-show "offen gesagt" FP-Generalsekretär Scheuch für Haider und Mölzer für Strache als zukünftigen FP-Chef (ORF ON 18. – 20.03.05).

Dazwischen aber auch direkte Kontakte zwischen den Galionsfiguren der beiden Fronten, Strache und Haider zur Sondierung der Möglichkeiten eines "Schulterschlusses" (derStandard-online 22.03.05), Stimmen aus Wien, die die Flöhe wieder im Sack und Haubner weiter als Parteiobfrau haben wollen (derStandard-online 23.03.05).

Dann wieder weiter in der Mobilmachung gegeneinander: Scheibner für Haider oder Haubner und gegen Strache, ein Plädoyer vierer prominenter Altvorderer gegen den Ausschluss von Mölzer, und die Ankündigung Straches, im Vorstand der Bundespartei am 29. März einen Antrag gegen den Ausschluss Mölzers einzubringen (derStandard-online 24. – 28.03.05).

Am 29. März dann die ominöse Vorstandssitzung in Abwesenheit von Jörg Haider, mit einem Auszählungsergebnis von 15:7 Stimmen und einer (eigentlich als Ablehnung des Ausschlusses gemeinten) Stimmenthaltung für einen Ausschluss Mölzers. Das waren zwar nicht zwei Drittel der abgegebenen Stimmen, aber zwei Drittel der Voten, und das reicht nach Meinung eines Parteijuristen für den Ausschluss. Knapper hätte wohl das Ergebnis nicht ausfallen und deutlicher die innere Zerrissenheit der Partei nicht demonstriert werden können. Trotz des Pyrrhussieges am grünen Tisch helles Entsetzen bei der Regierungsfraktion. Mölzer wollte das natürlich nicht hinnehmen und hat eine Berufung beim Parteigericht angekündigt und Anwälte damit beauftragt, die Möglichkeit zu prüfen, bei einem ordentlichen Gericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Auch Strache und Stadler äußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses und ihre Enttäuschung darüber.

Aber auch das Wettrüsten um den Parteivorsitz und der Spaltungsprozess der FPÖ gingen in die nächste Runde: Während sich eine entnervte Haubner Bedenkzeit für ihre evtl. Wiederkandidatur ausbat und Kärntens Strutz wieder eine "neue Bewegung" in den Raum stellte und Haider davon abriet zu kandidieren - er wolle nicht zulassen, dass Haider in den FPÖ-internen Konflikt hineingezogen wird – empfahl sich Strache mit einem Parteitags-Antrag mit dem Titel ""Zurück zu den Werten - hin zu den Menschen" für höhere Partei-Weihen (derStandard-online 30.03.05). Auch das Szenario einer Spaltung – "FPÖ Neu" unter Haider und "FPÖ Alt" unter Strache – stand wieder im Raum. Weichenstellungen in diese Richtung hatte man auf den Landesparteitagen im Vorfeld des Bundesparteitags am 14. April erwartet(ORF On 01.04.05, der Standard-online 02.04.05).

Tatsächlich ging aber alles noch schneller – Gorbach, Haider, Haubner, Scheibner und Scheuch präsentierten bereits am 4.April in Wien ihr Neugründungsprojekt: Haubner legt den Vorsitz der FPÖ zurück, die Spitze der FPÖ verlässt die Partei und gründet eine neue "Bewegung" namens "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ), deren Führung soll Jörg Haider übernehmen. Mit diesem Zug gelang es Haider, seine Kontrahenten um Strache, mit dem er – offenbar um ihn in falscher Sicherheit zu wiegen - noch 14 Tage zuvor mit Unterschrift einen Pakt über die Einheit der Partei und eine Teilung der Funktionen geschlossen hatte, völlig zu überrumpeln. Als Grund für die Spaltung nannte Haubner, dass die "zerstörerischen Kräfte" in der FPÖ den von ihr gewollten "Schulterschluss" verweigert hätten. Alle freiheitlich gesinnten Personen seien eingeladen, in der neuen Bewegung mitzuarbeiten. Rasch verbreitete sich der Spaltpilz daraufhin in den Landesorganisationen: Kärnten und OÖ schlugen sich auf die Seite des BZÖ, Wien und Niederösterreich auf die Seite der Alt-FPÖ, die anderen waren zu überrascht, um sofort zu reagieren. Der schwarze Peter des interimistischen Vorsitzes der alten FPÖ fiel statutenmäßig auf das älteste Vorstandsmitglied, Hilmar "Hump-Dump" Kabas (derStandard, ORF On 04.04.05).

Das BZÖ ist laut Gründungsstatut offen für alle "Personen, Vereine und Organisationen im Sinne des Parteiengesetzes", die sich "zu einer wertorientierten, sozialen, freisinnigen, heimatbewussten Politik bekennen, in deren Mittelpunkt der Mensch steht" – eine Allerweltsformel mit durchaus FPÖ-bodenständigen, nationalen Hintergrund. Der Bündnisobmann hat weitgehende Befugnisse: er vertritt das Bündnis nach außen und hat die Letztentscheidung über Europaparlaments- und NationalratskandidatInnen und ein Mitspracherecht bei Landtagslisten. Für den Parteiausschluss eines Mitglieds oder Funktionärs genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss des "Bündnisteams", des Leitungsgremiums des BZÖ, bei einer Anwesenheit von mindestens 50 % (Wiener Zeitung 06.0405). Insgesamt ergibt sich das Erscheinungsbild einer trendy gestylten, (rechts-)populistisch orientierten, schlanken und flexiblen und durch die Obfrau oder den Obmann leicht steuerbaren Organisation. Der Steuermann und seine Crew werden nicht müde zu betonen, ihr Blick sei "in die Zukunft" gerichtet – um sich von der "vergangenheitsorientierten" Alt-FPÖ abzugrenzen, um aber auch von der eigenen dunklen, rechtsextremen Geschichte abzulenken. Dass die FPÖ-Neu bzw. das "BZÖ" und die Regierung nach Vollzug der Spaltung zur Ruhe kommen, ist freilich unwahrscheinlich, dann einerseits steht mit den Vorarlberger Gemeinderatswahlen der erste Dämpfer unmittelbar bevor, andererseits kann man davon ausgehen, dass auch das Spaltprodukt der im Prozess der Implosion befindlichen Ausgrenzerpartei FPÖ vom Spaltpilz infiziert ist, und mittelfristig noch heftig unter dessen Wucherungen leiden wird.

Wie dem auch sei: am 17. April fand in Salzburg der Gründungskonvent statt. Gleichsam per acclamationem wurden in offener Abstimmung Haider zum Obmann, Gorbach zum geschäftsführenden Obmann und Justizministerin Karin Miklautsch sowie die Wiener FPÖ-Abtrünnige Heike Trammer zu stellvertretenden Vorsitzenden gekürt. Auch ein Programm hat sich das BZÖ gegeben – mit Bekenntnissen

·         zu "soviel Freiheit wie möglich" und gegen die "menschenverachtende Systeme des 20. Jahrhunderts (Nationalsozialismus, Faschismus und Kommunismus)",

·         zu einem "fürsorglichen und ordnenden Staat", der den "missbrauchsanfälligen Sozialstaat" zu einem "sozialen Netz nach dem Vorbild der Familie" umgestaltet, der die Rahmenbedingungen einer "freien Wirtschaft" sichert und durch eine "differenzierte Flat Tax" Leistungsanreize schafft und der die heimische Wirtschaft vor unfairem Wettbewerb in der globalisierten Wirtschaft – z.B. durch "Billigproduktion durch Kinderarbeit" oder "Umweltzerstörung" – schützen soll,

·         zur steuer- und sozialrechtlichen Förderung der Familie "als Ort der Geborgenheit und des geistig-seelischen Ankerplatzes für Kinder",

·         zu "Heimatschutz" durch effiziente Strafverfolgung, eine moderne Sicherheitsexekutive, "rasch einsetzbare Streitkräfte" und Schutz der lebenswichtigen Infrastruktur,

·         zur Erhaltung und Sammlung des kulturellen Erbes sowie zur Bewahrung und Pflege der deutschen Sprache sowie der autochtonen Volksgruppensprachen" und

·         zu Erweiterung und Vertiefung der EU (BZÖ 18.04.05).

Ein bisschen Wettbewerb und Steuerparadies für Neoliberale, ein bisschen Nestwärme und Globalisierungskritik light für den kleinen Mann, ein bisschen Traditionspflege für die Nationalen, und ein (Lippen-) Bekenntnis zur EU für den Koalitionspartner und misstrauische Partnerstaaten – und keine rechtsextreme Terminologie.
Zwei Tage später wurde freilich offenbar, dass das Spaltprodukt BZÖ nicht so sehr auf Gesinnungswandel, als vielmehr auf unter-den-Tisch-Kehren einschlägiger Überzeugungen beruht: Siegfried Kampl, Kärntner BZÖ-Mitgänger, Bundesrat und ab Juli 2005 dessen Vorsitzender, bekannte sich in einem Interview zu einer Auffassung, die er bereits zuvor anlässlich der Debatte über Wehrmachtsdeserteure im Bundesrat kundgetan hatte: Wehrmachtsdeserteure seien "Kameradenmörder", und nach dem Krieg hätte es eine "Naziverfolgung" gegeben (derStandard-online 19.04.05). Hinter der Maske des vorwärts gewandten "Zukunftsbündlers" das hässliche Gesicht des ewiggestrigen Verharmlosers und Verdrehers der Rollen von Tätern und Opfern[6]. Empörte Reaktionen von der Opposition über den Bundespräsidenten bis zu christlich-liberalen Kreisen in der ÖVP, "persönliches Verständnis" aus Kreisen der BZÖ, beharrliches Schweigen von Schüssel und Khol … Auf Grund des öffentlichen Drucks und des Zuredens seiner Parteifreunde legte Kampl eine Woche später zwar doch sein Bundesratsmandat zurück, wurde aber bezeichnenderweise nicht aus dem BZÖ ausgeschlossen (derStandard-online 28.04.05). Einen Monat später hat er sich’s, zum Entsetzen vor allem der Oppositionsparteien, dann freilich doch wieder anders überlegt: Austritt aus dem BZÖ, aber Beharren auf dem Bundesratsmandat und dem (ihm turnusmäßig zufallenden) Bundesratsvorsitz (derStandard-online 30.05.05). Erst durch eine am 9. Juni 2005 auf Antrag aller Fraktionen einstimmig (FP-Abgeordnete Rosenkranz nahm an der Sitzung nicht teil) vom Nationalrat beschlossene Verfassungsänderung, die es den Landtagen mit Zustimmung der jeweiligen Mehrheitsfraktion ermöglicht, die Reihung ihrer Bundesräte zu verändern, wurden die Voraussetzungen geschaffen, um die internationale Peinlichkeit einer Bundesrats-Präsidentschaft Kampls zu verhindern (derStandard-online 09.06.05). Damit lag der Ball wieder bei Haiders BZÖ, der Mehrheitsfraktion des Kärntner Landtags. Nach der Verabschiedung der "Lex Kampl" durch den Bundesart (23. Juni) und ihrer Unterzeichung durch Bundespräsident Fischer (24. Juni) ist die Umreihung (Peter Mitterer statt Siegfried Kampl) am 29. Juni 2005 im Kärntner Landtag tatsächlich über die Bühne gegangen (derStandard-online 23.06.05, 24.06.05, 29.06.05).

Haider selbst, der "verantwortungsvolle Politiker" (Schüssel), nahm noch am Abend des Parlamentsbeschlusses den Ball in einem ZIB2-Interview in seiner Weise auf, nämlich indem er sich mit Kampls Nazi-Perspektive auf die Zeit des NS-Regimes und dessen Ende und mit dessen Täter-Opfer Umkehr identifizierte: Kampl habe sich "nichts zu  Schulden kommen lassen", sondern nur sein "Trauma" öffentlich gemacht, und wenn er vom Präsidentenamt zurückgezogen werde, dann seinem Schutz - damit sich die anderen Parteien nicht an "anständigen Menschen" wie ihm "die Füße abputzen" können. Er könne das beurteilen, denn er sei ja selbst ein "Nazi-Kind", dessen Mutter – so Haider in dreister Anspielung auf die berühmten Bilddokumente von der öffentlichen Demütigung von Wiener Juden im Jahr 1938 - "vor KZ-Häftlingen die Strasse putzen musste".

Das Spaltprodukt BZÖ tat sich in der Folge äußerst schwer, beim Wahlvolk und organisatorisch Boden unter die Füße zu bekommen: katastrophales Abschneiden bei den Landtagswahlen in der Steiermark und Wien, gar kein Antritt beiden Wahlen im Burgenland, Umfragewerte an der Schwelle der Wahrnehmungsgrenze (s. unten, Abschnitt 9.3.), Gründungskonvente im Jänner bis März 2006 in Niederösterreich, Vorarlberg, Burgenland, Salzburg und Tirol sollen Auftrieb geben (derStandard-online 20.01.06), in Kärnten wird durch das Schüren des Ortstafelkonflikts auf das für das BZÖ überlebensnotwendige Nationalrats-Grundmandat hingearbeitet (s. oben, Abschnitt zur Minderheitenpolitik).

Überdies läuft das BZÖ Gefahr, wegen Verwechslungsgefahr mit dem Bürgerrechtsverein "EBZÖ - Zukunft Österreich. Verein für langfristige Konzepte für eine gesicherte Zukunft Österreichs", seine Bezeichnung zu verlieren. Eine einstweilige Verfügung des OGH in diesem Sinne besteht bereits, ein Gerichtsverfahren mit der Zielsetzung, dem BZÖ seinen Namen zu verbieten, läuft bereits (derStandard-online 27.01.06)

Am 5. April 2005 gab dann Strache die Zukunftsperspektiven der Alt-FPÖ bekannt: Diese mache im alten Mantel FPÖ mit den Landesorganisationen von Wien, Niederösterreich, Salzburg, Burgenland und Tirol auf dem Boden der (rechtsextremen) Tradition in der Opposition weiter, und er selbst werde am Parteitag am 23. April als Obmann kandidieren. Strache stellte klar, dass in der FPÖ-Alt, anders als im BZÖ, eine Mitgliedschaft bei einer anderen politischen Partei nicht zulässig ist. Die Kärntner Spaltungsbetreiber Haider, Strutz und Scheuch wurden wegen "Gefährdung der Einheit" aus der FPÖ ausgeschlossen, weitere Ausschlüsse sollten folgen. Damit war das Match um die orientierungslose Masse der Mitglieder und Funktionäre der FPÖ eröffnet. Die FPÖ zerfiel sozusagen kreuz und quer – nach Ländern und in den Ländern. Besonders erbittert zunächst die Schlacht um Kärnten, in der sich zwei Parallelorganisationen um die legitime Nachfolge und den Markennamen stritten (derStandard-online 04. – 07.04.05). Noch heftiger die Auseinandersetzung in Oberösterreich, wo sich die Kontrahenten wechselseitig des "Putsches", der "Lüge" und sogar der "Geiselnahme" beschuldigten, gegenseitige Aussperrungsversuche unternahmen, und die Polizei zweimal mit Blaulicht anrückte (ORF On 18.04.05). Letztendlich entschied sich die Mehrheit für den dritten Weg, sich als unabhängige "oberösterreichische Freiheitliche" neu zu formieren (derStandard-online 22.04.05). Denselben Weg hat die Vorarlberger FPÖ – ungeachtet der Drohungen Straches, den Landesparteiobmann aus der FPÖ auszuschließen -  bei einem Parteitag am 27. April 2005 eingeschlagen (derStandard-online 28.04.05).

Am 23. April wurde dann tatsächlich Strache mit 90 % Zustimmung zum Obmann der ALT-FPÖ gewählt. VertreterInnen der übrigen acht Bundesländer, darunter Rosenkranz, Schöggl und Schnell, wurden zu StellvertreterInnen Straches, und Partik-Pable zur "Bürgeranwältin" gewählt. In seiner Rede rechnete Strache mit Haider ab ("Micheal Jackson der Innenpolitik") und verkündete die "Wiedergeburt der FPÖ". In einem Leitantrag unter dem Motto "Zurück zu den Werten – hin zu den Menschen" strich die FPÖ ihren Charakter als (neu-)rechte Grundsatzpartei heraus: national-chauvinistisch - sie sei die "Partei des Österreich-Patriotismus"; xenophob -  Österreich sei "kein Einwanderungsland"; gegen Multikultur - nicht alle Kulturen seien "ohne Beschädigung ihrer Substanz  miteinander vereinbar", Zuwanderer sollen daher nach einer "kulturellen und wirtschaftlichen Integrationsprognose" zu selektioniert und auf die "Anerkennung der Leitkultur" verpflichtet werden; EU-Skepsis – "die EU ist nicht unsere Heimat", Ablehnung der EU-Osterweiterung, keine Beitrittsverhandlungen mit der Türkei (FPÖ 24.04.05).   
Als ob die Alt-FPÖ ihre rechtsextreme "Natur" unterstreichen und das BZÖ in Sachen NS-Verharmlosung überbieten wollte, nahm sich zwei Tage später Bundesrat John Gudenus heraus, in erzrevisionistischer Weise die Existenz von Gaskammern in Zweifel zu ziehen. Einhellige Empörung und Rücktrittsaufforderungen, diesmal auch von Kanzler Schüssel – diesmal galt es ja (anders als im Fall Kampl) nicht, einen Koalitionspartner zu schonen; Gudenus’ Reaktion: Rückzug aus der FPÖ, aber kein Verzicht auf das Bundesratsmandat (ORF On, derStandard-online 26.04.05, 27.04.05). Nachdem Gudenus dann – anscheinend durch das Nicht-Einschreiten der Staatsanwaltschaft ermutigt - seine Zweifel zu einer expliziten Leugnung der Existenz von Gaskammern im "Dritten Reich" verschärft hatte (derStandard-online 08.06.05), wurde die Staatsanwaltschaft doch aktiv und stellte an den Wiener Landtag ein Auslieferungsbegehren (derStandard-online 13.06.05), dem am 29. Juni stattgegeben wurde (ORF On 29.06.05).  
Im März 2006 erklärten dann die freiheitlichen NR Hofmann, Neudeck und Partik-Pablé ihren Austritt aus der FPÖ. Den Anlass dafür bildete ein Konflikt über die Berechtigung der FPÖ, Fördergelder für die Partieakademie zu erzielen, im Zuge dessen die FPÖ, um die notwendigen fünf Unterschriften zu erhalten, angeblich Druck auf Abgeordnete ausgeübt. Eigentlich Ursache war aber wohl die Unvereinbarkeit von Regierungsarbeit mit dem FP-Kurs der Fundamentalopposition. Laut FPÖ Generalsekretär Kickl wurden dadurch "klare Verhältnisse geschaffen", die Partei läuft freilich nunmehr Gefahr, die Parteiakademienförderung zu verlieren. Die FPÖ plant bereits eine diesbezügliche Klage beim VFGH (derStandard-online 08.03.06, 09.03.06). Ende März 2006 wurde die Förderung dann tatsächlich gestrichen und im gegenzug die Klage der FPÖ dagegen eingebracht (derStandard-online 11.04.06).

In Zuge der erbitterten Konflikte zwischen Strache-FPÖ und dem Haider-BZÖ platzte freilich auch die frühere Selbstinszenierung der Freiheitlichen als Kämpfertruppe gegen Privilegienritter und für den "kleinen Mann" wie eine Seifenblase: Es stellte sich heraus das all die Saubermänner und –frauen und Robin Hoods von Haider über Riess-Passer und Gaugg bis zu Rumpold und Sychrowski Euro-Millionen-Beträge – zu einem guten Teil aus der öffentlichen Parteienförderung - für das rechtspopulistische Spektakel umgesetzt hatten (Profil 27.06.05). Angesichts des Imageeinbruchs des BZÖ zog Haider zwischenzeitig - getragen von der Überzeugung, dass "die Marke Haider doch noch etwas wert" ist - in Erwägung, bei den nächsten Wahlen unter der Bezeichnung "Liste Haider" anzutreten (derStandard-online 20.07.05).

Auch die Wahlgängen der Länder Steiermark, Burgenland und Wien im Herbst 2005 waren Schauplatz des Duells der verfeindeten Spaltprodukte. Die FPÖ suchte den Erfolg mit ihrer traditionellen Kernkompetenz: AusländerInnen- und Minderheitenfeindlichkeit, das BZÖ (sofern es nicht, wie im Burgenland, überhaupt auf einen Antritt verzichtete) mit Haider als Gallionsfigur – beide mit sehr mäßigem Erfolg: Die FPÖ wurde – mit Ausnahme Wiens, wo sich die Strache-FPÖ mit einem betont Ausländer- und Türkei-feindlichen Wahlkampf überraschend gut behaupten konnte - weiterhin halbiert, und das BZÖ verpasste mit Abstand den Einzug in die Landtage (derStandard-online 03.10.05, 10.10.05, 24.10.05). Zwei Tage nach der letzten Wahl in Wien erklärte Jörg Haider prompt einmal mehr seinen Rückzug aus der Bundespolitik (derStandard-online 26.10.05) …   
Nach den Wahlen in den Bundesländern Steiermark, dem Burgenland und Wien im Herbst 2005 schlug das Pendel im Kampf um die Landesorganisationen doch zugunsten der FPÖ aus: im Jänner 2006 schloss sich auch die Oberösterreichische FPÖ und am 24 März die FPÖ Vorarlberg wieder der Strache-FPÖ an (derStandard-online,  14.01.05, 24.03.06).
Mit einem personellen Schachzug hat das BZÖ dann im Mai versucht, im Kampf um das freiheitliche WählerInnenpotential zu punkten: Am 22. Mai 2006 wurde Peter Westenthaler zum Bündnis-Obmann und Spitzenkandidaten für die Nationalratswahl 2006 gekürt. Damit wurde der Bogen vor Knittelfeld zurück zum Höhepunkt der freiheitlichen Macht geschlagen und ein völkisch motivierter fremdenfeindlicher Ideologe - als FP-Klubobmann hat er immerhin das Kindergeld als Instrument gegen Zuwanderung angepriesen und das "Recht auf Heimat" über das Menschenrecht auf Familienzusammenführung gestellt und Meister aggressiver Kampfrhetorik gegen politische KontrahentInnen (Westenthaler hat so etwas wie das Copy Right auf "Sanktionszeit"-Termini wie "Österreich-Vernaderer" und "Champagnisierer") in die politische Arena zurückgeholt. Das alten FP-Ausländervolksbegehrens-Zeiten entlehnte Motto seines Antritts: "Österreich zuerst" (derStandard-online 22.05.06).

Am 7. Juni 2006 der nächste Schlagabtausch zwischen den feindlichen Brüdern. Anlass: eine mögliche Spitzelaffaire – diesmal begangen von blau an orange. Das Nachrichtenmagazin News berichtete von einer angeblichen Bespitzelung Jörg Haiders im Auftrag der FPÖ. Im BZÖ war umgehend von "Menschenverachtung" und "Gestapomethoden" die Rede, für die FPÖ war zunächst alles nur ein Produkt Haider’schen Verfolgungswahns; später verlegte man sich dann auf die Version "von Haider selbst inszeniert" (derStandard-online 07.06.06ff.).

Im Sommer 2006 entbrannte dann kurz vor den Wahlen ein Streit um das Prädikat "freiheitlich" und die Markenfarbe blau: das BZÖ nennt seine Liste "Die Freiheitlichen – Liste Westenthaler", bezeichnet sich selbst als "das Original" und setzt in Werbung verstärkt auf blau und will die Vertretung der "Freiheitlichen" in den Wahlbehörden stellen und auf dem Stimmzettel  am "freiheitlichen" dritten Platz vor der FPÖ aufscheinen, die FPÖ hingegen beansprucht den Begriff "Freiheitlich" exklusiv für sich und beharrt ihrerseits auf dem Sitz in den Wahlbehörden sowie auf den dritten Platz auf dem Stimmzettel. Der Streit wird auch auf juridischer Ebene ausgetragen: die FPÖ will den Begriff durch eine einstweilige Verfügung gerichtlich schützen lassen, den VFGH bemühen und die Wahlen allenfalls nachträglich anfechten (derStandard-online 06.08.06, 10.08.09).

Am 21. August wurde dann die Entscheidung des Ministerrats über die Vertretung der Freiheitlichen in der Bundeswahlbehörde und in den Landeswahlbehörden bekannt: den Zuschlag erhielt auf Vorschlag des Innenministeriums - rechtlich fragwürdig, aber politisch nicht wirklich überraschend - wegen der angeblichen größeren "Kontinuität der freiheitlichen Identität" das BZÖ, das nunmehr trotz oder gerade wegen der hohen Verwechslungsgefahr auch mit dem dritten Platz auf dem Stimmzettel rechen kann  - für die FPÖ ein "glatter Rechtsbruch", den man sofort vor dem Höchstgericht einklagen werde. Eine Anfechtung wäre für die FPÖ rechtlich zwar erst nach der Wahl möglich, es stünde dann allerdings weit mehr auf dem Spiel als die Zusammensetzung der Bundeswahlbehörde: von der Anfechtung wäre nämlich die gesamte Wahl betroffen (derStandard-online, ORF On 21.08.06, 22.08.06). Bemerkenswerterweise hat die Bundeswahlbehörde dann aber am 30. August mit großer Mehrheit (dagegen waren nur das BZÖ und die Grünen) entschieden, dass doch die FPÖ den dritten Listenplatz erhält.

Indessen bemühte sich das BZÖ selbst und namentlich Westenthaler auch selbst nach Kräften, sich in Form und Inhalt als die "echten Freiheitlichen" zu erweisen. Exemplarisch dafür die fremdenfeindlichen Exzesse und das rücksichtslose und irreguläre, alle Regeln der Verständigungsorientierung, der rationalen Argumentation und des Anstands zu missachtende und ausschließlich auf erfolgreiche Selbstbehauptung, Mobilisierung von Ressentiments und demonstrative Missachtung der Gesprächleiterin bedachte Gesprächverhalten Westenthalers im ORF-Sommergespräch am 22. Juli 2006.

Bemerkenswert auch die Bundes- und Landeslisten der FPÖ-KandidatInnen für die Nationalratswahlen: Sie kommt einem "Aufmarsch der Burschenschafter" (Öllinger) gleich und liest sich wie das "Who is Who" der extremen Rechten in Österreich (derStandard-online 17.08.06).

Anfang September 2006 dann ein weiterer Etappensieg der FPOE: Dem BZOE wurde durch eine einstweilige Verfuegung die Fuehrung des Namenszusatzes "Freiheitlich" gerichtlich verboten (ORF On 05.09.06).

Aber nun zu den Auswirkungen der Spaltung auf die Wendekoalition: Nach Bekanntwerden der Spaltung der Freiheitlichen forderte die Opposition im Hinblick auf die zu erwartende Instabilität der Regierungskoalition Neuwahlen. Die SPÖ freilich fiel – mit dem Klotz der Kärntner rot-blauen bzw. -orangen Koalition am Beim – mit dieser Forderung prompt auf die Nase: Schüssel konnte Gusenbauer am 12. April im Parlament mit den Worten von Ambrozy antworten: "die Regierung hat eine stabile Mehrheit – kein Grund für Neuwahlen" (derStandard-online 12.04.05).

Um die Koalition braucht man sich nach Regierungsdarstellung freilich keine Sorgen zu machen. Reinhold Lopatka, Generalsekretär der ÖVP, gab diesbezüglich sogar in einer Pressekonferenz eine Bestandsgarantie ab, wobei er nicht ohne Selbstironie andeutete, dass der Wert der Garantie sich erst noch später herausstellen werde (derStandard-online 11.03.05). Ein Zweckoptimismus, der mangels Alternativen für die ÖVP nicht weiter überraschend kommt. Auch Haider hat eine Garantie dafür abgegeben, dass die Regierung hält (derStandard-online 12.03.05). Ähnlich optimistisch eine Woche später auch Kanzler Schüssel (derStandard-online 21.03.05). Auch nach der Vorstandsitzung der FPÖ am 29. März demonstrierten die ÖVP Regierungsmitglieder vom Kanzler abwärts weiter Gelassenheit, Clubobmann Molterer deutete allerdings am 31. März im ORF erstmals an, dass ein Führungswechsel in der FPÖ zu Strache für die Regierung doch ein Problem wäre: "Unsere Partner heißen Ursula Haubner, Hubert Gorbach und Herbert Scheibner", und:  "Wer noch nicht einmal in einer Wahl bestätigt hat, ob er etwas kann, wenn der jetzt gute Tipps gibt, das weiß ich nicht, ob das der richtige Maßstab ist." Auf die Frage, ob er damit Strache meine, meint Molterer: "Sie liegen nicht ganz falsch" (derStandard-online 31.03.05).

Nach Abspaltung der FPÖ Neu bzw. des "BZÖ" forderte die Opposition sofortige Neuwahlen, und auch für die ÖVP waren Neuwahlen nicht ausgeschlossen. Molterers Wunschpartner Gorbach bekannte sich seinerseits bereits bei der Kundgabe der FPÖ-Neu- bzw. "BZÖ"-Abspaltung im Namen des gesamten Ex-FPÖ-Regierungsteam zur Regierungsbeteiligung (ORF On 04.04.05) – ohne freilich zu diesem Zeitpunkt garantieren zu können, dass die parlamentarische Mehrheit der Koalition durch den Spaltungsprozess der FPÖ hindurch erhalten bleibt. Nach einem Treffen Haiders mit Schüssel und einer Abstimmung im Ex-FP-Parlamentsclub am 5. April, die ein Votum für die Fortsetzung der Regierungsarbeit bzw. die BZÖ-Option bei nur zwei Enthaltungen ergab, Erleichterung bei der ÖVP: doch nur alter Wein in neuen Schläuchen - die Regierungsmehrheit schien gesichert, und Molterer gab die Fortsetzung der Koalition bekannt. Ungewiss blieb freilich, ob die Regierung auch im Bundesrat die Mehrheit behält, oder sich darauf einstellen muss, den zeitaufwendigen Umweg des Nationalrats-Beharrungsbeschlusses gehen zu müssen (derStandard-online 05.04.05).

Auch Kanzler Schüssel attestierte Haider, dem Sprengmeister der ersten blau-schwarzen Koalition und notorischen Hauptstörenfried der Regierungsarbeit, der seit Jahren die Umsetzung eine Verfassungsgerichtsurteils blockiert und bei seinem  Abspaltungsprojekt auch vor einem Vertragsbruch nicht zurückschreckte, ein "konstruktiver Partner" zu sein und eine "absolut korrekte Politik" zumachen. Auf die Möglichkeit einer Belastung der bevorstehende österreichische EU-Präsidentschaft durch die Regierungsbeteiligung des Haider-BZÖ angesprochen, griff Schüssel auf den aus der Zeit der so genannten "EU-Sanktionen" geläufigen völkisch-austrochauvinistischen Propagandatrick zurück, Österreich-patriotische Gefühle für seine Regierungsmachtspiele zu mobilisieren und zu vereinnahmen: er würde sich in diesem Fall "schützend vor Österreich stellen" (ORF-Report am 05.04.05).

Der Start der neugefärbten Wendekoalition bestätigte freilich die Zweifel an der Stabilität: Ein Misstrauensantrag der Opposition wurde zwar erfolgreich abgewehrt, mehrere Abgeordnete der FP/BZÖ-Regierungsfraktion – darunter Böhmdorfer, Prinzhorn und Rosenkranz – verweigerten jedoch die Unterschrift auf die von der ÖVP geforderte Garantieerklärung, die eine, weil sie sich zur FPÖ bekennt, die anderen, weil sie das Regierungsprogramm sowieso bereits vor zwei Jahren unterschrieben hätten. Und Haider erklärte, dass sich die Garantie für den reibungslosen Ablauf der EU-Präsidentschaft, die Schüssel vom BLZ gefordert hatte, nur auf organisatorische Abläufe, aber nicht auf politische Inhalte beziehe (derStandard-online 06.04.05, 07.04.05). Macht nichts, erklärte daraufhin Molterer, eine Abstimmung im Club der (Ex-) FPÖ und der Handschlag von Clubobmann Scheibner reiche als Garantie.

In der Folgewoche behauptete sich die Regierungsmehrheit dann tatsächlich wiederum geschlossen bei der Abstimmung über das Budget, am 12. April ließ jedoch Alt-FPÖ-Vorsitzender Kabas damit aufhorchen, dass mindestens fünf freiheitliche Abgeordnete - Böhmdorfer, Bösch, Hofmann, Prinzhorn und Rosenkranz - einen eigenen Parlamentsclub bilden könnten (ORF-Report am 12.04.05) – damit hätte der Spaltpilz auch den freiheitlichen Parlamentsclub erfasst. Bis auf weiteres bleibt jedoch die Einheit des Clubs gewahrt, nach dem Motto "getrennt marschieren, vereint schlagen". Sollte das jedoch nicht funktionieren, werde man, so Bösch, andere Schritte – sprich: die Spaltung des Clubs – überlegen müssen (ORF On 13.04.05.).

Die Instabilität der "bürgerlichen Regierung", die es angeblich braucht, damit "Rot-Grün nicht alles zerstört, was wir aufgebaut haben" (Gehrer), zeigte sich am 14. April im Bundesrat: dort fand ein Neuwahl-Antrag der Opposition mit Unterstützung der FPÖ (John Gudenus) überraschend eine Mehrheit  (ORF On 15.04.05) – ein demonstrativer Akt der "rechtsextremen Elemente" der FPÖ (EU-Weisenbericht) um aufzuzeigen, dass in der angeblich bürgerlichen Regierung auch weiterhin ohne ihre Zustimmung nichts geht. Was die Koalitionsvertreter als "unerfreulichen" (Scheibner) "Einzelfall" (Lopatka) abtun, war in Wahrheit ein "Schuss vor den Bug" (Strache), der die Regierung zur Einbeziehung der Altfreiheitlichen zwingen soll (derStandard-online 15.04.05). In einem weiteren demonstrativen Akt des Bruchs mit der Koalition hat sich dann die alt-freiheitliche Abgeordnete Rosenkranz als der Verpflichtung "für ledig" erklärt, mit der Regierung zu stimmen. (derStandard-online 18.04.05).

Beim der nächsten Testfall – Antrag der Opposition auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Beschaffung von Abfangjägern – stimmte die freiheitliche Parlamentsfraktion trotz Aufforderung von Strache an alle Nicht-BZÖ-Mitglieder, diesen Antrag zu unterstützen, allerdings wieder mit einer Ausnahme (Rosenkranz) im Sinne der Regierung dagegen (derStandard-online 27.04.05). Angesichts der Gefahr, bei allfälligen Neuwahlen Stimmen und Sitze zu verlieren, hält der Selbsterhaltungstrieb den Wunsch, die Koalition in die Luft zu sprengen, in Schach. In diesem Sinne könnte Schüssel mit seiner Diagnose, die Koalition sei stabil, Recht behalten.

Im parlamentarischen "Sommerloch" 2005 dann doch wieder ein Stück (Schein-)Konfrontation zwischen den Koalitionspartnern BZÖ und ÖVP: das BZÖ verabschiedete in Kärnten ein Forderungspaket, das im Hinblick auf die bevorstehende EU-Präsidentschaft Österreichs u.a. einen Erweiterungsstop und die Abkehr von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und im Hinblick auf Österreich die Forderung nach einer neuerlichen Steuerreform enthielt (derStandard-online 25.07.05), dem Kanzler Schüssel prompt via Rundfunkinterview eine Absage erteilte (derStandard-online 27.07.05).

Die Landtagswahlen im Herbst 2005, die neben Oppositionserfolgen vor allem die völlige Resonanzlosigkeit des BZÖ ans Licht brachten, haben naturgemäß zu einem noch engeren Zusammenrücken der Wendekoalition geführt. Latenten Sprengstoff barg freilich das starke Lebenszeichen der rechtsextremen FPÖ bei den Wiener Landtagswahlen. Wie die Politik auch und gerade der ÖVP in der Frage der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, in der Ausländerpolitik und im Staatsbürgerschaftsrecht zeigten, versuchte die ÖVP die blau-freiheitlichen WählerInnen und Abgeordneten ihrerseits durch eine ausgeprägt rechte Positionierung auf Regierungskurs zu halten (s. die einschlägigen Abschnitte im vorliegenden Text).

Das BZÖ war indessen bestrebt, seine Marginalität und Unscheinbarkeit zu überwinden. Das BZÖ ließ wissen, dass es "nicht mehr akzeptieren" werde, dass die ÖVP bei allen orange Themen, von der Schwerarbeiterregelung über Tempo 160 bis zur Ausweitung des Kindergeldes, blockiere, und drohte dem Koalitionspartner mit Querschüssen während der EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 und mit Widerstand gegen ÖVP-Liebkinder (derStandard-online 18.11.05). Kanzler Schüssel versuchte gleichzeitig, mit lobenden Worten für den schwächelnden rechtspopulistischen Juniorpartner Öl auf die Wogen des aufgewühlten Koalitionsklimas zu gießen: die Zusammenarbeit mit dem BZÖ funktioniere "erstklassig", die Position Haiders in der Ortstafelfrage sei "völlig richtig", und auch damit, dass die aktuelle Arbeitslosigkeit mit Zuwanderung und Einbürgerungen der letzten Jahre zusammenhänge, habe das BZÖ recht (ORF On 18.12.05).

Am 28. Februar dann eine bemerkenswerte Entwicklung in Kärnten: Die Koalition zwischen BZÖ und SPÖ, die vor allem seit dem Wechsel des Parteivorsitzes von Ambrozy zur Schaunig-Kandut immer brüchiger geworden war, hatte zwar über alle Eskapaden Haiders in der Ortstafelfrage gehalten, scheiterte aber anlässlich der Beschlussfassung über die "Kärntner Lebenssicherung": Die FPÖ hatte gegen die Zustimmung der SPÖ mit der ÖVP die Einführung eines Geburtengeldes beschlossen (derStandard-online 28.02.06). Eine Chance der SPÖ, wieder aus dem Schatten Jörg Haiders zu treten.

Anlässlich einer Landtagsdebatte über mögliche Neuwahlen in Kärnten wurde einmal mehr das bedenkliche Verhältnis des BZÖ zu Rechtsstaat und Demokratie deutlich: Präsident Freunschlag (BZÖ) verweigerte Schaunig als Regierungsmitglied das Rederecht mit der Begründung, dass Wahlen in die Zuständigkeit des Landeshauptmanns fielen. LH Haider nutzte dann sein exklusives Rederecht ungeniert für persönliche Angriffe gegen Schaunig aus. Übrigens: Da die ÖVP nicht bereit ist, einen Neuwahlantrag der SPÖ zu unterstützen, wird es wohl auch kaum zu vorzeitigen Neuwahlen kommen (derStandard-online 09.03.06).

Der  nächste Schlagabtausch Haider – Schüssel bzw. Regierung – BZÖ spielte sich dann im Frühjahr 2006 im Vorfeld der Nationalratswahlen im Herbst und vor dem Hintergrund der konstant niedrigen öffentlichen Wahrnehmung des BZÖ ab: Haider durchkreuzte Schüssels Versuch, den Ortstafelkonflikt zu einem verfassungskonformen Abschluss zu bringen (s. oben, Abschnitt zur Minderheitenpolitik; Im Gegenzug durchkreuzte Schüssel Haiders Absicht, Peter Westenthaler nach dessen Nominierung zum Obmann und Spitzenkandidaten des BZÖ zwecks Profilierung in der Öffentlichkeit zum Regierungsmitglied und Vizekanzler zu machen, indem er jegliche Regierungsumbildung verweigerte. Haider konterte seinerseits mit der Drohung, die Koalition noch während der laufenden EU-Präsidentschaft Schüssels platzen zu lassen (derStandard-online, ORF On 19.05.06ff.).
Am 22. Mai trat Westenthaler den Job des Obmann und Spitzenkandidaten des BZÖ an – vorerst ohne Regierungsamt, aber als Koordinator der orange Regierungsarbeit (ORF On 22.05.06). Seitdem darf er auch mit den Regierungsmitgliedern gemeinsam frühstücken. Am Frühstückstisch: Marmelade und Butter, aber auch Westenthalers hetzerische und paranoide assoziative Verknüpfung "Ausländer" - "Kriminalität" – "Arbeitslosigkeit" (ORF, ZIB 1 01.06.06).

Eine Woche vor der Wahl ein weiterer Schlag fuer das beharrlich stagnative BZOE: Justizministerin Gastinger, das "Boxenluder" (Haider) mit fuer Ihre Gruppe viel zu liberalen familienpolitischen Vorstellungen, kapitulierte angesichts der von Westenthaler betriebenen Auslaenderhetze und erklaerte ihren Austritt aus dem BZOE. Die Parallele zu Grasser in der Schlussphase des letzten Wahlkampfs 2002, legt eine Mitwirkung der OEVP an der Regie nahe, laut Kanzler und VP-BPO Schuessel steht jedoch ein Wechsel zur OEVP nicht zur Diskussion (derStandard-online 25.09.06f.).

5.3. Regierung und Opposition in der Periode Schwarz-Blau II/ Schwarz-Orange-Blau im Spiegel der Umfrageforschung und regionaler Wahlgänge

Die Entwicklung der öffentlichen Meinung über Regierungs- und Oppositionsparteien im Zuge der 2. Amtsperiode der Wendekoalition ist nachstehenden Übersichten zu entnehmen. Wie schon beim ersten Mal hat die ÖVP demnach mit ihrer Entscheidung für die schwarz-blaue Option und mit der einschneidenden Pensionsreform und ihrer eher wirtschaftsfreundlichen Steuerreform ihren bei der NR-Wahl erhaltenen und während der "Sondierungsgespräche" sogar noch gesteigerten Kredit bei den WählerInnen vorerst weitgehend verspielt.

Übersicht: Parteipräferenzen seit 24.11.2002 im Lichte der "Sonntagsfrage" – Teil 1

Quelle

Zeitpunkt

ÖVP

FPÖ

SPÖ

Grüne

So

Wahlergebnis

24.11.02

42,3

10,0

36,5

9,5

1,7

OGM/Format, Profil

06.03.03

01.05.03

05.06.03

27.06.03

15.02.04

15.03.04

17.04.04

16.05.04

19.06.04

18.07.04

15.08.04

10.10.04

14.11.04

02.01.05

23.01.05

12.02.05

12.03.05

17.04.05

12.05.05

18.06.05

17.07.05

11.08.05

17.09.05

16.10.05

14.11.05

19.12.05

22.01.06

20.02.06

12.03.06

01.04.06

14.04.06

21.05.06

12.06.06

26.08.06

09.09.06

16.09.06

23.09.06

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2 + 9*

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4° + 1

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Stichprobe: N = 400 - 500, max. Schwankungsbreite = +- 4,5 %; * = BZÖ + FPÖ, ° = Liste H.-P. Martin

Übersicht: Parteipräferenzen seit 24.11.2002 im Lichte der "Sonntagsfrage" – Teil 2

Quelle

Zeitpunkt

ÖVP

FPÖ

SPÖ

Grüne

So

Wahlergebnis

24.11.02

42,3

10,0

36,5

9,5

1,7

Gallup/News, Oesterreich

 

05.03.03

07.05.03

21.05.03

27.05.03

04.06.03

09.07.03

30.07.03

03.09.03

20.11.03

12.02.04

10.03.04

31.03.04

16.06.04

22.09.04

08.12.04

04.01.05

05.10.05

26.10.05

11.01.06

08.03.06

30.03.06

03.05.06

23.05.06

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9

7

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9

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3 + 5*

1 + 7*

2 + 6*

1 + 6*

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3 + 7*

3 + 6*

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5° + 0

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4° + 1

4° + 0

Stichprobe: N = 500, max. Schwankungsbreite = +- 4,5 %; ° = Liste HPM, * = BZÖ + FPÖ

Übersicht: Parteipräferenzen seit 24.11.2002 im Lichte der "Sonntagsfrage" – Teil 3

Quelle

Zeitpunkt

ÖVP

FPÖ

SPÖ

Grüne

So

Wahlergebnis

24.11.02

42,3

10,0

36,5

9,5

1,7

Market/ APA, derStandard, News

17.06.03

01.08.03

19.10.03

23.11.03

15.02.04

12.03.04

17.08.04

13.09.04

xx.12.04

07.02.05

08.04.05

05.06.05

xx.09.05

21.11.05

01.02.06

02.04.06

23.06.06

30.06.06

12.07.06

02.08.06

16.08.06

23.08.06

30.08.06

10.09.06

17.09.06

20.09.06

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?

2 + 7*

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?

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?

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4° + 1

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Stichprobe: N = 400 - 500, max. Schwankungsbreite = +- 4,5 %; * = BZÖ + FPÖ; ° = Liste HPM

Auch der Ausgang der lokalen und nationalen Wahlgänge in dieser Legislaturperiode wies in diese Richtung: Keine Landtagswahl, bei der die Koalitionsparteien nicht deutlich und in zunehmenden Maße an Stimmen verloren hätten, zuerst und vor allem auf Grund von Einbrüchen der FPÖ (Niederösterreich, Tirol, Oberösterreich, Salzburg, Burgenland), aber auch – in Kärnten und noch deutlicher in der Steiermark – auf Grund eines Einbruchs der ÖVP. Bemerkenswert auch die Tatsache, dass in der Steiermark die Freiheitlichen nach ihrer Spaltung in FPÖ und BZÖ und ihrem ersten getrennten Antreten bei einer Wahl gar nicht mehr im Landtag vertreten sind. Auch hier kann grundsätzlich – abgesehen von lokalen Faktoren - vor allem die harte Sozialsparpolitik der Regierung auf der einen Seite und die Vertrauenseinbuße der "Wendekoalition" nach dem Zerfall der Freiheitlichen auf der anderen Seite als Ursache angesehen werden. Besorgniserregend allerdings das mit knapp 15 % relativ gute Abschneiden der rechtsextremen Wiener Strache-FPÖ nach einem betont Ausländer- und Minderheitenfeindlichen Wahlkampf.

Übersicht: Bundesregierung und Bundesopposition bei Landtagswahlen seit 2003

Bundesland (Wahltag)

ÖVP

FPÖ

Summe/ Verluste

SPÖ

Grüne

Summe/ Gewinne

N (30.03.03)

53,3 (+ 8,4)

4,5 (- 11,6)

- 3,2

33,6 (+ 3,2)

7,2 (+2,7)

+ 5,9

OÖ (28.09.03)

43,4 (+ 0,7)

8,4 (-12,2)

- 11,5

38,3 (+ 11,3)

9,1 (+ 3,3)

+ 14,6

T (28.09.03)

49,9 (+ 2,7)

8,0 (- 11,7)

- 9,0

25,9 (+ 4,1)

15,5 (+ 7,5)

+ 11,6

K (07.03.04)

11,6 (– 9,1)

42,5 (+ 0,4)

- 8,7

38,4 (+ 5,6)

6,7 (+ 2,8)

+ 8,4

S (07.03.04)

37,9 (- 0,8)

8,7 (- 10,9)

- 11,7

45,4 (+ 13,1)

8,0 (+ 2,6)

+ 15,7

V (19.09.04)

54,9 (+ 9,1)

13,0 (- 14,4)

- 5,3

16,9 (+ 3,9)

10,2 (+ 4,2)

+ 8,1

St (02.10.05)

38,7 (- 8,6 )

6,3* (- 6,1)

- 14,7

41,7 (+ 9,4 )

4,7 (- 0,9)

+ 8,5

B (09.10.05)

36,3 (+ 1,0)

5,8 (- 6,9)

- 5,9

52,2 (+ 5,7)

5,2 (-0,3)

+ 5,4

W (23.10.05)

18,8 (+ 2,4)

16,0* (- 4,2)

- 1,8

49,1 (+ 2,2)

14,6 (+ 2,2)

+ 4,4

(Quelle: der Standard-online 31.03.03, 28.09.03, 08.03.04, 20.09.04, 03.10.05, 10.10.05, 24.10.05)
* FPÖ + BZÖ

Auch die BundespräsidentInnenwahl am 25. April 2004 ging mit 52,4% zu 47,6% an den SP-Kandidaten Heinz Fischer: Der Versuch der ÖVP, mit der Wiederweckung der Emotionen aus der "Sanktionszeit" einen  "Schulterschluss" hinter der VP-Kandidatin Ferrero-Waldner zu bewirken, schlug ebenso fehl wie das Bemühen, "Benita" als Vorkämpferin der Frauen zu positionieren: was dadurch bei eingefleischten PatriotInnen und bei manchen Frauen gewonnen werden konnte, ist offenbar durch den Zorn der ReformverliererInnen übertroffen worden und mit der überproportionalen Wahlenthaltung frauenskeptisch-konservativer Stammwähler wieder zerronnen. Bemerkenswert auch die Tatsache, dass mit Heinz Fischer ein Kandidat gewonnen hat, der die Politik der Abgrenzung von der – damals noch als Einheit auftretenden - Haider-FPÖ ausdrücklich verteidigt hat.

Bei den Arbeiterkammerwahlen von Februar bis Mai 2004 hat sich dieser Trend ebenfalls bestätigt: Die SPÖ und auch die Grünen gewinnen, ÖVP und v.a. die FPÖ verlieren fast überall deutlich.

Ergebnisse der AK-Wahlen 2004

Fraktion

AK

FSG

ÖAAB

FA

AUGE

ÖAAB + FA +/- in %

Burgenland

71,8 (+7,8)

22,3 (-4,5)

3,2 (-3,8)

2,7 (+0,5)

- 8,3

Kärnten

72,0 (+5,6)

8,3 (-5,2)

16,2 (-2,8)

3,2 (-)

- 8,0

Niederösterreich

69,3 (+5,0)

20,4 (-3,1)

3,2 (- 4,1)

2,6 (-0,2)

- 7,2

Oberösterreich

67,0 (+1,1)

23,4 (+4,0)

4,7 (-5,6)

3,7 (+0,5)

- 1,6

Salzburg

67,4 (+8,1)

19,8 (-1,3)

4,4 (-7,6)

4,9 (+-0,0)

- 8,9

Steiermark

69,9 (+8,7)

19,8 (-5,9)

4,9 (-3,9)

3,5 (+0,3)

- 9,8

Tirol

24,3 (+5,8)

61,3 (-3,1)

3,1 (-5,5)

6,9 (+1,5)

- 8,6

Vorarlberg

35,2 (+19,1)

46,5 (-13,5)

6,3 (-6,5)

-

- 20,0

Wien

69,4 (+5,3)

14,4 (-2,2)

4,3 (-4,4)

5,6 (+0,8)

- 6,6

Gesamt

63,4 (+5,9)

23,7 (-2,5)

4,9 (-4,8)

4,3 (+0,7)

- 7,3

(Quelle: derStandard-online 01.04.04, 30.04.04, 15.05.04)

Ähnlich der Trend bei den Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst am 1. und 2. Dezember 2004: Die FCG fällt um 3,6% von 53,9 % auf 50,3 %, die AUF um 3,9 % von 7,7 % auf 3,8 %, die FSG steigt um 4,9 % von 29,5 % auf 34,4 % und die UG (Grüne und Unabhängige) um 3,4 % von 5,8 % auf 9,2 %. Die regierungsnahen Fraktionen verlieren also 7,5 %, die oppositionsnahen Fraktionen legen hingegen um 8,3 % zu (derStandard-online 04.12.04).

Nicht anders verlaufen sind auch die Wirtschaftskammer-Wahlen im März 2005: die VP-Wirtschaftsbund hat um 2,4 % auf 70,4 % zugelegt, der Ring freiheitlicher Wirtschaftstreibender kommt nach einem Verlust von 9,7 % nur noch auf  9,9 %, der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband hat um 3,2 % auf 13 %  zugelegt, und die Grünen erreichten bei ihrem ersten bundesweiten Antritt immerhin 4,5 % (derStandard-online 16.03.05). Unterm Strich also – 7,3 % für die Regierung und + 7,7 % für die Opposition!

Dessen ungeachtet setzt die Wendekoalition ihre Hoffnungen auf eine weitere Prolongation – die ÖVP baut auf den Wahlkampf und den Kanzlerbonus: "Wer soll das Land führen? Schüssel oder Gusenbauer? Das ist unser großes Plus" (Lopatka) (derStandard-online 07.10.05), und das BZÖ klammert sich daran, dass "Totgesagte am allerlängsten leben" (Scheibner) (derStandard-online 06.10.05). Die ÖVP hat auch schon für den Fall, dass sie nach den nächsten Nationalratswahl nur mit Unterstützung der aus den Wiener Wahlen überraschend erfolgreich hervorgegangenen rechtsextremen FPÖ an der Macht bleiben kann, Vorsorge getroffen: Schüssel sprach sich gegen jede Festlegung in der Koalitionsfrage mit der FPÖ vor den Wahlen aus, und Khol, der Strache noch im August 2005 außerhalb des "Verfassungsbogens" verortete, war nach den Wiener Wahlen getreu seinem Motto "Die Wahrheit ist ein Kind ihrer Zeit" ohne Skrupel dazu bereit, diese Standortbestimmung zu revidieren (derStandard-online 03.11.05). Zwar haben sich so einflussreiche PolitikerInnen der ÖVP wie C. Leitl und L. Prokop gegen eine Koalition mit der Strache-FPÖ ausgesprochen (derStandard-online 17.11.05), VP-Generalsekretär Lopatka hat dies jedoch postwendend als deren Privatmeinung abgetan (ORF On 19.11.05). Kurz vor Weihnachten 2005 hat auch Klubobmann Kohl diese Linie bestätigt: "Jede Partei, die im Parlament vertreten ist, ist demokratisch legitimiert. Das steht völlig außer Streit. Diese demokratische Normalität haben wir im Jahr 2000 hergestellt, und dabei bleibt's" (derStandard-online 19.12.05). Strache selbst hat allerdings einer Koalition mit der ÖVP eine Absage erteilt (derStandard-online 13.11.05). Am 8. Jänner 2005 trotz des hartnäckigen Minderheitenrechts-Boykotts durch das Kärntner Haider-BZÖ und ungeachtet der fortgesetzter Ausländerhetze der Strache-FPÖ erneut Rosen von Andreas Khol für die Freiheitlichen: sie hätten sich seit der Regierungsbeteiligung gewandelt und "der Deutschtümelei eine Absage erteilt"  (der Standard-online 08.01.06). Demgegenüber erklärte Schüssel dann wieder am 10 März. Strache habe sich mit seiner Oppositionsansage selbst aus dem Rennen genommen (derStandard-online 10.03.06).

Im März 2006 sollte sich die SPÖ – die sich bereits als Siegerin der nächsten Nationalratswahlen wähnte – auf spektakuläre Weise selbst ein Bein stellen. Zu diesem Zeitpunkt wurde nämlich die Affäre der Gewerkschaftsbank "BAWAG" ruchbar: diese hatte nämlich zwischen 1995 und 2000 bei einem von einer nepotistischen Clique um die einen früheren Bankdirektor eingefädelten spekulativen Deal einen EURO-Milliardenverlust eingefahren und war nahe an den Bankrott geraten. Nachdem dies Bank-intern bekannt geworden war, hatten Finanzreferent und Präsident des ÖGB (Weninger und Verzetnitsch) am ÖGB-Präsidium vorbei die Gefahr im Verzug mit einer Haftung des ÖGB mit den  Mitteln des Streikfonds abgewandt. Der ÖGB hat also in einer Periode intensiver arbeits- und sozialpolitischer Auseinandersetzungen um der Abdeckung des Risikos eines erzkapitalistischen Vabanque-Spiels Willen seine Konfliktfähigkeit und damit die Interessen seiner Mitglieder auf’s Spiel gesetzt. Dies hatte zwar die Bank gerettet, der Imageschaden für Gewerkschaft und SPÖ war jedoch ungeachtet der folgenden Rücktritte der beiden Hauptakteure im ÖGB und des "Köpfe-Rollens" in Aufsichtsrat und Vorstand der BAWAG verheerend – nicht nur bezüglich der ihnen zugeschriebenen Wirtschaftskompetenz, sondern auch und vor allem bezüglich der Glaubwürdigkeit ihrer Kritik des "Casinokapitalismus" und ihrer Kernkompetenz, der Sozialkompetenz (derStandard-online, ORF On 24.03.06 – 27.03.06, Profil 27.03.06). Dementsprechend schossen sich v.a. die Regierungsfraktionen medial, parlamentarisch und rechtlich aus allen Rohren auf SPÖ und "rote" Gewerkschaft und AK ein, auch der in Sachen Skandale im Umfeld der Regierung bekannt schweigsame Kanzler Schüssel forderte "lückenlose Aufklärung, und die Mehrheit in den laufenden Meinungsumfragen kippte quasi über Nacht zugunsten der Koalitionsparteien. Die "Wende von der Wende" erscheint nunmehr im Vorfeld der nächsten Wahlauseinandersetzung unwahrscheinlicher denn je. Ob die Flucht des ÖGB nach vorne in Form des Verkaufs der BAWAG hier eine entscheidende Entlastung bringt, ist zweifelhaft – zumal im weiteren Verlauf Verdachtsmomente über weitere Malversationen, insbesondere die mögliche Beteiligung der BAWAG an betrügerischen Aktivitäten ihres US-amerikanischen Partners REFKO mit einer Schadenssumme von bis zu 1,3 Mrd. Euro, aufgetaucht sind. Auch der ÖGB ist davon betroffen – er war über eine Liechtensteiner Firma indirekt mit REFKO verbunden. Die Bemühungen um einen Verkauf der BAWAG sind damit ins Stocken geraten. Für das Image von Gewerkschaft und ÖGB fatal auch die Tatsache, dass die Bemühungen der BAWAG um einen rettenden Vergleich mit den Gläubigern nur mit Unterstützung der von ihnen heftig bekämpften Bundesregierung bzw. eine Bundeshaftung möglich waren. Im Gegenzug musste sich der ÖGB freilich selbst zur Haftung bis auf’s Existenzminimum und zur Offenlegung des Streikfonds gegenüber der Nationalbank verpflichten, und die Gewerkschaft musste sich nicht nur öffentlich bedanken, sondern auch zusehen, wie schwarz-blau-orange Regierungsmitglieder von Schüssel und Gorbach abwärts in demonstrativer Gönnerhaftigkeit vor laufenden Kameras private BAWAG-Sparbücher eröffneten. Während die SPÖ nun mehr denn je als Partei diskreditierbar ist, die "nicht wirtschaften kann" und die Gewerkschaft damit in ihrer Kampfkraft massiv geschwächt dasteht, war andererseits angesichts weiterer Sammelklagen durch REFCO-Aktionäre lange nicht klar, ob der Rettungsversuch überhaupt erfolgreich sein wird (der Standard-online, ORF On 26.04.06ff.). Erst am 5. Juni war der Vergleich dann - mit einem Kostenvolumen von insgesamt ca. 1 Mrd. Euro für die BAWAG – fixiert, und der Weg für den Verkauf der Bank frei (derStandard-online 05.06.06).

Aber schon zwei Tage später wurden der Öffentlichkeit und dem Krisenmanagement des ÖGB neue ÖGB-Verluste in Euro-Millionenhöhe, eingefahren über geheime Stiftungen in Liechtenstein, und ein Schuldenstand von weiteren 1,5 Mrd Euro, resultierend aus den Karibik-Geschäften der BAWAG, bekannt – und damit die Tatsache, dass möglichweise selbst der gesamte Verkaufserlös für die BAWAG die Schulden des ÖGB nicht tilgen können wird (derStandard-online, ORF On 09.06.06ff.); Dann stellte sich auch noch heraus, dass ÖGB-Interimspräsident Hundstorfer entgegegen früheren öffentlichen Erklärungen selbst bereits im Herbst 2005 in Vertretung von Präsident Verzetnitsch mit seiner Unterschrift an der Verschiebung der Karibik-Schulden der BAWAG zum ÖGB mitgewirkt hatte. Ob es sich dabei, wie Hundstorfer selbst vermutet, um einen "Leger" gehandelt hat oder nicht, jedenfalls erreichte damit auch das  politisch-moralische Rating der Gewerkschaftsführung einen neuen Tiefpunkt (derStandard-online 13.06.06ff.). Dazu kam noch die Schwächung der SPÖ durch den – nach außenhin nur mühsam durch eine inszenierte Versöhnung nur mühsam kaschierten - inneren Konflikt zwischen Bundespartei und FSG angesichts der Entscheidung des Parteipräsidiums, Spitzengewerkschafter die Kandidatur für den Nationalrat zu verweigern (ORF On 23.06.06) und der Aussage des Partei-Vorsitzenden, dass das Sozialministerium "keine Erbpacht" der Gewerkschaften sei (ORF On 01.07.06). Die OEVP tat mit einem entsprechenden "dirty campaigning" (Hinweis auf die angebliche Existenz eines "rotes Netzwerk zur Parteienfinanzierung" nach diesbezueglichen Vorwuerfen des BAWAG-Spekulanten Floettl Junior) das Uebrige dazu, dass das Thema in Verbindung mit der SPOE in der Oeffentlichkeit praesent blieb, und dass sich die SPOE von diesem Schlag nicht mehr erholte (derStandard-online 11.09.06ff.).

Dem Verlauf der aktuellen Umfragen zeichnete sich auch nach den naechsten Wahlen in Oesterreich eine rechte Mehrheit OEVP + FPOE + BZOE ab, die "Wendekoalition" und der direkte Einfluss "(rechts-)extremer Elemente" auf die Regierungspolitik duerfte jedoch angesichts der schwachen Performance des BZOE und angesichts der Festlegung der FPOE auf oppositionellen Protest dennoch keine Fortsetzung finden.

Das tatsaechliche Wahlergebnis stellte sich dann folgendermassen dar:

Ergebnis der Nationalratswahlen am 1. Oktober 2006

Wahlergebnis

Stimmenanteil in %

2006       +/- gg. 2002

Anzahl der Mandate

2006         +/- gg. 2002

+/- rechts : links gg. 2000

% Stimmen      Mandate

Wahlbeteiligung

78,5

- 5,8

 

-                      -

OEVP

34,3

- 8,0

66        - 13

 

FPOE

11,0

+ 1,0

21         + 3

 

BZOE

4,1

+ 4,1

  7         + 7

- 2,9                   - 3

SPOE

35,3

- 1,2

68          - 1

 

Gruene

11,0

+ 1,5

21         + 4

 

HPM

2,8

+ 2,8

0        +- 0

 

KPOE

1,0

+ 0,4

0        +- 0

+ 3,5                  + 3

Sonstige

0,2

+ 0,1

0        +- 0

-

Ueberraschenderweise ist die OEVP demnach hinter die SPOE zurueckgefallen. Sie hat laut SORA-Waehlerstromanalyse  jeweils knapp 100.000 Stimmen an die FPOE, SPOE und Gruene und und ueber 200.000 an die NichtwaehlerInnen verloren. Offenbar war es ein Fehler, ausschliesslich auf den negativen BAWAG-Effekt zu setzen

Die Freiheitlichen haben mit insgesamt 15 % doch wiederum zugelegt – die neue "FPOE" hat offenbar ihre Glaubwuerdigkeit bei rechten WaehlerInnen zurueckgewonnen, und auch das BZOE hat – v.a. dank ueberproportionaler Resonanz in Kaernten - nochmals den Einzug in den Nationalrat geschafft.

Unterm Strich hat die Rechte zwar die Stimmen- und Mandatsmehrheit behauptet, angesichts der Spaltung der Freiheitlichen und der Rueckkehr der FPOE zur Fundamentalopposition kann diese Mehrheit jedoch nur noch negativ – gegen Rot-Gruen – effektiv werden.

Die SPOE konnte ihren Stimmenanteil immerhin soweit behaupten, dass sie als stimmenstaerkste Partei aus dem Wahlgang hervorgegangen ist. Offenbar war ihr Credit bei den WaehlerInnen in sozialen Fragen doch so stark, dass ihr auf soziale Themen zugeschnittener Wahlkampf Fruechte tragen konnte.

Die Gruenen haben um 1,5 %, die Linke insgesamt sogar um 3,5 % zulegen koennen, da jedoch weder die Liste HPM noch die KPOE den Sprung ins Parlament geschafft haben, gibt es auch auf der Linken keine parlamentarische Mehrheit.

Obwohl sich die OEVP vorerst ziert und sich intern die Plaedoyers fuer einen weiteren Pakt mit den Rechtsextremen mehren, bleibt als die wahrscheinlichste, zwar unspektakulaere, aber immerhin menschenrechts- und demokratiepolitisch unbedenkliche Alternative die grosse Koalition VP-SP. Der Spuk der Wendekoalition scheint damit vorbei.

5.4. Die zweite Amtsperiode der "Wendekoalition" – eine Zwischenbilanz

Legt man an die Praxis der zweiten Auflage der Wendekoalition die Latte von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit an, so schneidet diese diesbezüglich keineswegs anders ab als die Praxis der ersten Auflage. Ihre Politik lässt sich weiterhin als wirtschafts- und sozialpolitische "neoliberal" und gesellschaftspolitisch rechts-konservativ mit "(rechts-)extremen" Elementen bezeichnen. Nach wie vor stehen nämlich - insbesondere in den Bereichen Asylrecht, Minderheitenrechte (Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten), Institutionenreform (Neuorganisation des Sozialversicherungswesens oder der ÖH) und im Umgang mit der Opposition (mangelhafte Einbindung, Behinderung der Kontrolltätigkeit) -   menschenrechtlich, rechtsstaatlich und demokratiepolitisch bedenkliche Statements und Praktiken an der Tagesordnung.

Angesichts der Tatsache, dass sich bei den letzten Wahlen im Jahr 2002 das Kräfteverhältnis bzw. der WählerInnenanteil zwischen ÖVP und FPÖ von 1:1 auf 4:1 deutlich zugunsten der ÖVP verschoben hat, ist das auf den ersten Blick erstaunlich. Bedenkt man jedoch, dass diese Verschiebung dadurch zustande gekommen ist, dass sich die ÖVP in ihrer Rhetorik und inhaltlichen Positionierung deutlich nach rechts bewegt und der FPÖ bzw. dem BZÖ angeglichen hat, ist der obige Befund keineswegs überraschend.

Von diesem Ruck einer der beiden Parteien der politischen Mitte Österreichs nach rechts ist aber auch die andere Partei der Mitte und wichtigste Oppositionspartei, die SPÖ nicht unberührt geblieben: Auch hier ist eine Bereitschaft spürbar, sich politisch in populistischer Weise rechten, xenophoben Stimmungen anzupassen (Beispiel: Ablehnung des EU-Beitritts) und politische Grundsätze machtstrategischen Kalkülen und Praktiken zu opfern (Bespiele: "Spargelkoalition" Gusenbauer – Haider, FPÖ-SPÖ-Koalition in Kärnten). Angesichts dessen scheint es gerechtfertigt, von einer Hegemonie einer rechten, in Dauerkollision mit den Grundsätzen einer liberalen Demokratie stehenden politische Kultur in Österreich zu sprechen.

Dank der nach wie vor ihrem Verfassungsauftrag entsprechenden dritten Gewalt der Justiz ist diese Entwicklung im Bereich von Politik und Kultur allerdings bisher von den Kernbereichen der rechtlich-institutionellen politischen Struktur weitgehend abgeprallt: der Verfassungsgerichtshof hat durch seine Rechtssprechung wiederholt signifikante Eingriffe in die Ordnung der liberalen Demokratie verhindert (z.B. Aufhebung der Reform des Hauptverbands der Sozialversicherungen, des Asylgesetz oder des Militärbefugnisgesetzes). So stagniert die Weiterentwicklung der liberalen Demokratie in Österreich zwar, ihrer Rückentwicklung ist aber mit einer funktionierenden "dritten Gewalt" bis auf  Weiteres ein wirksamer Riegel vorgeschoben.

Das galt jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2005. Seitdem die Kanzlerpartei ÖVP durch ihre Duldung Jörg Haider die Möglichkeit bietet, die Umsetzung des VfGH-Entscheids in der Frage der zweisprachigen Ortstafeln Bleiburg-Ebreichsdorf beharrlich zu hintertreiben, schien freilich auch jener Riegel zu brechen. Der 30. Juni 2006, der Tag an dem die vom VFGH gesetzte Frist für die Herstellung des verfassungsmäßigen Zustands in Bleiburg endete, war insofern der Lostag für die Rechtsstaatlichkeit. Die Frist ist ungenutzt abgelaufen. Letztendlich hat sich herausgestellt, dass die Herausforderer der Rechtsstaatlichkeit lediglich dazu bereit waren, dem Rechtsstaat formal und nur um den Preis einer politischen Teilentmachtung des VfGH sowie einer Aufweichung des Prinzips des Minderheitenschutzes Genüge zu tun. Hier hat die SPÖ jedoch verdienstvollerweise die ihr zugedachte Rolle als Verfassungsmehrheitsbeschafferin verweigert.

Auf Europäischer Ebene zeigt die Entwicklung ein uneinheitliches Bild: Während sich in Spanien, Ungarn und Italien eine Verschiebung des politischen Zentrums nach links ergeben hat, ist Deutschland mit dem Übergang zur großen Koalition eher nach rechts gerückt. Neue Regierungskoalitionen mit Rechtsextremen sind in Polen und in der Slowakei entstanden, der Protest dagegen hält sich – nach den Erfahrungen mit den konterproduktiven Effekten der "Sanktionen" gegen Österreich und nach der italienischen Ära Berlusconi – in Grenzen. Unterm Strich ist der "Rechtsruck" auch in Europa keineswegs gestopt, Xenophobie und Europaskepsis bewegen sich weiterhin auf hohem Niveau, Vertiefung und Erweiterung der EU bleiben weiterhin blockiert. Österreich, angesichts dieser Situation und nach einer Charmeoffensive in seiner zweiten Präsidentschaftsperiode wieder Teil des europäischen Mainstreams, bleibt die zweifelhafte Ehre, Schrittmacher diese Entwicklung gewesen zu sein.

Bleibt zu hoffen, dass sich die neue Regierung in Oesterreich entschlossen daran macht, die im Inland an Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat entstandenen instutionellen und kulturellen Schaeden zu beseitigen - und damit auch gegenueber Europa und der internationalen Staatengemeinschaft ein Zeichen der Umkehr setzt.

6. Wende der Wende? Koalitionsverhandlungen im Herbst 2006

Am 11. September hat Bundespraesident Fischer dann Alfred Gusenbauer den Auftrag zur Regie-rungsbildung erteilt. Erster Verhandlungspartner fuer die Sozialdemokraten war die OEVP, die Vorzeichen fuer einen Erfolg waren aber mehr als unguenstig: Die SPOE hatte fuer die OEVP kaum akzeptable Forderungen wie die nach dem Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrage, der Ab-schaffung der Studiengebuhren und einer Grundsicherung als Koalitionsbedingungen in den Raum gestellt, die OEVP hatte die SPOE daraufhin umgekehrt als "nicht Partnerschaftsfaehig" bezeichent. Nachdem Gussenbauer dann seine Forderungen auf "sehr wichtig, aber verhandelbar" herunterge-stuft hatte, erklaertye Schuessel seinerseits die Eurofighter als nicht verhandelbar, "nicht in Frage" kaemen auch die von der SPÖ geforderte Grundsicherung und Gesamtschule, und die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer sei ein Muss. Auf die Frage, in welchen Punkten man der SPÖ entgegenkommen wolle, meinte Schüssel in alter Ueberheblichkeit: Das wichtigste Entgegen-kommen sei die Aufnahme von Verhandlungen (derStandard-online, ORF-On 11.10.06).

In der Folge verdichteten sich freilich die Indizienen dafuer dass die ungeliebte grosse Koalition tatsaechlich zustandekommt: Mit Elisabeth Gehrer und Andreas Khol haben zwei zentrale Akteu-rInnen der Wendekoalition ihren Ruecktritt aus ihren Regierungs- bzw. Parlamentsfunktion angetre-ten. Noch-Kanzler Schuessel hat dem offiziell mit der Regierungsbildung beauftragten Gusenbauer die bisher stets zurueckbehaltenen Euro-Fighter-Vertraege uebergeben. Parallel dazu ist das Dank dem Sonderfall Kaernten um Haaresbreite ins Parlament gelangte BZOE und dessen Spitzenreprae-sentant Westenthaler nach einer angeblichen Pruegelattacke seines Body-Guards gegen einen Mit-arbeiter der abtruennigen Justizministerin Gastinger am Wahlabend ins Visier von Staatsanwalt-schaft und Polizei geraten und als moeglicher Koalitionspartner nunmehr so diskreditiert, dass die Fortsetzung der Wendekoalition selbst fuer Schuessels wohl kaum mehr in Frage kommen duerfte (derStandard-online, ORF On 02.10.06ff.).

Nachdem das nach einiger Sickerzeit auch der Wendekanzler zur Kenntnis zu nehmen hatte, konn-ten am 17. Oktober die ersten wirklich sachbezogenen Koalitionsgespraeche stattfinden (derStan-dard-online 17.10.06). Parallel zu diesen Gespraechen demonstrierte die SPOE ihren Koalitions-partner wider Willen ihre Staerke und mutete ihm Wechselbaeder der Zu- und Abwendung zu: Betreiben der in der Oppositionszeit vergeblich geforderten Untersuchungsausschuesse in Sachen Eurofighter und Bankenaffairen mit Gruenen und FPOE, aber Ablehnung der Unterstuetzung eines Misstrauensantrags der Gruenen gegen Bildungsministerin Gehrer ("reiner Aktionismus") (derStan-dard-online 18.10.06ff., ORF On 26.10.06).

Die in die Enge getriebene OEVP drohte daraufhin damit, die Koalitionsverhandlungen zumindest auszusetzen, die beiden Untersuchungsausschuesse wurden jedoch ungeachtet dessen am 30. Okto-ber beschlossen (derStandard-online 30.10.06). Als die OEVP daraufhin nach einer Parteivorstand-sitzung tatsaechlich die Unterbrehungen der Regierungsgespraeche erklaerte, forderte die SPOE die OEVP auf "ihre Aemter zur Verfuegung zu stellen" und den Weg frei fuer eine neue Regierung o-der fuer neue Verhandler zu machen. Einen Misstrauenantrag oder einen Antrag auf Neuwahlen wolle man aber voererst nicht stellen (ORF On, derStandard-online 31.10.06).

Glaubt man den Meinungumfragen, dann braucht die SPOE keine Angst vor Neuwahlen zu haben: Die Schuld fuer einen eventuellen weiteren Wahlgang wird mehrheitlich der OEVP zugeschrieben.

Übersicht: Parteipräferenzen seit Oktober 2006 im Lichte der "Sonntagsfrage"

Quelle

Zeitpunkt

ÖVP

FPÖ

BZOE

SPÖ

Grüne

So

Wahlergebnis

01.10.06

34,3

11,0

4,1

35,3

11,0

4,3

Ö, Gallup

Profil, OGM

Ö, Gallup

Ö, Gallup

Profil, OGM

Ö, Gallup

Profil, OGM

Ö, Gallup

News, Market

News, Market

Profil, OGM

21.10.06

21.10.06

31.10.06

07.11.06

11.11.06

14.11.06

18.11.06

21.11.06

22.11.06

06.12.06

31.12.06

35

32

34

33

32

33

32

36

34

36

33

11

12

10

11

13

10

12

10

11

11

12

3

4

3

3

-

3

3

2

3

2

2

36

37

37

40

38

41

39

40

39

39

40

13

12

14

13

14

12

13

12

12

11

12

2

3

2

0

3

1

1

0

1

1

1

In den naechsten Wochen verschlechterte sich das Verhandlungsklima zwischen SPOE und OEVP weiter dramatisch; Schuessel und Molterer erklaerten bei einer Pressekonferenz am 5. November, erst nach Abschluss des Untersuchungsausschusses zu den Eurofightern zu weiteren Verhandlungen mit der SPOE bereit zu sein – die SPOE solle doch den Mut haben, mit ihren Ausschuss-Partnern FPOE und Gruene eine Koalition zu bilden. Gusenbauer stellte der OEVP seinerseits ein ein-woechiges Ultimatum fuer die Rueckkehr zum Verhandlungstisch und stellt die Moeglichkeit eines Sturzes der interimistisch weiteragierenden Regierung in den Raum (derStandard-online 05.11.06, 06.11.06). Ein als "letzte Chance" erklaertes Gipfelgespraech am Freitag den 10. November blieb abgesehen von einer weiteren Vertagung der Entscheidung bis Mitte der Folgewoche ebenfalls ohne greifbare Ergebnisse (derStandard-online 10.11.06). Am 16. November erklaerte sich dann der OEVP-Vorstand doch noch zu Verhandlungen parallel zu den Untersuchungsausschuessen bereit – allerdings unter der Bedingungen dass die SPOE die OEVP im Parlament nicht ueberstimmt und mit einem Positionspapier, in dem u.a. die Fortsetzung der Privatisierung, die Absage an die Gesamtschule und an eine Anhebung der Hoechstbeitragsgrundlage fuer SV-Beitraege, die "Luftraumueberwachung", die Abschaffung der Erbschaftssteuer und ein Familiensteuermodell, die Ablehnung einer Grundsicherung sowie die festschreibung der Pensionsreform in ihrer Substanz vorsieht. Inhaltlich also keinerlei Konzessionsbereitschaft – offenbar ging es der OEVP mehr darum, der SPOE den "Schwarzen Peter" der Verantwortung fuer den Verhandlungsabbruch zuzuschieben. Die SPOE ihrerseits begruesste die Gespraechsbereitschaft der VP, stellte aber klar, dass es bei Verhandlungen nicht darum ginge, Bedingungen zu stellen, sondern um eine Einigung auf ein tragfähiges Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre (derStandard-online 16.11.06).

Bei einem weiteres Spitzengespraech am Freitag fiel dann doch wieder die Entscheidung fuer’s weiterverhandeln. In einer gemeinsamen Erklaerung wurden die Ziele und Prinzipien dafuer niedergelegt:

Als vorrangige Ziele wurden definiert:

  • Stärkung von Wachstum, Innovation und Mittelstand
  • Reduzierung der Arbeitslosigkeit
  • Zukunftsorientierte Bildungsreformen zur Erhöhung der Chancen für die Jugend
  • Erhaltung der Qualität und nachhaltige Finanzierung des Gesundheits- und Pflegesystems
  • Sichere Pensionen und menschenwürdiges Altern
  • Gleichstellung der Frauen; Stärkung der Familien
  • Bekämpfung der Armut
  • Reform von Staat und Verwaltung
  • Umfassende Integration und kontrollierte Zuwanderung
  • Verlässliche Sicherheits- und Europapolitik
·         Stabile Staatsfinanzen

Was die Prinzipien betrifft, akzeptiert die VP die Untersuchungsausschuesse, allerdings wird die Wahrung des Bankengeheimnisses sowie das Bekenntnis zu Luftraumueberwachung und Vertragstreue festgeschrieben. Grundsaetzlich wird einerseits festgehalten, "dass jede künftige Zusammenarbeit nur auf dem bereits Erreichten aufbauen kann. Die Geschichte erlaubt kein Zurückdrehen des Rades", andererseits vermerkt, dass "es in der Politik notwendig (ist), Verbesserungen und Neuentwicklungen der gesellschaftlichen Situation vorzunehmen. Im Mittelpunkt steht der Gestaltungsauftrag für die Zukunft." Darueber hinaus soll fuer die Dauer der Regierungsverhandlungen im Parlament "eine zwischen den beiden Verhandlungspartnern abgestimmte Vorgangsweise" im Parlament sichergestellt werden (derStandard-online 17.11.06).

Viel gewonnen scheint auch mit diesem Papier nicht zu sein: die kontroversen Methoden zur Erreichung der Ziele sind nicht angesprochen, und die gemeinsamen "Prinzipien" lassen einen so weiten Spielraum, dass geradezu gegenteilige Interpretationen mit ihnen vereinbar sind und jede Partei jederzeit der anderen deren Verletzung vorhalten kann.

Inzwischen betrieb die FPOE im Hinblick auf den moeglichen naechsten Wahlgang Imagepolitur: einerseits Signale ans politische Zentrum als smarter Player im politischen Alltag: Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Fraktionen, Charmeoffensive des Parteivorsitzenden - Blumen fuer die Moderatorin einer Talk Show: andererseits knallhart-deutschnationale Signale an den rechten Rand:

Zur Konstituierung  des Nationalrats nach den Wahlen am 1. Oktober 2006 erschienen die Abgeordneten der FPOE ganz im Sinne ihrer wiedergefundenen "urfreiheitlichen" Identitaet mit einer blauen Kornblume am Revers – ein gezielter Tabubruch, handelt es sich doch dabei um ein Symbol der deutschnationalen Bewegung, das Symbol der alldeutschen Bewegung von Schoenerer und das Erkennungszeichen der illegalen Nationalsozialisten in der Zeit der ersten Republik (ORF On 10.10.06).

Am 8. November legte dann der freiheitliche Neo-Nationalrat Wolfgang Zanger, nebenberuflich Fechtlehrer in der schlagenden Schuelerverbindung "Corps Austria", im Inlandsreport einen rechtsnationalen Offenbarungseid ab:  der Nationalsozialismus hatte "natuerlich auch gute Seiten", 1945 eine "Quasi-Befreiung" (derStandard-online 08.11.06).

Am 12. November 2006. gab es am Zentralfriedhof wieder das gewohnte rechtsextreme Stelldichein aus Anlass des  Todestages des vom NS-Regime hoch dekorierten Luftwaffenoffiziers Novotny. Die Grabrede hielt der freiheitliche Obmann des Vereins zur Pflege des Grabes und Universitaetsrat der Medizinischen Universitaet Wien, Gerhard Pendl. Seine Worte: Es sei "unsere Pflicht, gegen die seelischen Narben der Gutmenschen, die auch die Toten nicht in Ruhe lassen, aufzuzeigen, dass es doch noch ein Fähnlein gibt in diesen deutschen Landen, die unsere unschuldigen Soldaten und ihren furchtbaren Tod nicht vergessen oder gar herabwürdigen". Demgegenueber wuerden die "RAF-Sympathisanten" aus der "Generation der Widersacher der Kriegsgeneration" sowie der "Generation der Zivildiener und Störer der Totenruhe", "klammheimliche Freude" verspüren, wenn das Grab Nowotnys "wahrscheinlich wieder" geschändet würde nach dem Gedenken. Anders als in vergleichbaren frueheren Faellen erfolgte die Reaktion des Wissenschafstministeriums diesmal – nach den verlorenen Oktoberwahlen - auf dem Fusse: Bildungsministerin Gehrer hat seine Abberufung angekündigt. Pendls Aussagen seien dazu angetan, "den Ruf der medizinischen Universität zu schädigen". Bereits Tags darauf wurde die Abberufung durch die Gremeien der betroffenen Universitaet tatsaechlich vorgenommen (derStandard-online 13.11.06f.).

Die Gruenen erklaerten sich nach einer Periode der Kritik von SPOE und OEVP und der Ablehnung von Neuwahlen, aber auch aller uebrigen Regierungsvarianten immerhin zur Duldung einer allfaelligen Minderheitsregierung der SPOE bereit (ORF On, derStandard-online 05.11.06ff.).

Das BZOE, wiederum bot sich aus Angst vor dem Untergang bei moeglichen Neuwahlen als Partner in allen nur denkbaren Dreierkoalitionen an (ORF On, derStandard-online 05.11.06ff.). Nach Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen OEVP und SPOE legte es sich dann ebenfalls auf die Oppositionsrolle als "buergerliche Kraft rechts der Mitte" fest. Haider pflegte indessen mit weiteren provokanten Aktionen sein deutschkaerntner Waehlerklientel:

In Sachen Ortstafeln liess er unter heftigem Protest von SlowenInnenorganisationen, der Gruenen sowie des slowenischen Aussenministeriums im Kaertner Schwabegg eine weitere erst vor einem Jahr im Beisein von Kanzler Schuessel errichteten zweisprachige Tafel durch eine einsprachige Tafel mit kleinem slowenischem Zusatzschild ersetzen (ORF On, derStandard-online 22.11.06). In Sachen AuslaenderInnen/ Fremde liess er mit der Weigerung aufhorchen, entsprechend dem Auftrag des VfGH den –wegen "mangelnder persoenlicher Integration" in erster Instanz abgelehnten - Staatsbuergerschaftsantrag eines als fundamentalistisch beleumundeten muslimischen Religionslehrers sudanesischer Herkunft nochmals zu pruefen [7] (ORF On 26.11.06).

Drei Tage nach Wiederaufnahme der Koalitionsverhandlungen zwischen SPOE und OEVP am 20. November 2006 standen die Vorzeichen jedoch wieder auf Konflikt: die OEVP praesentierte in einer Verhandlungsrunde ein Gutachten des Verfassungsdienstes zum Banken-Untersuchungsausschuss, demzufolge die weisungsfreie Finanzmarktaufsicht gar nicht befragt werden darf oder Akten vorzulegen brauche. Der diesbezuegliche Pruefungsauftrag sei daher "absolut nichtig". Die SPOE reagierte darauf ebenso empoert wie FPOE und Gruene – die Rede war von einem "Gefaelligkeitsgutachten", mit dem sich die Verwaltung selbst der Kontrolle entziehe. Die zuvor demonstrierte Kompromissbereitschaft der Sozialdemokratie war auf einem Schlag verschwunden: Die Positionen bei Eurofighter, Studiengebühren und Grundsicherung, waren laut Cap wieder "unverrückbar" (derStandard-online, ORF On 23.11.06).

Trotzdem kamen die Verhandlungen wieder in Schwung, und anfang Dezember wurde - auf Untergruppenebene - sogar eine Verstaendigung in der Frage der Grundsicherung erzielt (ORF On 01.12.06). Nach einem unterkuehlten Zwischenspiel mit Dementis ueber erzielte Fortschritte und gegenseitigen Schuldzuweisungen schien dann Mitte Dezember der Durchbruch gelungen: seitens der VerhandlerInnen wurden Uebereinstimmung ueber Staatsreform und Standortpolitik gemeldet und der Abschluss der Verhandlungen fuer den 8. Jaenner 2007 avisiert (ORF ON 13.12.06). Hic rodus hic salta. Um Druck zu machen hat Gabi Burgstaller hat die Rute der Minderheitenregierung fuer den Fall des Scheiterns ins Fenster gestellt (derStandard-online 14.12.06).

Parallel zu den Gepraechen miteinender habe beide Seiten Nebengespraeche mit anderen politischen Gruppierungen gefuehrt, um ihren Alternativenspielraum zu demonstrieren und Druck auf ihren Verhandlungspartner zu entfalten: Schuessel und andere OEVP-Advokaten einer Fortsetzung der Wende bastelten am Projekt einer Koalition bestehend aus einem fusionierten schwarz-orangenen Parlamentsfraktion und der FPOE. Die FPOE schloss das nach wie vor offiziell aus, A. Moelzer begann freilich laut darueber nachzudenken, so eine rot-gruene Regierung zu verhindern. Vertreter der SPOE sondierten ihrerseits die Bereitschaft der FPOE zur Tolerierung einer SPOE-Minderheitsregierung – mit der Auskunft, dass die FP grundsaetzlich dazu bereit sei – vorausgesetzt, die Regierungspolitik stuende nicht mit der strengen FPÖ-Ausländerlinie in Widerspruch (ORF On, derStandard-online 20.12.06ff.).

Am 8. Jaenner war dann die grosse Koalition fix. Inhaltlich ist von einem Richtungswechsel wenig zu bemerken vgl. SPOE/ OEVP 2007):

-         Die Regierung knuepft positiv an die Wendekoalition an; in der Praeambel ist vom "Aufbau auf der Basis des Erreichten" und von der "Umsetzung weiterer Verbesserungen" die Rede

-         Von einigen bildungspolitischen (Bildungsgarantie bis 18, weitere Harmonisierung der Sekundarstufe 1), beschaeftigungspolitischen (Investitionen im Infrastrukturbereich, aktive Arbeitsmarktpolitik) und sozialpolitischen Akzenten (bedarfsorientierte Mindestsicherung, Einbeziehung von neuen Selbstaendigen und freien DienstnehmerInnen in die Sozialversicherung, Entschaerfung der Pensionsreform im Bereich der vorzeitigen Alterspension) abgesehen Fortsetzung der marktorientierten "neoliberalen" wirtschaftspolitischen Grundlinie, ausgeglichener Haushalt ueber den Budgetzyklus als Ziel, also "keine neuen Schulden", Liberalisierung der Ladenoeffnung und der Arbeitszeit, strengere Zumutbarkeitsbestimmungen und Kontrollen fuer Arbeitslose;
Die Rueckverlagerung der Steuerlast von Arbeit auf Kapital wird nicht einmal angedacht.

-         Staatsreform: Soziale Grundrechte sollen Verfassungsrang erhalten, auch ein Ausbau der Minderheits- und Kontrollrechte ist vorgesehen, ob es zum Recht der parlamentarischen Minderheit auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kommt, ist freilich dank der OEVP zweifelhaft;

-         An den Universitaeten sollen die Studiengebuehren bleiben, jedoch auch in Form freiwillige Sozialarbeit von 60 Stunden pro Semester beglichen werden koennen; der Betriebsrat soll ein Mitbestimmungsrecht im Universitaetsrat erhalten, eine einheitliche Kurie der unbefristet beschaeftigten Wissenschafter sowie ein "tenure treck" geschaffen werden:

-         Flexibilisierung des Kindergeldbezugs: es wird eine zweite Wahlmoeglichkeit mit hoeherem Auszahlungsbetrag (Euro 800.- statt 436.-/ Monat) und kuerzerer Bezugsdauer (15 + 3 statt 30 + 6 Monate) und eine hoehere Zuverdienstgrenze (Euro 16.200.- statt 14.600.-/ Jahr) geben, ganztaegige Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sollen ausgebaut werden. Damit sollen Wiedereinstieg und Erwerbstaetigkeit von Frauen ebenso gefoerdert werden wie die Beteiligung der Maenner an der Kinderbetreuung.
Frauenpolitisch auch von Interesse: die "Chancengleichheit der Geschlechter" als  Budgetziel;

-         Diskriminierungen von Lebensgemeinschaften und Ptchworkfamilien sollen beseitigt werden, es wird aber keine eingetragene Partnerschaft fuer Homosexuelle geben;

-         Die Ortstafelfrage soll im Sinne des Urteils des VfGH "in moeglichst breitem konsens mit den Volksgruppen" bis Mitte 2007 verfassungsgesetzlich geloest werden,

-         keine Aenderungen im Fremdenrecht: das Fremdenrechtspaket 2005 habe sich ‚bewaehrt", seine Regelungen sind "beizubehalten und weiterzuentwickeln"; einziger Hoffnungsschimmer: die Schaffung einer Integrationsplattform und eines entsprechenden Forschungsschwerpunktes, der das derzeitige Recht evaluieren und desssen Weiterentwicklung beraten soll, und neue Massnahmen zur sprachlichen, beruflichen und sozialen Integration von MigrantInnen.   

-         Europapolitik: Bekenntnis zu einem sozialen Europa, Einsatz bei der EU fuer Mindeststandards in den Bereichen Beschaeftigung und soziale Sicherheitund gegen eine weitere Liberalisierung der Dienstleistungen im Rahmen des GATS, aber Zurueckhaltung bei der EU Erweiterung: "offensive Nutzung" der Uebergangsfristen bei der Freizuegigkeit fuer Arbeitskraefte aus den neuen Mitgliedsstaaten, schrittweises Vorgehen bei der Turkei - mit dem Ziel einer "massgeschneiderten tuerkisch-europaeischen Gemeinschaft", und mit einer Volksabstimmung ueber das Verhandlungsergebnis;

Die SPOE stellt den Bundeskanzler, die Schluesselministerien fuer Finanzen, Arbeit und Wirtschaft (das im Uebrigen als Einheit erhalten bleibt), Inneres und Aeusseres sowie das Wissenschafts- und das Gesundheitysministerium gehen jedoch an die OEVP, die SPOE erhaelt die Ministerien fuer Infrastruktur, Justiz und Verteidigung sowie die "Menschenschicksalsministerien" fuer Soziales, Frauen und Unterricht. Eine wichtige Personalie: Wolfgang Schuessel und Karl Heinz Grasser werden der Regierung nicht angehoeren. Ersterer wird VP-Klubobmann, letzterer geht in die Privatwirtschaft. Neuer VP-Obmann, Vizekanzler und Finanzminister: Wilhelm Molterer (ORF On, derStandard-online 08.01.07, 09.01.07)

Die OEVP musste demnach Macht abgeben und Korrektueren der Wendepolitik hinnehmen, hat jedoch die "Wende von der Wende" erfolgreich verhindert. Es gibt also ein hohes Mass an  Kontinuitaet in der Politik, und insofern kann ueberspitzt von einer "Fortsetzung von Schwarz-Orange mit einem roten Bundeskanzler" (Van der Bellen) gesprochen werden. Immerhin kann aber nunmehr darauf vertraut werden, dass das Agieren der Politik am Rande (und jenseits) der Rechtsstaatlichkeit ein Ende findet – und damit die akute Gefahr fuer Menschenrechte, Rechtsstaat und Demokratie in Oesterreich ein Ende findet.

Die Angelobung der neuen Regierung fand dann am 11. Jaenner statt - 2007 begleitet von Protesten von Jugendorganisationen der SP, KP, der OEH und Teilorganisationen der Gewerkschaft. Letzter Formalakt der endenden Wende: ein schwarz-oranger Ministerrat am 10. Jaenner mit nachtraeglicher Selbstbeweihraeucherung: "in Summe … eine absolut gelungene Bilanz" (Schuessel). Zuvor hatte Vizekanzler Gorbach noch rasch fuenf Parteigaenger seines Vertrauens mit Posten in der "Gesellschaft des Bundes fuer technologiepolitische Massnahmen – AustriaTech" versorgt (derStandard-online 10.01.07).

Ohne Zweifel wird der Rechtsextremismus der Freiheitlichen seine Fortsetzung finden. Da ihm ab sofort der Zugang zur Staatsmacht abgeschnitten ist, sie bis auf Weiteres der Mantel des Schweigens ueber ihn gebreitet.

 

Zum Anfang

Literatur:

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APA OTS (1.2.2000 – Ende des Beobachtungszeitraums). Österreichs Presseportal.  http://www.ots.at/

Baumann, Zygmunt (1992) Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit. Hamburg.

Benz, Wolfgang (1998) Gewalt und Ideologie. Traditionen und Strukturen rechtsextremen Denkens, in: Reinalter, Helmut u.a. (Hg.) Das Weltbild des Rechtsextremismus. Strukturen der Entsolidarisierung. Wien, 35-50.

Bobrowski, Manfred (21.7.2000) Neo-nationalsozialistische Tendenzen in der Ausdrucksweise der Freiheitlichen.Wien 1995. http://www.futurelinks.at/

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Der Standard-Online (1.2.2000 – Ende des Beobachtungszeitraums) Politik/Innenpolitik. http://www.derStandard.at/

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Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstands (DÖW) (24.06.03) Neues von ganz rechts – Juni 2003. "Völkerfreunde" über das neue Regierungsprogramm. http://www.doew.at/

Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstands (DÖW) (08.07.03) Presseaussendung: Gegen Geschichtsmanipulation von LH Haider. http://www.doew.at/

Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstands (DÖW) (08.07.04) Neues von ganz rechts – Juni 2004  "Sonnwendfeierm" . http://www.doew.at/

Druwe, Ulrich/ Martino, Susanne (1996) Rechtsextremismus. Methodologische Bemerkungen zu einem politikwissenschaftlichen Begriff, in: Falter, Jürgen W. (Hg.) Rechtsextremismus. Ergebnisse und Perspektiven der Forschung. Opladen, 66–80.

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Falter (8.11.2000) Verdunkelungsgefahr. Die Dokumente. (Heft 45/00).

Falter (12.11.2003) Eine nette Einladung ASYL  Innenminister Ernst Strasser hat seine Beamten angewiesen, Asylwerber schon bei der Ankunft zur Rückkehr zu überreden. Eine Gruppe von Tschetschenen berichtet erstmals, was "Überreden" tatsächlich bedeutet. Von Nina Horaczek und Nina Weissensteiner. (Heft 46/03).

Falter (26.10.2004) Verdächtiger Verdach. Innenminister Strasser zeigt prominente Asylanwälte und Kritiker Lorenz und Bürstmayr als Schlepper an. Von Florian Klenk (Heft 44/04)

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Anmerkungen:
[1] Trotz oder gerade wegen dieser ungeschminkten Umfärbeaktion konnte Rot-Grün bei den ÖH-Wahlen im Mai 2005 aber ihren Stimmenanteil an den meisten Universitäten deutlich ausbauen und ihre Mehrheit in der Bundesvertretung behaupten (derStandard-online 03.06.05).
[2] Als Klestil dann am 6. Juli 2004 zwei Tage vor Ende seiner Amtszeit starb, gab’s salbungsvolle Lob- und Danksagungen von Seiten der Regierung (Schüssel, Khol), die von vielen Beobachtern nicht nur als hohl sondern schon als Heuchelei empfunden wurden, und ein Staatsbegräbnis erster Klasse. Die riesige Kluft zwischen Regierung und Präsidenten und der ihr korrespondierende Riss in der Gesellschaft blieb unerwähnt. Dieses Verschweigen war nicht posthume Höflichkeit nach dem Motte "de mortibus nullum nisi bene", sondern posthume Ignoranz der Person Rudolf Klestils und der von ihm erkannten Wahrheit – des Verstoßes der bürgerlichen Partei gegen den eigenen Wertekodex. Mit dem lästigen Mahner sollte so auch ein Stück kompromittierender bürgerlicher Sittengeschichte begraben werden.
[3] Am 4. Oktober 2004 wurde dieser Verein übrigens sang- und klanglos wieder aufgelöst. Offiziell "ohne Groll" (Fischl) – deshalb, weil  Haider die ihm angesonnene Parteiführung nicht wieder übernehmen wolle, inoffiziell aus Enttäuschung darüber, dass sich die Leitfigur der Deutsch-Nationalen auf die Seite der Befürworter einer Aufnahme der Türkei in die EU geschlagen hatte (derStandard-online 11.10.04).
[4] Bei der Sitzung des Bundespräsidiums der SPÖ Anfang Jänner 2005 in der Steiermark stellte sich freilich heraus, dass die Landesparteien über diese Festlegung gar nicht glücklich sind und – wie der steirische Landesvorsitzende Voves - bereits an theoretischen Konstrukten schmieden, um sie zu umgehen: "Die SPÖ ist auf Bundesebene mit einer rechtspopulistischen FPÖ konfrontiert. Diese hat nichts zu tun mit der Landespartei unter einem Leopold Schöggl. Ich kann bei Schöggl keinen Rechtspopulismus erkennen." Wenn die steirische SPÖ in die Lage komme, wie in Salzburg die ÖVP-Vormacht zu brechen, werde man dies versuchen, auch mit der FPÖ (derStandard-online 03.01.05).
[5] Kaum im Amt wurde die "frauenpolitische Ansage" von Jörg Haider bei einem Go-Cart-Rennen in Velden in aller Öffentlichkeit vor laufender Kamera in frauenverachtender Weise als "Boxenluder" apostrophiert (ORF-Report 29.06.04).
[6] Zu den tatsächlichen Verhältnissen der Autor eines einschlägigen Sachbuchs Peter Pirker: "Der Historiker Thomas Geldmacher hat unter 1276 österreichischen Wehrmachtsdeserteuren ganze fünf Fälle gefunden, die bei ihrer Desertion schwere physische Gewalt angewendet haben. … (Dagegen wurden) insgesamt … zwischen 15.000 und 20.000 Deserteure hingerichtet, davon dürften etwa zwischen 1.200 und 1.400 Österreicher gewesen sein. Tausende andere kamen in KZ und Gefängnisse. Für diese Zeit konnten sie nie Ersatzzeiten für die Pensionsversicherung anrechnen lassen. Das gilt bis heute." (derStandard-online 20.04.05)
[7] Dem Sudanesen steht freilich die Moeglichkeit einer Versaeumnisbeschwerde beim VwGH offen, der im Falle einer nachhaltigen Weigerung der zustaendigen Behoerde auch die definitive Entscheidungsbefugnis ueber den Antrag haette.

hagalil.com 22-10-06

 


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