Otto Habsburg - Nachschlag:
Nicht der Moment für solche "Kleinigkeiten"
Von Karl Pfeifer
Am 20. November feierte Otto Habsburg, ehemaliger
Europaabgeordneter der CSU, seinen 90. Geburtstag in Wien. Wer sich diese Tage
den "Standard" und "Die Presse anschaut, der kann sich nur wundern über die
Huldigungen und die Hofberichterstattung dieser Blätter. Untertanen brauchen
dies, aber doch nicht Mitglieder der "Zivilgesellschaft" möchte man meinen in
einem Land, das seit 1918 Republik ist.
Im "Standard", vom 20.11. kann man eine kurze kritische Meldung
über das antisemitische Interview, das Otto Habsburg der Wochenzeitung "Zur
Zeit" gegeben hat, lesen. In der Presse vom 21.11. wird
diese Angelegenheit in einem kurzen Absatz unter dem Zwischentitel
"Aufregung um ein Interview" abgehandelt. Man kann diese Feiern für
Habsburg als Mummenschanz, man kann sie aber auch als einen Teil einer
Tradition empfinden, da ja Österreich hunderte Jahre von der Familie
Habsburg regiert wurde. Warum aber der Bundeskanzler eine Feier auf
Kosten des Steuerzahlers für einen deutschen Politiker a.D.
veranstaltet, das ist nicht zu verstehen. Aber
Otto Habsburg, der sich in "Zur Zeit" auch gegen Alfred Gusenbauer
ausgesprochen hat, kommt gerade recht, um der mit der FPÖ verbündeten
ÖVP im Wahlkampf zu helfen und steigt auch in diese Tiefen der
Parteipolitik. Wolfgang Schüssel bestätigt dem "hochgeschätzten
Jubilar", nicht immer "politisch korrekt" zu sein und lobt: "Sie haben
ausgesprochen, was Sie denken, was Sie meinen". Der Wink mit dem
Zaunpfahl geht an die Adresse der ganz rechten Katholiken, die früher
die FPÖ gewählt haben. Man kann als Antisemit und Reaktionär ruhig die
ÖVP wählen.
Der ORF wagte es in der ZiB 2 am 20.11. den greisen Habsburg
zu seiner antisemitischen Aussage über das Pentagon, das "eine jüdische
Institution" sei, zu befragen. Habsburg behauptete, das habe er "überhaupt nicht
gesagt, ich weiß nicht, wovon Sie reden." Im übrigen sei "in so einem schönen
Augenblick" nicht der Moment über solche "Kleinigkeiten" zu reden. Also entweder
sagt Otto Habsburg die Unwahrheit, oder hat der äußerst konservative Carl Gustav
Ströhm, früher Korrespondent der "Welt", der das Interview geführt hat, diese
Worte in seinen Mund gelegt.
Seine Aussagen in "Zur Zeit" zu Russland, wo ein
"Nationalsozialismus" drohe, nahm Habsburg nicht zurück, er präzisierte sie in
der ZiB 2, Putin sei "national und zugleich sozialistisch". Der beste Beweis
dafür, dass Putin nicht mit Hitler zu vergleichen sei, ist - so Habsburg - die
Tatsache, das Putin "einen Juden" namens Abramovic zum Berater für
Wirtschaftsfragen habe. Der Sohn des letzten österreichischen Kaisers macht sich
so als "Judenriecher" einen Namen. Sicher kein Zufall, dass er vom
österreichischen Bundeskanzler, der auch gerne über solche "Kleinigkeiten"
hinwegsieht, höchstes Lob erhielt.
Die Wiener Wochenzeitung "Zur Zeit", in der auch schon den
Juden ein Ritualmord vorgeworfen wurde, und die mit schöner Regelmäßigkeit
antisemitische Artikel und Karikaturen veröffentlicht, wird 2002 von der
Koalitionsregierung mit EURO 75.550.20 Presseförderung belohnt.
hagalil.com
13-11-02 |