Sprengsatz explodiert auf
jüdischem Friedhof in Berlin
Ein Akt des Terrors
Auf den Friedhof der jüdischen Gemeinde in Berlin-Charlottenburg wurde
am vergangenen Sonnabend ein Sprengstoffanschlag verübt. Die Polizei
vermutet darin eher eine Aktion der rechten Szene, als von
palästinensischer Seite. Der
Sprengsatz detonierte am Samstag gegen 19 Uhr 40 und wurde vermutlich in
den Innenhof des verschlossenen Eingangs geworfen. Anwohner des Berliner
Scholzplatz, in dessen unmittelbarer Nähe sich der Jüdische Friedhof
befindet hörten "Einen größeren Knall, wie von einer Explosion" und
benachrichtigten die Polizei. Nach
Angaben des Leiters des Landeskriminalamtes (LKA), Peter-Michael
Haeberer ist die Herkunft des Sprengstoffs bisher ungeklärt und auch die
Art des Zündmechanismus konnte noch nicht genau bestimmt werden. Dennoch
scheint das LKA erste Spuren zu verfolgen. So passierte kurz nach der
Tat ein dunkler Pkw eine nahe gelegene Straße gegen die Fahrtrichtung.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sprach von einem
"schändlichen Anschlag". Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden,
Michel Friedman nannte die Tat einen "Akt der Barbarei".
Der Friedhof in Berlin-Charlottenburg wurde 1953 angelegt. Von den 5000
Menschen, die dort bestattet wurden sind die Künstlerin Lotti Huber, der
Showmaster Hans Rosenthal und der langjährige Vorsitzende der Jüdischen
Gemeinde, Heinz Galinski wohl die prominentesten. Auf das Grab von
Galinski wurden bereit zwei Anschläge vermutlich von Nazi-Gruppen
verübt. Der Anschlag am Sonnabend
reiht sich ein in eine Kette derartiger Aktionen in den letzten Wochen.
So wurde vergangene Woche eine jüdische Gedenktafel im Berliner Bezirk
Tiergarten mit einem Hakenkreuz beschmiert. In Mecklenburg-Vorpommern
gab es weitere fünf Schändungen jüdischer Friedhöfe und Gedenkorte.
Einzelfälle oder das Werk von Einzeltätern sind solche Aktionen nicht.
Die deutsche Nazi-Szene ist in ihrem militanten Kern bereits seit Jahren
willens und in der Lage solche terroristischen Aktivitäten umzusetzen
und agiert dafür in klandestinen Kleingruppen. Erst im Januar 2001
verübte die Nazi-Gruppe "Nationale Bewegung" einen Brandanschlag auf die
Totenhalle des jüdischen Friedhofs. Dieser Anschlag stand in einer Reihe
solcher Aktionen der Gruppe mit nationalsozialistischem und
antisemitischem Hintergrund.
Anscheinend sehen sich weder der deutsche Staat in der Lage jüdische
Einrichtungen entsprechend zu schützen, noch stellt sich die
Gesellschaft dieser Form des Terrors adäquat entgegen. Die Täter wähnen
sich in der Regel als Vollstrecker des "Volkswillens" und betrachtet man
Statistiken über antisemitische und rechtsextreme Einstellungen in der
Bevölkerung, so ist zu befürchten, dass derlei Aktionen durchaus ihren
Widerhall in breiteren Bevölkerungskreisen finden.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die Spitzen der Politik
jedesmal in einem Ritual beschämt zeigen. Die Strukturen der
Gesellschaft, welche den eliminatorischen Antisemitismus möglich gemacht
haben sind noch immer vorhanden und die Deutschen haben als Kollektiv
nie ihre Vergangenheit bewältigt. Taten wie die am vergangenen
Wochenende sind keine Ausdrucksformen des Antisemitismus, sie sind
dieser selbst.
is/ hagalil.com 18-03-02 |