Der Witikobund
Späte Erkenntnis
Das Bundesamt für
Verfassungsschutz erkennt seit neuestem, wie in einem
Artikel der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke
zu lesen ist das rechtsextreme Potential des Witikobundes. Dabei wurde
der 1950 von alten Nationalsozialisten gegründete Witikobund bis 1967
vom Bundesministerium des Innern als rechtsextrem eingestuft.
An dieser Orientierung hatte sich
auch in den folgenden Jahren nichts geändert. Dafür wurde die
rechtsextreme Organisation allerdings in den Jahren 1983 bis 1991
jährlich vom Bundesinnenministerium mit rund 72.000 DM aus Mitteln des
Bundeshaushaltes gefördert. Nach eigenem Verständnis ist der Witikobund
eine „national-konservative Strömung innerhalb der ohnehin schon rechten
Sudetendeutschen Landsmannschaften. Jedes seiner sieben
Gründungsmitglieder war ehemaliges Mitglied der NSDAP oder der SS.
Braune Führungsriege
Dies gilt für Siegfried Zoglmann,
der 1934 der Nazi-Partei beitrat und es bis zum Gebietsführer der
Hitlerjugend im „Protektorat Böhmen und Mähren“. Seit 1942 war Zoglmann
Freiwilliger der Waffen-SS. Zoglmann wurde später Landesvorsitzender der
FDP in Nordrhein-Westfalen und Nach seinem Parteiwechsel Abgeordneter
der CSU im Bundestag.
Eine ähnlich braune Vita kann auch
Dr.rer.pol. Walter Becher vorweisen, der von 1956-58 Bundesvorsitzender
des Witikobundes war. Becher trat bereits 1931 in die NSDAP ein und war
Ressortleiter des NSDAP-Gauorgans "Die Zeit". Auch Becher wurde später
CSU-Mitglied und blieb MdB bis 1980. Weiter war er 1968- 82 Sprecher der
Sudetendeutschen Landsmannschaften und saß im Bayerischen Rundfunkrat.
Auch nachfolgende Generationen von
Witikonen steht stramm rechts. So Hans Ulrich Kopp. Der 1962 geborene
Kopp ist seit 1983 WB-Mitglied und seit 1992 Schriftleiter des
"Witikobriefes". Bausteine für seine rechte Karriere waren für das
ehemalige CDU-Mitglied unter anderem die "Burschenschaft Danubia zu
München" und der "Hochschulverband der Republikaner", dessen
Gründungsmitglied er 1989 war. Größeren Kreisen wurde er als
stellvertretender Chefredakteur der "Jungen Freiheit" (JF) bekannt. 1993
war er für diese Organisator der "JF-Sommeruni". Des weiteren ist er
Redakteur bei "Nation Europa" und Autor u.a. in den rechtsextrem
Zeitschriften "Identität", "Aula", "Criticon" und der "Deutschen
Militärzeitschrift".
Auch NPD-Mitglieder gehören und
gehörten zum Witikobund. So der ehemalige Bundesvorsitzende des
"Nationaldemokratischen Hochschulbundes" (NHB) und der "Jungen
Nationaldemokraten" (JN) Karl-Heinz Sendbühler oder der
ex-NHB-Bundesgeschäftsführer Günter Schwemmer und die ehemaligen
NPD-Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag Dr. Rolf Kosiek und
Karl Baßler.
Finanzier aus der Wirtschaft
Auch die Verflechtungen des Bundes
zu deutschen Unternehmen sind gut nachvollziehbar. Das Mitglied des
inneren Kreises der rechten „Düsseldorfer Herrenrunde“ der Solinger
Bauunternehmer Günter Kissel hat eine lange rechtsextreme Vergangenheit.
So versteckte der 1916 geborene Kissel nach der Befreiung den gesuchten
KZ-Mörder Gottfried Weise in seiner Firma. Und organisierte 1079 auf
seinem Firmengelände ein Veranstaltung mit dem britischen
Holocaust-Leugner David Irving und setzte sich 1982 für den inhaftierten
Nazi Thies Christophersen ein. Kissel gilt als Förderer des Witikobundes
und leistete beträchliche Geldspenden.
Offener Revanchismus
Seine Funktion sieht der Witikobund
darin die Vertriebenenverbände auf eine völkisch-nationale Linie
auszurichten. Dazu strebt der Bund keine Ausrichtung als Massenverband
an, sondern arbeitet mehr oder weniger abgeschottet als
Kaderorganisation. So kann auch nicht jeder und jede Mitglied bei den
Witikonen werden und das ist auch nicht gewollt. Die 1000 Mitglieder des
Witikobundes versuchten in der Vergangenheit gezielt Ämter in Parteien
und anderen Organisationen zu besetzen. So besteht die Bundesversammlung
der Sudetendeutschen Landsmannschaften seit Jahrzehnten zu über fünfzig
Prozent aus Witikonen.
Die Zielsetzungen des Witikobundes
sind stramm revanchistisch. Das ehemalige Sudetenland soll „heim ins
Reich“ geholt werden, beziehungsweise die Wiederherstellung der
deutschen Grenzen von 1939.Dazu der ehemalige Vorsitzende Walter Staffa:
"Das grausame Geschehen einer Vertreibung kann eines Tages die
Vertreiber selbst treffen." Gleichsam wird die
Vernichtung der europäischen Juden relativiert, indem die
"Vertreibung" der Sudetendeutschen zu "einem der einmalig furchtbaren und auf keinen
Fall wie auch immer hinzunehmenden Grossverbrechen dieses Jahrhunderts"
erklärt wird.
Ein weiteres Zitat eines Witikonen
Bundesvorsitzenden Horst Rudolf Überlacker, ebenfalls CSU-Mitglied, im
Organ der Witiko-Brief zeigt deutlich die Weltsicht des Verbandes: "Die
Deutschen, zusammengedrängt auf die Restgebiete in West.- und
Mitteldeutschland sowie in Österreich und zudem bedrängt von einem
'Millionenheer' volksfremder Zuwanderer, sehen sich einer allmählich
zerbröckelnden Zeitgeschichtsfassade gegenübergestellt." Kaum noch
verwundert bei einer solchen Haltung folgendes Zitat aus dem Witiko-Brie
von 1974: „"Zu den gewaltigsten Geschichtslügen der jüngsten
Vergangenheit gehören die 6 Millionen Juden"
Es verwundert doch angesichts
solcher Zitate, wenn der Verfassungsschutz erst jetzt zu der erneuten
Erkenntnis kommt, der Witikobund wäre rechtsextrem. Dabei ist der
Witikobund nur eines von vielen Beispielen, wie mit staatlicher
finanzieller Unterstützung und mittels Ignoranz sich rechtsextremes
Gedankengut in der Mitte der deutschen Gesellschaft etablieren konnte.
is / hagalil.com
16-12-01 |