Ein Jahr nach dem Anschlag in Düsseldorf
Nazis weiter im Auftrieb
Am 27. Juli war es genau ein Jahr
her, dass jüdische Kontingentflüchtlinge Opfer eines
Sprengstoffanschlags in Düsseldorf wurden. Der Bundeskanzler rief den
"Aufstand der Anständigen" aus und der Mordanschlag wurde wegen
schlampiger Ermittlungen nie aufgeklärt.
Ob es Zufall war oder nicht, am 28.
Juli diesen Jahres veröffentlichte das Bundesamt für Verfassungsschutz
seine neuesten Zahlen über die militante Nazi- und Skinheadszene. So hat
sich nach Heinz Fromm, Präsident des Bundesamtes, der organisierte
Rechtsextremismus nicht ausgebreitet, die Zahl der gewaltbereiten
Skinheads aber sehr wohl. Laut der Berliner Zeitung "Der Tagesspiegel"
meldete der Verfassungsschutz für das Vorjahr 9700 militante Nazis und
Skinheads, für dieses Jahr belaufen sich die Zahlen auf über 10000.
Da bedeutet einen weiteren recht
kontinuierlichen Anstieg der Zahlen von gewaltbereiten Nazis, wie schon
in den Jahren davor, trotz des "Aufstands der Anständigen", von denen
sich ein Teil bereits wieder zur Ruhe gesetzt hat. Was bleibt ist, dass
es für bestimmte Personengruppen, die rein optisch als Nichtdeutsche,
Behinderte oder auch als alternative Jugendliche erkennbar sind, es
No-go-areas gibt. Weiter bleibt der sich immer offener artikulierende
Antisemitismus und der der Terror gegen alle möglichen
gesellschaftlichen Minderheiten, die ein stärker werdender
Rechtsextremismus stets als erste ins Visier nimmt.
Geändert haben sich auch nicht
Tendenzen zum Rechtsextremismus an den Stammtischen oder bei den
Konservativen. Nur wird dieses Problem weiterhin kaum benannt. Die
personellen und ideologischen Verquickungen von Teilen der CDU/CSU, aber
auch der FDP mit Rechtsextremisten sind seit Jahren bekannt. Anscheinend
kann aber die deutsche Demokratie mit etwas Nazismus in den Köpfen ihrer
Mitglieder gut weiterbestehen.
So kann denn auch nur das
Brandenburger Innenministerium Erfolge im Kampf gegen Rechts für sich
verbuchen. Das Erfolgsrezept hierzu: Man korrigiert mit der
entsprechenden Zählweise die Zahlen der Vorkommnisse nach unten. So
bezifferte Eike Lancelle, brandenburgischer Innenstaatssekretär die
Gewaltdelikte aus dem rechtsextremen Spektrum von Januar bis Ende Juni
auf 26. Peinlich daran ist nur, dass bereits Anfang Juli per
Pressemitteilung die Zahl von 43 Gewaltdelikten in Brandenburg lanciert
wurde.
Es ist sicherlich nur ein Zufall, dass
solch eine schon an Fälschung grenzende Zahlenmanipulation unter der
Regie des bekannten CDU-Rechtsauslegers Jörg Schönbohm geschah.
Schönbohm ist, nebenbei gesagt einer der Vizepräsidenten des
rechtskonservativen Studienzentrums Weikersheim, welches mit Spenden aus
der Industrie 1979 von dem ehemaligen NS-Marinestabsrichter Hans
Filbinger gegründet wurde.
Im Studienzentrum Weikersheim durften
denn auch schon bekannte "neurechte" Intellektuelle referieren, wie der
Herausgeber der Staatsbriefe
Hans-Dietrich Sander, der Nationalrevolutionär Wolfgang Strauss
oder der ehemalige Bundesvorstandsprecher der Republikaner Hans-Ulrich
Kopp, um nur einige Beispiele zu nennen. Da gehört es denn schon fast
zum guten Ton für den brandenburgischen Innenminister der rechtsextremen
Wochenzeitung "Junge Freiheit" Interviews zu geben. Er befindet sich
damit ja auch in bester Gesellschaft mit CDU-Generalsekretär Laurenz
Meyer, dessen Homepage der Ausspruch ziert: "Wir müssen so reden, dass
uns die Leute an den Stammtischen verstehen"
Sicherlich richtig sind die Ergebnisse
des Landeszentrums für Zuwanderung in Nordrhein-Westfalen, dessen
Experten konstatierten, einmalige, befristete Maßnahmen bei der
Bekämpfung von Rassismus würden zu kurz greifen und dies wäre eine
"Daueraufgabe". Genauso richtig ist die Feststellung der Experten, dass
Statistiken und Berichte der Ämter für Verfassungsschutz nur solche
Diskriminierungen erfassen, die strafrechtlich relevant sind, also die
Spitze des Eisberges.
Aber es gilt neben einer langfristigen
Anti-Diskriminierungsarbeit auch den Teufelskreis einer Dialektik zu
durchbrechen, in der Teile der sogenannten politischen Klasse und die
Meinung an den Stammtischen ein gesellschaftliches Klima forcieren, in
dem sich die militanten Nazis als die Vollstrecker des Volkswillens
fühlen, wenn sie Brandsätze auf Roma
werfen oder Synagogen schänden.
IS/klick-nach-rechts.de
03.08.2001 |