Aktionsbündnis fordert sofortige
Entschädigung für Zwangsarbeiter:
Regelmäßige Mahnwachen
Es ist nur eine kleine Gruppe von Menschen, die
sich regelmäßig vor dem Berliner "Haus der Deutschen Wirtschaft"
einfindet, um mit einer Mahn- und Protestwache ihre Empörung gegen die
Verschleppungstaktik der deutschen Unternehmen bei der Auszahlung der
Entschädigungs- gelder an die überlebenden Zwangsarbeiter und
Zwangsarbeiterinnen, zu äußern.
Die Angestellten, die im "Haus der Deutschen
Wirtschaft" ihren Arbeitsplatz haben hetzen vorbei, beachten kaum die
ausgerollten Transparente und viele senken den Blick. Ist es Scham oder
Ignoranz? Längere Gespräche kommen selten zu Stande, dafür pöbelt ein
Radfahrer: "Ihr seid alles Schmarotzer". Aber auch die Linke, welche
sonst kaum eine Gelegenheit auslässt ihren Unmut auf die Straße zu
tragen und gegen Nazis zu protestieren, ist nur durch wenige
Einzelpersonen vertreten.
Die Reaktionen der Passanten spiegeln hier im Kleinen
die Haltung des Gros deutschen Gesellschaft gegenüber der
Entschädigungsforderung. Wie sonst ist es erklärbar, dass die
Stiftungsinitiative stets neue Hindernisse auf dem Weg zu der von ihr
geforderten Rechtssicherheit findet. Auch wenn von Seiten aller im
Bundestag vertretenen Parteien ein Beginn der Entschädigungsauszahlung
gefordert wird, so klingt dies inzwischen mehr als lahm.
Einzig die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke fand
bisher den Weg auf die Straße zu den Protestierenden, ansonsten
erscheint das Engagement in der Parteienlandschaft ausschließlich eine
Sache von Reden und Mahnungen zu sein. Gerade auch die Bundesregierung
lässt jedweden materiellen Druck auf die Industrie vermissen und die
Möglichkeit wenigstens mit einer Teilauszahlung des Bundesgelder zu
beginnen wird nicht genutzt. So könnte immerhin ein moralisches Zeichen
gesetzt werden.
Während der Mahnwache wird ein Flugblatt verteilt,
welches den Auschwitz-Überlebenden und ehemaligen Zwangsarbeiter Kurt
Goldstein zitiert: "Jetzt sind wir wieder die Geiseln der Nachfolger der
ganzen Wehrwirtschaftsführer und Bauernführer geworden. Uns halten die
Herren Gentz und Co. als Geiseln dafür, dass man ihnen das gibt, was sie
Rechtssicherheit nennen. In Wirklichkeit handelt es sich um ein
schändliches Spiel, um das Problem der Zwangsarbeiter biologisch zu
lösen"
Um diese Situation, welche für die ehemaligen
Zwangsarbeiter äußerst demütigend ist, zügig zu ändern bräuchte es
allerdings eines breiten gesellschaftlichen Protests aus Gewerkschaften,
Zivilgesellschaft und aus dem Ausland. Es steht zu befürchten, dass die
Wirtschaft ihre Blockadepolitik erst dann aufgibt, wenn ihr nicht nur
moralischer Schaden droht, sondern ihre Investitionstätigkeit auch in
anderen Ländern materiell in Frage gestellt wird. Denn gegen moralischen
Druck scheint das in seinen Konsequenzen immer wieder mörderische
Nützlichkeits-Denken immun.
Das "Aktionsbündnis Entschädigung für
ZwangsarbeiterInnen" veranstaltet die Mahnwache jeden Montag, 16 bis
17.30 Uhr vor dem "Haus der Deutschen Wirtschaft" in Berlin am
Mühlendamm Ecke Breite Straße
IS
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16.05.2001 |