Kein anständiger Aufstand
Ein Kommentar zu den aktuellen rassistischen
und antisemitischen Überfällen in Brandenburg
Das neue Jahr beginnt in Deutschland so wie das
Alte geendet hat: Als ein potentiell lebensgefährliches für alle in
diesem Land, die irgendwie anders sind als die Mehrheit. Diese
Lebensbedrohung gilt für Flüchtlinge, Aussiedler und Juden, aber auch
für behinderte Menschen, sowie für Lesben, Schwule und Linke.
Die selbsternannten Volkstrecker eines rassistischen
und antisemitischen Volkswillens werden solange weiter agieren, wie sie
sich sicher sein können auf die moralische Rückendeckung eines
Großteiles der Bevölkerung setzen zu können.
Wenn nun in Cottbus 8.000 Menschen
gegen "Fremdenfeindlichkeit" demonstrieren, so ist dies zwar richtig,
ändert aber leider an der Problematik überhaupt nichts. Der Großteile
jener Deutschen, welche mit den rechten Gewalttätern die Gesinnung
teilen, jedoch alle vier Jahre ein Kreuz bei CDU/CSU, SPD, PDS oder auch
den Grünen setzt, geht für seine Ziele nicht auf die Straße und bleibt
daher in der Regel unsichtbar. Die rassistisch motivierten,
pogromartigen Überfälle auf Flüchtlingsunterkünfte Anfang der neunziger
Jahre stellen in diesem Sinne bisher, zum Glück, eine Ausnahme dar.
Eben jene schweigende Mehrheit stellt jedoch ein mindestens ebenso
großes Problem dar, wie die paar tausend registrierten Rechtsextremen
mit ihren Gewalt- taten. Erste prägen ein gesellschaftliches Klima in
welchem diese Gewalt erst möglich wird. Doch davon ist in
Politikeransprachen nicht die Rede, müssten die Damen und Herren sich
dann doch von ihrem eigenen Wählerpotential distanzieren. An
Zivilcourage zu appellieren macht eben nur dann Sinn, wenn die
angesprochenen überhaupt bereit sind ein Mindestmaß an zivilisatorischen
Standards zu akzeptieren. Ob dies der Fall ist wage ich zu bezweifeln
angesichts der vielen Ermordeten, Verletzten und Beleidigten seit der
Wiedervereinigung. An diesen Zuständen wird sich
solange nichts ändern, wie bundesdeutsche Politiker ungestraft von einer
"durchrassten Gesellschaft" reden können oder Menschen aus anderen
Ländern hier nur Aufnahme finden, wenn sie der deutschen Wirtschaft von
Nutzen sind. Wenn jedoch, wie nicht nur in einem Einzelfall überliefert,
Brandenburger Lehrer und Lehrerinnen nichts schlechtes dabei finden
können, dass ihre Schüler "stolz sind Deutsche zu sein"; oder wenn
mittels Staatsgeldern rechtsextreme Jugendliche pädagogisiert werden
sollen, statt diese Gelder den potentiellen Opfern zukommen zu lassen,
dann ist der weitere Vormarsch dieser menschenverachtenden Ideologie mit
Namen Nazismus nicht aufzuhalten.
IS
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08.01.2001 |