Martin Hohmann,
Jürgen W. Möllemann und die
Junge Freiheit eint das gleiche
Schicksal. Sie alle wurden oder werden unterdrückt. Rote, Grüne, »Zeitgeistler«
und die Presse wollen ihnen ihr Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit streitig
machen.
Davon ist zumindest die »Stimme der Mehrheit
- Arbeitsgemeinschaft Freie Publizisten, Schriftsteller und Wissenschaftler«
überzeugt, die am 8. Mai ins Fuldaer Hotel Maritim zu ihrem Frühlingssymposium
geladen hatte. Vor den mehr als 200 Gästen der nicht öffentlichen Veranstaltung
referierte ausgewählte Prominenz der deutschen Rechten über: »Meinungsfreiheit
in Deutschland – Grundrecht oder Farce?« Die Presse war ausdrücklich nicht
erwünscht, da eine »freie Diskussion« sonst nicht möglich sei, wie einer der
Veranstalter zur Eröffnung erklärte.
Bekannte Vertreter unterschiedlicher Strömungen
des deutschen Konservatismus und der extremen Rechten kamen in Fulda zusammen.
Der prominenteste Gast und heimliche Star auf dem Podium war der
Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann, der noch einmal seine antisemitische Rede
vom 3. Oktober 2003 verteidigte, die zu seinem Rausschmiss aus der
Bundestagesfraktion der CDU/CSU geführt hatte, und sich als verfolgte Unschuld
präsentierte. Er betonte seinen Wunsch, weiterhin Mitglied der CDU bleiben zu
können. Derzeit läuft ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn.
Unterstützung bekam er, wie schon häufiger in
der Vergangenheit, von Norbert Geis (CSU), dem Rechtspolitiker der
CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. In einem Flugblatt des Bundes der
Selbstständigen, das in Fulda verteilt wurde, schiebt Norbert Geis die alleinige
Schuld am Skandal um Hohmann den Medien zu. Sie hätten falsch über die Rede
berichtet und so die Union unter Druck gesetzt. Auf der Veranstaltung fiel Geis
allerdings auch die undankbare Aufgabe zu, die Position seiner Partei zu
erläutern, was ihm wenig Sympathie einbrachte. Als er die Anwesenden
aufforderte, sich weiterhin in der CDU zu engagieren – sie sei ja schließlich
eine »demokratische Partei« –, erntete er nur höhnisches Gelächter.
Als weiteres prominentes Aushängeschild der
gemäßigten Rechten versuchte der bekannte TV-Journalist Heinz Klaus Mertes
vergeblich, dem Publikum zu erklären, dass es in Deutschland doch Meinungs- und
Pressefreiheit gebe. Die deutsche Rechte kritisierte er für ihren oftmals
unprofessionellen und voreingenommenen Umgang mit den Medien.
Auch
Gerd Schultze-Rhonhof durfte sich als vermeintliches Opfer der political
correctness darstellen. Immer wieder würden Antifas seine Vorträge stören, und
im Internet laufe eine wahre Verleumdungskampagne gegen ihn. Die dort
zusammengestellten Informationen könnten nur, so sein Verdacht, aus abgehörten
Telefonaten oder heimlich geöffneten Briefen stammen. In bester
verschwörungstheoretischer Manier bezichtigte er ein nicht näher bezeichnetes
»Landesamt« der deutschen Geheimdienste der Kooperation mit Antifas.
Schultze-Rhonhof ist im vergangenen Jahr als Autor eines
geschichtsrevisionistischen Buches über den Zweiten Weltkrieg an die
Öffentlichkeit getreten. Darin verbreitet er die Lüge, Frankreich und
Großbritannien seien die eigentlich Schuldigen am Ausbruch des Zweiten
Weltkrieges. Die FAZ bezeichnete die Thesen des ehemaligen Bundeswehroffiziers
zu recht als »abstrus«.
Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der FDP in
Nordrhein-Westfalen, Achim Rhode, schilderte den Umgang der Presse mit seinem
verstorbenen Freund Jürgen W. Möllemann als einen weiteren Fall von Verleumdung
und als Behinderung der Meinungsfreiheit. Von Eingriffen in die Pressefreiheit
konnte auch der ehemalige Generalbundesanwalt
Alexander von Stahl berichten. Denn die Beobachtung der rechtsextremen
Wochenzeitung Junge Freiheit, die er als Anwalt vor Gericht vertritt, durch den
Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen sei nicht gerechtfertigt.
Als die Vorträge enden und das Publikum das
Wort erhält, gibt es kein Halten mehr. Die Stimmung wird gereizter, der
versammelte Mittelstand will sich nicht allein mit konservativen Positionen
zufrieden geben. Als
Norbert Geis zum Beispiel anmerkt, er wolle die Beziehungen zwischen
Deutschland und Israel nicht belasten, erntet er Protest. Ein Anzugträger
springt sogar auf und ruft erregt in den Raum: »Aber ich!« Ein anderer raunt
seinem Sitznachbarn zu: »Der will doch Groß-Israel.«
Die laute Mehrheit im Saal fordert auch die
Abschaffung des Paragraphen 130, der den Straftatbestand der Volksverhetzung und
der Leugnung der Shoa beinhaltet.
Heiner Kappel, Bundesvorsitzender der
Deutschen Partei, macht sich zum Sprecher dieser Forderung, als er in Fulda
ausruft: »Der muss weg!« Geis dagegen spricht sich für die Beibehaltung des
Paragraphen aus und erzählt, dass er selbst an der Formulierung des Gesetzes
mitgearbeitet hat.
Die »Stimme der Mehrheit« wurde im Mai 1997 in
München gegründet und will sich um »die längst fällige geistig-moralische
Erneuerung, um die Anerkennung und Förderung der Leistungswilligen in Wirtschaft
und Gesellschaft und nicht zuletzt um die Vertretung der Interessen des eigenen
Volkes« kümmern. Als Gründer des neurechten Braintrusts werden eine ganze Reihe
bekannter Personen der Rechten genannt, wie etwa Alexander von Stahl, der
Verleger
Herbert Fleißner, der »Anti-Antifa«-Professor
Hans-Helmuth Knütter und der ehemalige Präsident des Studienzentrums
Weikersheim, Klaus Hornung. Der Bund der Selbstständigen aus
Nordrhein-Westfalen, in dem angeblich rund 90 000 Firmen Mitglied sind, nennt
die Arbeitsgemeinschaft als Kooperationspartner.
Die »Stimme der Mehrheit« führt auf ihrer
Internetseite wiederum andere Organisationen als Mitglieder und
Kooperationspartner auf: den »Deutschland Brief« aus dem Verlag von
Bruno Bandulet, die
Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft von Reinhard Uhle-Wetter, den
»Informationsdienst Vertrauliche Nachrichten« oder den Freiheitlichen
Akademikerverband aus dem österreichischen Salzburg.
Auch der Bundestagsabgeordnete
Friedbert Pflüger (CDU) war ursprünglich nach Fulda eingeladen worden.
Nachdem er zunächst sein Kommen zugesagt hatte, verzichtete er dann doch auf den
Auftritt. In einem Schreiben, das der Jungle World vorliegt, kritisiert Pflüger,
die Veranstaltung drohe »zu einer reinen Hohmann-Solidaritätsveranstaltung
auszuarten«. »Dies scheint mir – im Zusammenhang mit dem Datum 8. Mai – ein
Rahmen zu sein, in dem ich nicht auftreten möchte.« Stattdessen referierte er
lieber an einem vermeintlich unbelasteten Ort – auf dem Jahreskongress des
Studienzentrums Weikersheim, das der ehemalige Marinerichter
Hans Filbinger ins Leben gerufen hat.
weiterer Artikel über Bund der Selbstständigen u.a. :
Bund der Selbständigen und Stimme der Mehrheit