Überblick:
Deutsches Haus
Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und
Friedhofsschändungen...
gw
Wie die Wormser Zeitung am 2. April berichtete, wurden ein mazedonischer
Flüchtling und seine Familie aus Worms (Rheinland-Pfalz) nach Mazedonien
abgeschoben, nachdem eine Klage des Familienvaters gegen die Stadt, die ihm seit
Jahren eine Aufenthaltserlaubnis verweigert hatte, vom Mainzer
Verwaltungsgericht abgewiesen worden war. »Ich habe großes menschliches
Verständnis für diese Familie, aber das Asylrecht ist eindeutig«, sagte
Oberbürgermeister Michael Kissel (SPD). Er könnne »natürlich hier keinen
Präzedenzfall schaffen«. Die EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit (EUMC) hat in den letzten zwei Jahren eine deutliche
Zunahme von Übergriffen auf Juden in Deutschland festgestellt. Ein am 31. März
vorgestellter Bericht besagt, dass die Zahl antisemitischer Handlungen zwischen
1999 und 2000 um fast 70 Prozent zugenommen habe. Im Jahr 2002 habe sich die
Zahl antisemitischer Gewalttaten von 18 auf 28 erhöht. Die meisten Delikte
betrafen die Aufstachelung zum Hass und propagandistische Straftaten. Vier
Männer überfielen am 30. März in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) einen 34jährigen
Asylbewerber aus Eritrea und schlugen ihn zusammen. Das Opfer musste wegen einer
Platzwunde und zahlreicher Prellungen ambulant im Krankenhaus behandelt werden.
Bei dem Überfall wurde auch mit einer Schreckschusspistole geschossen. Einer der
Täter konnte festgenommen werden. Der Beschuldigte, der als Hauptverdächtiger
gilt, ist der Polizei als Rechtsextremist bekannt und soll bereits im Jahre 2002
einen Asylbewerber aus Indien im Stadtzentrum Halberstadts angegriffen haben.
Unbekannte verwüsteten am 29. März 91 der 200 Grabstelen auf dem jüdischen
Friedhof in Walldorf bei Meiningen (Thüringen). Die Friedhofsschändung in
Walldorf sei bereits die dritte im Freistaat in den ersten drei Monaten dieses
Jahres gewesen, erklärte Wolfgang Nossen, der Vorsitzende der jüdischen
Landesgemeinde. Er sehe einen erheblichen Widerspruch zwischen der Aussage des
thüringischen Innenministers, Andreas Trauvetter (CDU), dass
rechtsextremistische Gewalttaten zurückgingen, und dem Thüringer Alltag. Die
Verwüstung der drei jüdischen Friedhöfe verursachte einen Schaden von rund 100
000 Euro. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung vom 28. März wird der Zulauf
zur rechtsextremistischen Szene in Deutschland immer größer. Aus Beobachtungen
des Verfassungsschutzes gehe hervor, dass gewaltbereite Neonazigruppen immer
erfolgreicher Mitglieder aus dem Skinheadmilieu rekrutierten. Seien bis Anfang
der neunziger Jahre die in Deutschland aktiven Rechtsextremisten meist zwischen
20 und 30 Jahren alt gewesen, gebe es mittlerweile schon 13jährige, die sich
gewalbereiten Skinheadgruppen anschlössen. Wie die Sächsische Zeitung am 26.
März mitteilte, hat der Verwaltungsausschuss der Stadt Görlitz (Sachsen) den Bau
eines Asylbewerberheims mit der Begründung abgelehnt, dass Flüchtlinge
Investoren abschrecken könnten.
Jungle World
Jungle World Nummer 16 vom 07.04.2004
kt /
hagalil.com
/ 2004-04-07
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