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Wahlen in Kärnten:
Ein schwarzer Tag für Österreichs ÖVP

Die Partei von Bundeskanzler Schüssel erleidet bei den Landtagswahlen in Salzburg und Kärnten starke Verluste. Sozialdemokraten und Rechtspopulisten triumphieren. Haider fehlen drei Mandate zur Mehrheit. Wer fällt zuerst um...

Ralf Leonard

Das konservative Bundesland Salzburg wird künftig von einer Frau, noch dazu einer Sozialdemokratin, regiert werden. Kärnten bleibt eine Trutzburg der sonst immer stärker verblassenden Freiheitlichen. Die Triumphe Jörg Haiders (FPÖ) in Kärnten und Gabi Burgstallers (SPÖ) in Salzburg bei den Landtagswahlen am Sonntag kamen nicht überraschend, waren aber unerwartet deutlich. Die Zugewinne der SPÖ-Salzburg von mehr als 13 Prozent stellen sogar einen Rekord auf Landesebene dar.

 

Der große Verlierer des Tages ist die Kanzlerpartei ÖVP, die in Salzburg den Landeshauptmann abgeben muss und in Kärnten fast auf die Hälfte ihrer bisherigen Stärke reduziert wurde (von 20,7 auf 11,6 Prozent und von vier auf zwei Landtagssitze). Wolfgang Schüssel hat damit einen empfindlichen Dämpfer erfahren, der auch den Rest seiner Amtszeit als Kanzler überschatten wird.

 

Am Wahlabend ist es üblich, dass die Parteiobleute aus Wien sich in der jeweiligen Landeshauptstadt einfinden.Diesmal eilte FPÖ-Parteichef Herbert Haupt nach Klagenfurt, Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Alexander van der Bellen (Grüne) sonnten sich im Glanz ihrer StatthalterInnen in Salzburg. Nur Schüssel ließ seinen Fraktionschef Wilhelm Molterer die bittere Suppe auslöffeln. Der verkündete erwartungsgemäß, dass Landtagswahlen nichts mit der Bundespolitik zu tun hätten. Eine Einschätzung, die vom Sozialforschungsinstitut SORA nicht geteilt wird. Eine Blitzumfrage in Kärnten ergab, dass mehr als die Hälfte der Wähler die Pensionskürzungen, unzureichende Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und die Art der bevorstehenden Steuerreform ablehne. Kurioserweise sei es ausgerechnet Jörg Haider geglückt, diese Stimmung gegen die Bundesregierung, in der seine Partei als Juniorpartner alle unpopulären Schritte mitgetragen hat, für sich zu nützen. Auch der Wahlkampf von Burgstaller richtete sich in erster Linie gegen den Schüssel-Kurs in Wien.

 

Schüssel selbst stellte sich erst gestern einem Mikrofon. Dabei versuchte er, dem Desaster für seine Partei noch eine optimistische Wende zu geben: Die Wahlen hätten "eine unglaubliche Mobilität der Wähler" gezeigt. Er sehe das als "Belebung der Demokratie, die nicht einfach ist für die handelnden Personen, aber gleichzeitig eine Chance in sich birgt".

 

Die Mobilität, vor allem der ÖVP-Klientel, hat tatsächlich in beiden Ländern den Wahlausgang bestimmt. Haider konnte nicht nur seinen ersten Platz verteidigen, sondern gegenüber 1999 sogar 0,4 Prozentpunkte (auf 42,5 Prozent) zulegen. Das hat er der ÖVP zu verdanken, deren Wähler scharenweise ins blaue Lager überliefen. Wähleranalysen zeigen, dass die Abwanderung von FPÖ-Stimmen zur SPÖ und Nichtwählern größtenteils durch ehemalige ÖVP-Wähler ausgeglichen wurde. Das ist neu. Früher waren den Freiheitlichen vor allem proletarische Stimmen aus dem SPÖ-Pool zugewachsen. Offenbar war den konservativen Wählern mehr daran gelegen, einen sozialdemokratischen Landeshauptmann zu verhindern, als Jörg Haider in die Wüste zu schicken. Frustrierte ÖVP-Wähler ermöglichten auch den Grünen erstmals den Einzug in den Landtag, der sich mit einer in Österreich einmaligen Zehnprozenthürde gegen Kleinparteien abschottet.

 

Haider, dem drei Mandate auf die Stimmenmehrheit im 36-sitzigen Landtag fehlen, braucht zu seiner Wiederwahl die Stimmen von ÖVP oder SPÖ. In Entrüstung über eine Provokation Haiders, der keinen moralischen Unterschied zwischen Saddam Hussein und George W. Bush entdecken kann, hatten sich beide Landesparteichefs festgelegt, ihm ihre Stimme zu verweigern. Eine schwarz-rote Verschwörung gegen den Wahlsieger würde weder bei den Wählern noch bei der Bundesregierung auf Verständnis stoßen. Die Frage ist nur, wer zuerst umfällt. Die ÖVP, wo Köpfe rollen werden, dürften sich eher neu positionieren können. Große politische Änderungen sind trotz der Verschiebungen vorerst nicht zu erwarten. Gabi Burgstaller will die ÖVP in eine große Koalition einbinden und erst bei deren Verweigerung bei den Grünen anklopfen. Und auf Bundesebene sieht Wolfgang Schüssel keinen Handlungsbedarf.

die tageszeitung
taz - die tageszeitung vom 09.03.2004

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kt / hagalil.com / 2004-03-09

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