Brandenburg:
Rechte drohen Opfer-Helfern
Potsdamer Neonazis der "Anti-Antifa" haben eine
Mitarbeiterin von "Opferperspektive e.V." auf eine "Feindliste" im Internet
gesetzt. Von der kaum verbrämten Drohung will sich der Potsdamer Verein jedoch
nicht einschüchtern lassen...
Heike Kleffner
Normalerweise
informiert der Verein "Opferperspektive" über rechte Gewalt und hilft den
Betroffenen, die Folgen von Angriffen zu überwinden. Fünfzehn Fälle registrierte
das Team 2003 in Potsdam. Jetzt steht es selbst im Visier von Neonazis: Unter
dem Stichwort "Anti-Antifa Potsdam" veröffentlichen stadtbekannte
Rechtsextremisten seit Beginn des Jahres eine "Feindliste" im Internet. Neben
alternativen Projekten findet sich hier in einem alphabetischer Personenindex
auch eine Mitarbeiterin von "Opferperspektive".
Geplant sei
vermutlich auch die Veröffentlichung von Fotos von Beamten der
Polizei-Sondereinheit "Politisch motivierte Straßengewalt" und eines
Tagesspiegel-Journalisten, warnte das Antifaschistische Infoblatt (AIB).
Besucher der Anti-Antifa-Website werden mit einem sprachlich dürftigen, aber
eindeutigen Text begrüßt: Als "unabhängige Kameraden" habe man es "sich zur
Aufgabe gemacht, regional entgegen der antifa zu arbeiten …" Gesammelt würden
"Fotos, Arbeitsstellen, private Gewohnheiten, Autokennzeichen" von politischen
Gegnern. In einer bemühten Distanzierung von offenen Gewaltaufrufen heißt es,
die gesammelten Daten sollten "natürlich nicht denunzieren, sondern sind
lediglich zur Gefahrenabwehr von linken und anarchistischen Gewalttaten".
Der Verein
"Opferperspektive" hat inzwischen Strafanzeige wegen Verletzung des
Kunsturheberrechts gegen die Betreiber der Website gestellt. Einschüchtern
lassen will man sich nicht. Schließlich seien nichtrechte Jugendliche in Potsdam
"jeden Tag der Gefahr ausgesetzt, von Neonazis angegriffen zu werden", so eine
Mitarbeiterin. Solche Angriffe würden von Kommunalpolitikern und
Sicherheitsbehörden nach wie vor verharmlost. Wie im Fall eines 17-jährigen
Auszubildenden, der im März 2003 nachts am Bahnhof Rehbrücke von einer Gruppe
Neonazis angegriffen wurde: "Zecke, verpiss dich" und "So fühlt es sich an, wenn
man unterlegen ist", riefen die Angreifer, während sie mit einem
Teleskopschlagstock auf Beine und Kopf des Jugendlichen einschlugen.
Anschließend warfen sie ihn auf die Bahngleise.
Die
"Opferperspektive" unterstützte den Betroffenen und begleitete den Prozess gegen
die Angreifer. Das Antifaschistische Infoblatt vermutet, der Verein sei auch
deshalb zur Zielscheibe für die "Anti-Antifa" geworden. Diese habe in Potsdam
gute Kontakte zu den Strukturen der verbotenen Neonaziorganisation "Blood &
Honour" sowie zu den Angreifern von Rehbrücke.
Bei den Sicherheitsbehörden gibt man sich derweil zugeknöpft: Man beobachte die
Aktivitäten der Anti-Antifa Potsdam, könne aber noch keine abschließende
Bewertung abgeben, sagt Wolfgang Brandt, stellvertretender Pressesprecher von
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Allerdings würden die Behörden bei "Gefahr
für Leib und Leben" sofort aktiv."
die tageszeitung
taz - die tageszeitung Berlin vom 10.03.2004
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/ 2004-03-10
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