Wenn Edmund
Stoiber in neun Tagen zum alljährlichen Aschermittwochs-Haudrauf der CSU nach
Passau aufbricht, wird er dieses Mal vielleicht einen Umweg einlegen. Und seinen
Chauffeur wehmütig ein letztes Mal zu einem 120 Meter langen, 50 Meter breiten
und 20 Meter hohen Gebäudeklotz dirigieren. Denn wenige Wochen später wird die
Passauer Nibelungenhalle Vergangenheit sein - jener Ort, an dem die CSU seit
1975 ihren politischen Aschermittwoch als Saufgelage der Basis samt markigen
Sprüchen der Parteispitze inszeniert hat. Schon jetzt wird im Inneren der Halle
abgebaut, ab März kreist die Abrissbirne. Die CSU zieht bereits in diesem Jahr
ein paar Meter weiter in die neu gebaute Dreiländerhalle.
Bereits der
Namenswechsel verrät, dass in der 50.000-Einwohner-Stadt Passau nicht jeder der
Niha, wie die Halle hier nur genannt wird, nachtrauert. Zu belastet war der Ort
durch die regelmäßigen Treffen der DVU. Sie hatte sich die Nibelungenhalle nicht
zuletzt wegen ihrer Entstehungsgeschichte für die jährlichen Parteitreffen
ausgeguckt. Seit 1984 hetzten der Münchner Verleger Gerhard Frey und seine
Kameraden in dem wuchtigen Bau, der eigentlich "Ostmarkhalle" heißen sollte.
Doch bei der Grundsteinlegung im April 1934 erklärte der örtliche
NSDAP-Gauleiter Hans Schemm: "Nicht umsonst soll der Name dieser Halle
Nibelungenhalle lauten, als Erinnerung an Passaus große Zeit. Wie dieser Bau
fest in die Heimaterde verwachsen sein wird, aus dem Granit und dem Holz des
Bayerischen Waldes erbaut, und hinaufzeigen wird zum Himmel, so soll diese
Symbolik uns hinführen zu unseren höchsten Idealen: Blut und Boden und Gott."
Diese Ansprache
und der für die NS-Zeit typische kantige, überdimensionierte Baustil dürften
Frey und seinen DVU-Wählern bestens gefallen haben. In Passau hingegen
registrierten Bürger und die Rathausspitze entsetzt die Jahr für Jahr
wiederkehrenden Schlagzeilen über Nazi-Treffen, die ein Bild von Passau und
besonders der Nibelungenhalle als tiefbraunes Zentrum zeichneten. Dass in der
Halle außer Frey und Franz Josef Strauß auch Joe Cocker und Udo Jürgens
auftraten, dass Eisrevuen gastierten, Fußballturniere und Faschingsbälle
abgehalten wurden, nahm jenseits der Stadtgrenzen kaum jemand wahr.
Alle Versuche der
Stadt, die Parteitreffen der DVU zu verbieten, scheiterten vor Gericht: Die
Halle als städtischer Veranstaltungsraum konnte zugelassenen Parteien nicht
verwehrt werden.
Als die Stadt im
Jahr 2000 die Miete für Opfer rechter Gewalt spendete und der Pächter des
Restaurants sich ein Jahr später weigerte, die Rechten zu bedienen, blieb die
DVU endlich weg. Dass die Halle wegen baulicher Mängel und veralteter Technik
abgerissen werden würde, stand da ohnehin schon fest.
Ein bisschen Niha bleibt Passau aber erhalten. Hallenmanager Norbert Täuber
konnte sich kaum vor den Anfragen interessierter Bürger retten, die ein Stück
Parkett oder ähnliche Devotionalien ergattern wollen. Es könnte ja noch der
Schweiß von Franz Josef dran kleben.