Christian Wolff
geht in die Offensive. Der Pfarrer der Leipziger Thomaskirche will den Streit um
die Errichtung eines jüdischen Begegnungszentrums im Waldstraßenviertel
öffentlich machen. Fünf Anwohner hatten gegen den Bau geklagt. Sie
argumentieren, ihre Sicherheit sei nicht mehr gewährleistet, wenn sich in der
Nachbarschaft eine jüdische Einrichtung befinde. Zudem verliere ihr Eigentum
durch die Einrichtung des Gemeindehauses an Wert.
Diese
Argumentation greift Pfarrer Wolff nun an. Die Kläger bewegten sich in der
"trüben Tradition des Antisemitismus", schreibt Wolff in einem einem offenen
Brief in der Zeitschrift der Thomaskirche. Gegenüber der taz bezeichnete er das
Vorgehen als "abenteuerlich". Für ihn sei es ein Unding, Juden als
Sicherheitsrisiko zu bezeichnen, nur weil deren Einrichtungen vor möglichen
Angriffen geschützt werden müssten. Er forderte die Anwohner aus dem
Nobelwohnviertel daher auf, ihre Klagen zurückzuziehen.
Das
Begegnungszentrum soll im Ariowitsch-Haus, einem ehemaligen jüdischen
Altersheim, errichtet werden. Es wurde im Dritten Reich geräumt und diente in
der DDR-Zeit als städtisches Seniorenheim. Seit 1996 steht es leer - und wurde
wieder der Israelitischen Religionsgemeinde Leipzig übertragen. Da diese in den
vergangenen Jahren von 600 auf 1.000 Mitglieder gewachsen ist, benötigt sie nun
ein neues Gemeindezentrum. Dafür möchte sie das alte Gebäude im
Waldstraßenviertel nutzen.
Gegen die Nutzung
an sich können die Anwohner nicht klagen. Angreifbar aber ist der Plan, einen
unterirdischen Gemeindesaal zu bauen. Die Stadt willigte ein - und nun versuchen
die Kläger, gegen die Baugenehmigung vorzugehen.
Der
Stadtverwaltung an sich könne man keine Vorwürfe machen, sagt Doris Benner,
Vizevorsitzende des Fördervereins Synagoge und Begegnungszentrum Leipzig, der
Spenden für den Bau des Zentrums sammelt. "Leipzig hat alles getan, um das
Projekt zu fördern." Die Stadt hat die Baugenehmigung erteilt, das
Regierungspräsidium Leipzig hat sie in einem Widerspruchsverfahren bestätigt.
Die Klagen gegen die Baugenehmigung müsse die Stadt nun aber leider hinnehmen,
sagt Benner.
Thomaskirchenpfarrer Wolff, der Gründungsmitglied des Fördervereins ist,
beklagt, dass in der Öffentlichkeit viel zu wenig über das Projekt bekannt sei.
Eigentlich sollte schon im Oktober 2002 mit dem Bau des Zentrums begonnen
werden. Es blieb beim Plan. Durch den Baustopp ist nach Angaben Wolffs auch die
Finanzierung des Projekts gefährdet. Für die Baukosten in Höhe von etwa 4
Millionen Euro wollen zum großen Teil Stadt und Land aufkommen. Das Geld fließt
jedoch nur dann, wenn die Jüdische Gemeinde selbst etwa 800.000 Euro beisteuern
kann. Derzeit fehlen noch etwa 600.000 Euro.
Pfarrer Wolff und der Förderverein fürchten, dass nicht genug Spenden fließen,
solange der Bau juristisch nicht freigegeben ist.