Überblick:
Deutsches Haus
Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und
Friedhofsschändungen...
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Am 18. Februar griffen drei Deutsche auf dem S-Bahnhof Warschauer Straße in
Berlin einen Kolumbianer an. Die Täter beleidigten den 39jährigen zunächst, um
ihn dann zu attackieren. Vier Jugendliche, die den Vorfall beobachtet hatten,
eilten dem Angegriffenen zur Hilfe. Es kam zu einer Schlägerei, die erst die
Polizei beendete. Im Berliner Stadtteil Steglitz-Zehlendorf beschmierten
Unbekannte am 16. Februar einen Gedenkstein für die Opfer des Holocaust mit vier
Hakenkreuzen. Wie das Hamburger Abendblatt berichtete, wurden vermutlich in der
Nacht zum 8. Februar sowohl die Kriegsgräber-Gedenkstätte der Stadt
Kaltenkirchen (Schleswig-Holstein) als auch die KZ-Gedenkstätte in Moorkaten
geschändet. Die Täter beschmierten dort alle Gedenksteine und Informationstafeln
mit gelber Farbe und malten Hakenkreuze und SS-Runen ins Gras. Der Sprecher des
Trägervereins, Jürgen Gill, erklärte, es handle sich um einen »gezielten
Anschlag«, denn die Täter hätten »systematisch alle Gedenkkreuze und Infotexte
so übermalt, als hätten sie jede Erinnerung und jegliche Information darüber,
wer hier ruht, auslöschen wollen«. Wie die taz am 12. Februar berichtete, wird
nun nach der mutmaßlichen Misshandlung eines 17jährigen Kirgisen bei einem
Abschiebeversuch am 19. Dezember des vergangenen Jahres gegen fünf Berliner
Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) wegen des Verdachtes auf Körperverletzung
ermittelt. Der inzwischen in seine Heimat abgeschobene Kirgise erklärte, dass er
bei dem Abschiebeversuch von mehreren Grenzschutzbeamten mit Schlägen traktiert
worden sei, u.a. hätten sie ihm auf den Kopf geschlagen und den Mund zugehalten.
Bei der richterlichen Vernehmung vor seiner Abschiebung bekräftigte er Ende
Januar nochmals die Vorwürfe. Wie das Neue Deutschland berichtete, wurde Anfang
Februar eine vietnamesische Familie aus Bleicherode (Thüringen) abgeschoben, die
17 Jahre lang in Deutschland gelebt hatte. Der Vater betrieb im Ort ein
Textilgeschäft, die Kinder sind in Deutschland geboren, sprechen daher die
vietnamesische Sprache nicht. Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) verwies
darauf, dass gerade »im Interesse der Kinder« Abschiebungen in Thüringen »immer
nur im Familienverband« vorgenommen würden. Eine Dokumentation der
Antirassistischen Initiative Berlin e.V. unter dem Titel »Bundesdeutsche
Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen – 1993 bis 2003« führt Berichte
über Todesfälle, Folterungen und Mißhandlungen auf. Vom 1. Januar 1993 bis zum
31. Dezember 2003 seien mindestens 145 Menschen auf dem Wege in die
Bundesrepublik Deutschland gestorben. Allein 113 Menschen seien an der deutschen
Ostgrenze ums Leben gekommen. 398 Menschen hätten beim Grenzübertritt
Verletzungen erlitten, davon 102 durch Maßnahmen der Bundesgrenzschutzbeamten.
Aus Verzweiflung über ihre bevorstehende Abschiebung hätten sich 121 Menschen
das Leben genommen oder seien bei dem Versuch gestorben, vor der Abschiebung zu
fliehen.
Jungle World
Jungle World Nummer 10 vom 25.02.2004
kt /
hagalil.com
/ 2004-02-25
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