Die erste
Eröffnung der Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht
1941 bis 1944" in Hamburg nahmen die Neonazis damals noch nicht wahr und blieben
zu Hause. Jetzt, neun Jahre später, wollen die "Freien Nationalisten" gegen die
zwischendurch neu konzipierte Ausstellung des Hamburger Instituts für
Sozialforschung (HIS) von Jan Philipp Reemtsma an der Elbe aufmarschieren. Das
Aktionsbüro Norddeutschland ruft bundesweit dazu auf, "ein letztes Mal alle
Kräfte zu mobilisieren". Denn das Hamburger Kulturzentrum Kampnagel wird die
letzte Station der Wanderausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des
Vernichtungskriegs 1941-1944" sein.
Zwei Tage nach der
Eröffnung und fast genau 71 Jahre nach dem Machtantritt ihrer politischen Ahnen
dürfen die geistigen Enkel am 31. Januar für den "Ehrenschutz von Wehrmacht und
Waffen-SS marschieren". Nur die gewünschte Route lehnte die Versammlungsbehörde
ab. Der neue Marschweg wird das Aktionsbüro um Thomas Wulff nicht verärgern,
schließlich können die Kameraden nun fast vor der "multikulturell gesinnten
Einrichtung" in Hamburg-Winterhude ihren "Unmut über die Soldatenverleugnung"
kundtun. Unter dem Motto "Reemtsma lügt - Wahrheit siegt" erwartet das
Aktionsbüro, unterstützt von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands
(NPD), mindestens 500 Gleichgesinnte.
In der vergangenen
Woche verteilten die Neonazis bereits Flugschriften im Stadtteil, in denen sie
behaupten, dass die "überarbeitete Fassung der Lüge und Hetze überführt" worden
sei. Beispiele führen die Verfasser nicht an, dafür benennen sie die angeblich
Verantwortlichen: "die Juden". In der "Überprüfungskommission" seien fast nur
"Vertreter (...) der Holokaust-Industrie" gewesen und dass "Reemtsma für sein
Machwerk von der jüdischen Gemeinde" ausgezeichnet wurde, offenbare den
"geistig-moralischen Vernichtungsfeldzug".
Der Hamburger
Verfassungsschutz (VS) warnt derweil vor allem vor den Gegenaktionen. Schon im
Dezember erinnerte die Behörde daran, dass bei einer Protestdemonstration gegen
die Ausstellung 1999 "rechte Marschierer, aber auch die Polizei (...) mit Stein-
und Flaschenwürfen attackiert" worden seien. Unerwähnt ließ sie, dass schon für
den 27. März ein weiterer Naziaufmarsch "Hamburg für die Ehre der deutschen
Wehrmacht" angemeldet ist.
Verschiedene Organisationen rufen mittlerweile zu Protestaktionen am kommenden
Samstag auf. Dass der Naziaufmarsch überhaupt erlaubt sei, empört neben anderen
die Kirchengemeinde Epiphanien und die Gesamtschule Meerweinstraße. "Schwer
auszuhalten" sei aber auch, dass der Marsch durch die Jarrestraße führe, wo
"während der Naziherrschaft Menschen Zwangsarbeit leisten mussten".
Weitere Infos:
www.hamburg-gegen-nazis.de.vu