Was macht man mit
architektonischen Relikten der NS-Herrschaft? Die Diskussion um die künftige
Nutzung der braunen Kaderschmiede "Ordensburg Vogelsang" im gerade eröffneten
Nationalpark Eifel reibt sich an dieser Frage. Anfang Januar hatte
Nordrhein-Westfalens grüner Kulturminister Michael Vesper mit einem Vorschlag
Aufsehen erregt, die "Wehrmachtsausstellung" des Hamburger Instituts für
Sozialkunde dauerhaft in dem 72.000 Quadratmeter großen Bruchstein-Areal
oberhalb des Urftsees zu etablieren, um das Walhall des NS-Wahns "nicht zu einer
Pilgerstätte für neue und alte Rechte werden zu lassen".
Doch der Vorschlag
scheint nach einem Symposium auf der Burg Schleiden, auf dem Historiker,
Politiker und Interessengruppen die Nutzungspläne diskutierten, endgültig vom
Tisch. "Die Wehrmachtsausstellung behandelt den Vernichtungsfeldzug im Osten",
so der Münsteraner Historiker Alfons Kenkmann. In der NS- Kaderschmiede der
Nordeifel sei aber der Offiziersnachwuchs für die Westfront ausgebildet worden.
Und der 73-jährige Ministerberater und ehemalige NRW-Innenminister Burhard
Hirsch glaubt, dass eine solche Ausstellung an einem Täterort erst recht
Emotionen wecken und Ewiggestrige locken. Dass die Ordensburg dennoch als
geschichtliche Erinnerungsstätte mit Jugengästehaus und Begegnungsstätte und als
Informations- und Verwaltungszentrum des Nationalparks genutzt und nicht etwa
komplett abgerissen werden soll, darüber gab es während des Symposiums nach
Vespers Worten große Zustimmung.
Wie die
Gratwanderung zwischen Geschichte und Natur, die bereits in einem
Nutzungskonzept des Arbeitskreises Vogelsang im Förderverein Nationalpark Eifel
im September 2003 detailliert vorgeschlagen worden war, konkret aussehen soll,
darüber berät ein neu beauftragtes Planungsbüro. In den vergangenen Jahren
reichten die Pläne von Regionalparlamenten und diversen Arbeitskreisen von
Totalabriss, Wellness-Hotel, Bio-Bauernhof, Open-Air-Kino über
Technologiezentrum, Golfanlage bis zur Jugendherberge.
Zwischen 1934 und
1936 war "Vogelsang" nach Plänen des Kölner Nazi-Architekten Clemens Klotz als
NS-Kaderschmiede gebaut worden. Allerdings war das rassenideologische
Schulungszentrum dann nur 40 Monate in der Burg. Danach war der gewaltige
Gebäudekomplex Lazarett, Kommandantur der Wehrmacht oder Unterbringung der
"Adolf-Hitler-Schule". Seit 1950 nutzte die Belgische Armee das Areal als
Übungsplatz und Kommandantur. "Vogelsang" ist neben dem Parteitagsgelände in
Nürnberg und dem Kdf-Seebad Prora auf Rügen das letzte Relikt größenwahnsinniger
NS-Architektur. 1989 wurden große Teile der "Ordensburg" unter Denkmalschutz
gestellt.
Zwei Jahre hat das
Land nun noch, Pläne auszuarbeiten und umzusetzen, denn Ende 2005 ziehen die
Belgier vom "Camp Vogelsang" ab. Das größte Problem der so genannten
"Konversion" des militärischen Sperrgebiets ist die Finanzierung. Eine
Machbarkeitsstudie besagt, dass es rund 35 Millionen Euro kosten wird die
Gebäude für einen "Lernort Geschichte" und "Schaufenster Nationalpark" zu
restaurieren. Zudem sind 3 Millionen Euro an jährlichen Betriebskosten
veranschlagt. Die Finanzierung für solch eine Nutzung ist längst nicht
gesichert. Zudem ist noch nicht klar, wie sich der Bund, dem die Immobilie
gehört, an dem Projekt finanziell beteiligen wird.
Vesper macht aber bereits klar, dass es sinnlos sei, alle Gebäude des riesigen
Areals zu erhalten und nutzen. Die strukturschwache Region erhofft sich von
jährlichen 300.000 Besuchern des Nationalparks jedenfalls wichtige Einnahmen.
"Viele Bürger wollen von der Ordensburg gar nichts wissen. Die kommen und wollen
sich über den Park informieren. Mit dem Nazibau haben die nichts am Hut", sagt
Volker Hoffmann vom Arbeitskreis Vogelsang im Förderverein Nationalpark Eifel.
Allerdings, so der Minister, könne in der Ordensburg unbelastet von der
Geschichte des Areals nicht nur ein touristisches Zentrum entstehen. Es wird
also auf die richtige Mischung ankommen.