Im
Streit um fragwürdige Äußerungen des CDU/CSU-Fraktionsvizes im Bundestag,
Friedrich Merz, zur Vergangenheit seines Großvaters im Nationalsozialismus gibt
es neue Erkenntnisse. Am Wochenende ist ein Bekenntnis von Merz zu seinem
Großvater Josef Paul Sauvigny im Interview mit einer überregionalen Tageszeitung
bekannt geworden. Damit scheint belegt, dass Merz nicht nur spontan auf einer
Parteiversammlung am Abend des 6. Januar in seiner Heimatstadt Brilon den
Bürgermeister als politisches Vorbild ins Feld führte.
Sauvigny, bis 1933 Mitglied der Zentrumspartei, regierte unter den
Nationalsozialisten bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1937 (taz vom Samstag,
17. 1.). Merz hatte am 6. Januar auf der Nominierungsversammlung für den
CDU-Bürgermeisterkandidaten seiner Heimatstadt Brilon die Teilnehmer
aufgefordert, bei der NRW-Kommunalwahl im Herbst das "rote Rathaus" der Stadt
"zu stürmen". Zur Begründung verwies er auf seinen Großvater, der im
Nationalsozialismus Bürgermeister des Ortes war. In Brilon amtiert seit 1999 ein
SPD-Bürgermeister.
Im
Interview mit dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel sprach Merz am 28.
September vergangenen Jahres spekulativ von der Möglichkeit, in die
Kommunalpolitik seiner Heimatstadt zurückzukehren, aber nur als "Bürgermeister
in Brilon, das war mein Großvater immerhin zwanzig Jahre von 1917 bis 1937."
Unterdessen kommen zunehmend weitere Einzelheiten zur Amtsführung Sauvignys
zutage, der Merz Großvater mütterlicherseits war und daher seinen Namen nicht an
den CDU-Politiker weitergab. So zeigen Recherchen einer lokalen
Historikerinitiative, dass bereits fünf Monate nach der NS-Machtergreifung durch
eine amtliche Bekanntmachung des Bürgermeisters zwei Straßen in
"Adolf-Hitler-Straße" und in "Hermann-Göring-Straße" umbenannt wurden.
Nach
Forschungen von Briloner Lokalhistorikern waren die Nationalsozialisten durchaus
zufrieden mit Sauvignys Amtsführung. In der Sauerländer Zeitung vom 2. Juli 1937
äußert sich der von den Nationalsozialisten eingesetzte Landrat Schramm
anlässlich von Sauvignys Pensionierung, dieser habe "sein Amt stets im
nationalsozialistischen Geiste verwaltet". In der Sauerländer Zeitung wurde am
3. Mai 1933 eine Lobeshymne Sauvignys auf Adolf Hitler abgedruckt.
Das Berliner Bundestagsbüro von Friedrich Merz, dem die fraglichen Zitate vom 6.
Januar vorlagen, hat gegenüber der taz seine Aussagen nicht bestritten. Zur
Anfrage der taz vom Freitag nach der Rolle des Großvaters im Dritten Reich
wollte Merz nicht Stellung nehmen.