Vorbilder:
Merz bejubelt rechten Großvater
CDU-Politiker Friedrich Merz macht den Hohmann. Vor
Parteibasis in Brilon feierte der Sauerländer seinen Opa. Dabei war Merz'
Großvater Bürgermeister in der Nazizeit und lag Adolf Hitler zu Füßen...
Martin Teigeler
Friedrich Merz hat vor sauerländischen Parteifreunden ein Loblied auf seinen
ultrarechten Großvater gesungen. Vergangene Woche forderte der stellvertretende
Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion zur Abwahl des "roten Bürgermeisters" in
seiner Heimatstadt Brilon auf. Es erfülle ihn "mit tiefem Grausen", so Merz,
dass ein Sozialdemokrat im Rathaus sitze. "Das muss beendet werden", weil sein
Großvater früher Bürgermeister von Brilon gewesen sei. Deshalb sei er dabei,
wenn "das rote Rathaus" gestürmt werde. Josef Paul Sauvigny, der Opa von Merz,
war ein Rechtsaußen, blieb nach der Machtübernahme der Nazis 1933 Briloner
Bürgermeister und war ein Fan von Adolf Hitler.
Seit
die "Westfalenpost" über die politische Kampfrede berichtete, tobt eine
Leserbriefschlacht in der sauerländischen Kleinstadt. Viele Bürger waren
entsetzt über die Brachialrhetorik des CDU-Bundespolitikers. "Merz desavouiert
mit seinen Worten die Briloner Wählermehrheit", schrieb ein Leser. Merz liegt
tief im Magen, dass bei der letzten Kommunalwahl 1999 ein Sozialdemokrat die
Bürgermeisterwahl gewann. Der "rote" Amtsinhaber Franz Schrewe reagiert gelassen
auf die Merz-Attacken. "Das ist Wahlkampfgetöse", sagt der SPD-Bürgermeister.
Das Vokabular des Christdemokraten enthalte Begriffe, die der Vergangenheit
angehören sollten.
Ewig
gestrig ist auch Merz' Bewunderung für seinen Großvater. Josef Paul Sauvigny,
zunächst Mitglied der rechtskatholischen Zentrums-Partei, amtierte von 1917 bis
1937 als Briloner Bürgermeister. Doch als 1933 die Nationalsozialisten an die
Macht kamen und das Zentrum ein Jahr später verboten wurde, durfte Sauvigny im
Amt bleiben. Bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden aus dem Rathaus diente
der Merz-Opa treu und ergeben der faschistischen Schreckensherrschaft. Ob
Sauvigny zwischen 1933 und 1937 Parteimitglied der Nazis war, will die Briloner
Stadtverwaltung nicht beantworten. "Niemand in dieser Verwaltung wird Ihnen das
sagen", wiegelt der erste Beigeordnete Reinhard Sommer ab. Der hohe
Verwaltungsbeamte ist zugleich führendes Mitglied der Briloner CDU.
Großvater Sauvigny ein Nazischerge? Und Friedrich Merz sein glühender
Bewunderer? Nach Forschungen von Brilonern Lokalhistorikern waren die
Nationalsozialisten zumindest sehr zufrieden mit Sauvigny. In einem Artikel der
"Sauerländer Zeitung" über das Dienstende Sauvignys heißt es am 2. Juli 1937:
"Sein Amt verwaltete er stets im nationalsozialistischen Geiste". In der
gleichen Zeitung wird am 3. Mai 1933 eine Lobeshymne Josef Paul Sauvignys auf
Adolf Hitler zitiert: "Während bisher sich deutsche Kraft zerspalten und
verbluten am ewigem Führerwechsel, ist es heute eine Kraft, die uns leitet, ein
Führer, der uns ruft. (...) Der ehrwürdige Reichspräsident und Kanzler Hitler,
sie leben Hoch, Hoch, Hoch."
die tageszeitung
taz - die tageszeitung Ruhr vom 16.01.2004
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/ 2004-01-16
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