Einen ungetragenen SS-Mantel aus "deutscher Qualitätsarbeit von 1933" sucht ein
Kunde auf der Internetseite eines Dortmunder Antiquitätenhändlers. "Patriotische
Postkarten mit Juden-Motiven" braucht ein anderer "ganz dringend". "Kein
Problem", schreibt der 30-jährige Händler zurück. "Ich kann in zwei Wochen
liefern."
Tatsächlich ist der schwunghafte Handel mit so genannten militärhistorischen
Antiquitäten kein Problem - auch wenn es auf den historischen Stücken von
verfassungsfeindlichen Symbolen nur so wimmelt. "Wenn gewährleistet ist, dass
die Stücke nicht in falsche Hände geraten, ist das völlig legitim", sagt Jürgen
Hoffmann von der Staatsanwaltschaft Dortmund.
Wohl
oder übel musste der Dortmunder Staatsschutz deshalb gestern die sichergestellen
Hakenkreuze und SS-Abzeichen an den Händler zurückliefern. "In Zukunft wissen
wir jetzt, dass wir uns Händlerüberprüfungen bei Messen schenken können", sagt
ein Beamter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Vor
zwei Monaten entdecktete der Staatsschutz im Geschäft des Militariahändlers
"diverse verfassungsfeindliche Gegenstände" aus der Nazi-Zeit: Waffen,
Postkarten und Gebrauchsgegenstände mit Hakenkreuzen.
Verbotene Gegenstände, sollte man meinen. Denn die Paragraphen 86 und 86a des
Strafgesetzbuches verbieten sowohl das Verbreiten als auch das Verwenden von
Kennzeichen und Propagandamitteln verfassungswidrigen Gegenständen.
Das
Landgericht Dortmund stellte das Verfahren gegen den Händler trotzdem ein. "Er
bemüht sich sichtlich darum, nur an historisch interessierte Menschen zu
verkaufen", erklärt Hoffmann. "Und zu wissenschaftlichen Zwecken dürfen solche
Gegenstände weitergegeben werden."
Tasächlich betont der Militaria-Fan auf seiner Homepage, Handel "zur
staatsbürgerlicher Aufklärung" zu betreiben. Außerdem müssen seine Kunden
versprechen "nicht mit den Paragraphen 86 und 86a in Konflikt zu geraten."
Vor
Gericht reicht diese Zusicherung. "Er muss auch weiterhin dafür Sorge tragen,
dass er vernünftige Kunden hat", sagt Jürgen Hoffmann.
Auch
der Bundesgerichtshof hat schon oft in diesem Sinne entschieden. "Die
staatsbürgerliche Aufklärung ist ein schützenswertes Gut", erklärt Simone Seiler
von der Pressestelle des BGH. "Wenn es solche Händler nicht geben würde, könnte
die NS-Zeit sehr viel schlechter aufgearbeitet werden."
Die
Missbrauchsgefahr schätzt man beim Dortmunder Landgericht als gering ein. "Der
Mann ist kein Rechtsradikaler", sagt Hoffmann. Warum seine Kunden deswegen
ausschließlich aus Historikern bestehen müssen, kann er nicht schlüssig
begründen.
Der
Bund linker Juristinnen ist entsetzt über das Urteil. "Jetzt wurde erneut ein
Präzendenzfall geschaffen, von dem viele zwielichtige Gestalten profitieren
können", sagt Anwältin Anna Regner. "Dabei ist es völlig unrealistisch, dass ein
Händler die wahren Motive seiner Kunden ahndet."
"Ja, ich unterstütze die aufklärerischen Ziele dieser Seite" müssen die Kunden
des Dortmunder Händler anklicken, wenn sie in die Kundendatei aufgenommen werden
wollen. Dann müssen sie sich nur entscheiden, welcher Nazi-Gegenstand es heute
sein soll.