"Synagogenbau
stoppen - vier Millionen fürs Volk" fordert die Bochumer NPD in ihrem
Internetauftritt. Mit dieser Forderung wird sie am 13. März auch durch die
Bochumer Innenstadt ziehen - wenn Polizeipräsident Thomas Wenner sie nicht
stoppt.
"Die Demonstration
ist eine derartige Provokation gegen die jüdische Gemeinde und das demokratische
Empfinden aller Bochumer, dass sie verboten werden muss", sagt der Bochumer
Richter Ralf Feldmann. Seine Kolleginnen und Kollegen sehen das genauso. Deshalb
flatterte gestern ein Schreiben auf den Tisch des Bochumer Polizeipräsidenten,
in dem er aufgefordert wird, dem braunen Spuk so schnell wie möglich eine Absage
zu erteilen. "Wer sich dem Bau einer neuen Synagoge in den Weg stellt, reiht
sich 65 Jahre später erneut in die Reihe derer ein, die die alte in Schutt und
Asche legten", schreiben die Richter. Und das, erklärt Ralf Feldmann, sei ein
offensichtlicher Verstoß gegen das Grundgesetz.
"Es ist rechtlich
auf jeden Fall möglich, die Demonstration zu verbieten", sagt Ralf Feldmann.
"Mit dem Brief wollen wir Herrn Wenner die Entscheidung erleichtern."
Die Rechtslage ist
allerdings kompliziert, denn schon oft hat das Bundesverfassungsgericht der
Demonstrations- und Meinungsfreiheit den Vorrang gegeben. "Das ist auch manchmal
richtig", sagt Ralf Feldmann. "In diesem Fall aber nicht." Eine Demonstration
gegen eine Synagoge störe unmittelbar die öffentliche Ordnung und könne deshalb
gemäß Paragraph 15 des Versammlungsgesetzes verboten werden, schreiben die
Richter. Es würde schließlich unmittelbar an Naziverbrechen angeknüpft und das
sei eine erhebliche Provokation.
In der Regel
verbietet das Bundesverfassungsgericht Nazidemonstrationen nur, wenn sie mit dem
Strafrecht in Konflikt geraten - beispielsweise durch die Verbreitung der
Ausschwitzlüge. Die Bochumer Richter weisen den Polizeipräsidenten jedoch auf
die einzige Ausnahme dieser Regel hin: In Hamburg wurde eine rechtsextreme
Demonstration am Holocaust-Gedenktag verboten, weil die Richter des
Verfassungsgerichts darin eine "deutliche Beeinträchtigung des sittlichen
Empfindens" sahen. "Da hier unmittelbar gegen die jüdische Religionsausübung
vorgegangen wird, liegt diese Beeinträchtigung hier auch vor", sagt Feldmann.
Überzeugen konnten
sie den Polizeipräsidenten bislang noch nicht. "Wir haben uns noch nicht
entschieden", lässt Thomas Wenner über seinen Pressesprecher mitteilen.
Der Druck auf ihn
wird jedoch weiter wachsen: In den kommenden Tagen wird im Stadtrat eine
Resolution gegen die Demonstration diskutiert. "Niemand im Rat ist für die
Demonstration", ist sich der Grüne Manfred Preuß sicher. SPD und Grüne haben
sich bereits hinter die Richter gestellt.
Der Landesverband
der NPD regt sich unterdessen über "undemokratische Einflussnahme" der
Richterinnen und Richter und "bald auch der Parteien" auf den Polizeipräsidenten
auf. Man arbeite offensichtlich eng "mit den Linksextremisten" zusammen.
Wenn sich Polizeipräsident Wehner gegen ein Demonstrationsverbot entscheidet,
will die grüne Ratsfraktion sofort eine Gegendemonstration anmelden, sagt
Manfred Preuß. "Ich gehe aber davon aus, dass er sich auf die Kompetenz der
Richterinnen und Richter verlassen wird."