Nazi-Vokabular:
Wolfs Freiheit
FDP-Fraktionschef Ingo Wolf zitiert die Begrüßung des KZ
Auschwitz "Arbeit macht frei" - und denkt an nichts...
Annika Joeres
Ingo Wolf hat keine Zeit für Geschichte. "Ich habe jetzt
anderes zu tun", sagt der Chef der FDP-Landtagsfraktion. Seinen Ausrutscher
während einer aktuellen Stunde im Landtag in der vergangenen Woche will er nicht
kommentieren. Wolf forderte die Liberalisierung des Arbeitsmarkts - "weil nur
Arbeit die Menschen wirklich frei macht". An die zynische Begrüßung des
Konzentrationslagers Auschwitz "Arbeit macht frei" will Wolf nicht gedacht
haben, so sein Sprecher Andreas Theyssen: "Das ist an den Haaren herbeigezogen."
Der Zusammenhang mit dem Nazi-Vokabular sei vollkommen absurd, die Zitate ganz
unterschiedlich. Wolf sei auch nicht fahrlässig mit der Vergangenheit
umgegangen. "Dann kann man nicht mehr über Arbeit sprechen und Freiheit", findet
Sprecher Theyssen.
Auch die FDP-Landtagsabgeordnete Ute Dreckmann stört sich
nicht an der Aussage ihres Vorsitzenden. "Wo ist das Problem", fragt sie. Sie
habe sich in grauer Vorzeit einmal mit der NS-Vergangenheit beschäftigt, aber
Wolf sei dieses Zitat vielleicht so nicht bewußt gewesen.
Die grüne Landtagsfraktion sieht die Nazi-Diktion nicht so
locker. "Es gibt historische Tatsachen und Worte, mit denen man sprachlich nicht
spielen darf", sagt der Fraktionsvorsitzende Johannes Remmel. Der
Landtagsabgeordnete Wolf sei offenbar historisch unbedarft - trotz des
antisemitischen Wahlkampfflyers seines ehemaligen Vorsitzenden Jürgen Möllemann.
"Ein Jahr nach der antisemitischen Debatte in der FDP reiben wir uns die Augen,
wie Wolf diese Analogie herstellen kann."
die tageszeitung
taz - die tageszeitung NRW vom 24.12.2003
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/ 2003-12-23
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