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Hamburg:
Der wahre Schill

Die Selbstdemontage ist abgeschlossen, nun plant Ronald Schill sein Comeback. Vermutlich tritt er nun mit einer neuen Partei an...

Andreas Speit

Ein vorweihnachtlicher Frieden herrscht bei der Partei Rechtsstaatliche Offensive nicht gerade. Streit, Missgunst und Rachegedanken prägten die vergangenen Wochen. Am Dienstagabend voriger Woche erklärte Mario Mettbach, der Bundesvorsitzende, dass der Parteigründer Ronald Schill wegen »parteischädigenden Verhaltens« aus der Partei ausgeschlossen worden sei, am Mittwochmorgen konterte Schill: »Ich behalte mir zivilrechtliche Schritte gegen den Parteiausschluss vor.«

Doch Schill überlegt nicht nur, die Gerichte anzurufen. Bereits am 18. Dezember verkündete er die Gründung einer »Ronald-Schill-Fraktion« in der Hamburger Bürgerschaft. Diese ist nicht zu verwechseln mit der Schill-Fraktion. Denn nicht überall, wo Schill draufsteht, ist momentan auch Schill drin. Deshalb will Schill seiner ehemaligen Partei auch verbieten, den Namen Schill zu tragen. Und was wird wohl aus dem Wahlkampfslogan: »Schluss mit dem Wahnsinn!«?

Zwei Jahre und gut drei Monate nach seinem gewaltigen politischen Erfolg bei der Hamburger Bürgerschaftswahl erlebt Schill seine größte Niederlage. Der von ihm mit gebildete Hamburger Senat aus der CDU, der FDP und der Schill-Partei ist gescheitert, Neuwahlen stehen an, und die von ihm gegründete Partei ist in Machtkämpfe verstrickt.

Nach der Bundesvorstandssitzung am Dienstag vergangener Woche versuchte Mettbach noch, die interne Auseinandersetzung als entschieden und beendet darzustellen. Wegen seiner »medialen Amokläufe« sei Schill der »Hauptverantwortliche für die derzeitige Situation, insbesondere für den Bruch der Hamburger Koalition«, erläuterte er den Rausschmiß seines früheren Parteifreundes. Schill war erst gar nicht zu der Sitzung nach Hannover gefahren. Zuvor hatte er gedroht, mit seinen fünf Getreuen in der Bürgerschaft gegen den Haushalt für das Jahr 2004 zu stimmen.

Der Bundesvorstand der Partei teilte Mettbachs Sicht. Sieben Vorstandsmitglieder stimmten Schills Rauswurf zu, es gab eine Ablehnung und eine Enthaltung. Doch dieses klare Abstimmungsergebnis spiegelt nicht die Kräfteverhältnisse in der Partei. Die Mehrheit der nicht stimmberechtigten Beisitzer aus den Landesverbänden hatte sich gegen den Beschluss ausgesprochen. In der Partei mehrt sich die Kritik an dem von Mettbach betriebenen Parteiausschluss. »Eine fatale Fehlentscheidung« nannte die Berliner Landesvorsitzende Anke Soltkahn den Rauswurf, und Baden-Württembergs Landesvize Claus Schweizer fand das Vorgehen »indiskutabel«.

Mittlerweile hat der Landesverband Sachsen-Anhalt um Alan Morris einen Antrag auf einen außerordentlichen Bundesparteitag gestellt. Über sechs der zwölf Landesverbände der Bundespartei mit ihren rund 7 000 Mitgliedern sollen den Antrag unterstützen. Auf der gewünschten Tagesordnung des Parteitags, der Ende Dezember oder Anfang Januar stattfinden könnte, stehen die Forderungen nach einer Aufhebung aller Ordungsmaßnahmen gegen Schill und nach einer Absetzung Mettbachs. Denn wie der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Kay Oelke denken viele Funktionäre, dass »alleine Mettbachs Machenschaften die Eskalation zu verdanken« sei.

Seitdem das Gerücht kursierte, Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) habe mit Mettbach schon im Sommer heimliche Absprachen für den »Königsmord« getroffen, ist »Wendehals« noch die harmloseste parteiinterne Bezeichnung für Mettbach. In einer »Gegendarstellung« gab er zu, dass Beust »scherzhaft zu mir sagte, wenn ich Asyl bräuchte, würde man mir das gewähren«.

Das Lachen könnte Beust und Mettbach aber auch noch vergehen. Denn so leicht werden sie Schill nicht los. Schon am 10. Dezember soll dieser sich mit 30 Getreuen aus sechs Bundesländern an einem geheimen Ort in Schleswig-Holstein getroffen haben, um seine politische Zukunft zu planen. Der ehemalige Innensenator versucht nun zur Bürgerschaftswahl am 29. Februar 2004 anzutreten, sein Geltungsdrang und seine Rachegelüste werden ihn antreiben.

Es fragt sich nur noch, mit welcher Partei er um Wählerstimmen werben wird. Am vergangenen Freitag erklärte er, er werde eine neue Partei gründen, wenn es ihm nicht gelinge, die Macht in der alten zurückzuerobern. Richard Braak von der »echten« Ronald-Schill-Fraktion sagte: »Ich gehe davon aus, dass wir noch vor der Bürgerschaftssitzung am 30. Dezember eine eigene Partei gründen werden.« Aus dem gesamten Bundesgebiet kämen »Anfragen«, behauptet er. »Wir warten auf ein Startzeichen, das nur von Schill selbst kommen kann.«

Einige Landesvorsitzende der alten Schill-Partei, wie Jan Timke aus Bremen, mahnen indes schon: »Schill ist für die Partei unverzichtbar.« Auch der stellvertretende Bundesvorsitzende Markus Wagner aus Nordrhein-Westfalen glaubt: »Ohne Schill ist die Partei kopflos.« Hinter den Kulissen rechnen die Getreuen Schills längst durch, wie viele Mitglieder Schill folgen werden, egal ob in der alten oder in einer neu zu gründenden Partei.

Völlig souverän versucht sich indes Ole von Beust zu geben. »Mir ist es völlig wurscht, was Herr Schill macht«, sagte der Erste Bürgermeister Hamburgs nach dem Ende seiner Regierung. »Der Mann ist nicht satisfaktionsfähig. Mir ist auch egal, ob er eine Partei gründet oder nicht.« Als Mehrheitsbeschaffer kam er Beust vor zwei Jahren gerade recht. »Nachher ist man immer klüger.« Allerdings baut die CDU auch vor. Wenn sie bei den Neuwahlen keine absolute Mehrheit erreichen sollte, wäre die »Formation« um Mettbach ein möglicher Partner. »Herr Schill nicht«, stellte der Landesvorsitzende der CDU, Dirk Fischer, klar.

Doch die Schill-Partei ohne Schill wollen nach einer Emnid-Umfrage nur noch zwei Prozent der Hamburger wählen. Dagegen wünschen sich nach einer Psephos-Studie acht Prozent, dass Schill »weiter eine wichtige Rolle in der Politik« spielt. Und das ist wirklich zu bedauern. Denn Schill sagte auf der Pressekonferenz am vorigen Freitag, falls er bei der Wahl nicht mehr als fünf Prozent der Stimmen erziele, werde er aus der Politik aussteigen und Deutschland verlassen.

Jungle World
Jungle World Nummer 53 vom 24.12.2003

kt / hagalil.com / 2003-12-24

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