Bis zur Abstimmung hoffte man im rot-grünen Lager noch auf
abweichende Stimmen aus der Union. Doch am Ende waren die Verhältnisse wieder
genau zu unterscheiden: Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen beschloss der
Bundestag gestern, ein Denkmal für die unter dem Nationalsozialismus verfolgten
Homosexuellen zu errichten.
Immerhin votierten auch die oppositionellen Freidemokraten
für den Antrag. Nun wird das Land Berlin beauftragt, sich des Procederes
anzunehmen, damit das Denkmal auch realisiert werden kann.
Über die Kosten traf der Bundestagsbeschluss keine Aussage -
über sie soll Kulturstaatsministerin Christina Weiß mit dem Haushaltsausschuss
beraten.
Der Kreis der außerparlamentarischen Gruppe "Initiative ,Der
homosexuellen NS-Opfer gedenken'" schätzt die Kosten des Projekts auf anderthalb
Millionen Euro. Für dessen Sprecher Albert Eckert ist ein Areal am Tiergarten,
gegenüber dem im Bau befindlichen Holocaust-Mahnmal, der perfekte Platz: In den
letzten Ausläufern der Grünanlagen am Brandenburger Tor etablierte sich schon zu
Beginn der metropolen Geschichte Berlins ein reger Ausflugsverkehr
Homosexueller, der bis heute anhält. Eckert zum Bundestagsbeschluss: "Es ist ein
großer Tag für alle, die der homosexuellen NS-Opfer gedenken wollen."
Also kein famoser Tag für die beiden Debattenredner der
Union. Denn sie stellten sich quer zum geschichtspolitischen Anliegen der
Rot-Grünen.
Günter Nooke beharrte auf ein Gesamtkonzept des Gedenkens für
alle Opfergruppen der Nationalsozialisten, was Volker Beck, Parlamentarischer
Geschäftsführer der Grünen, mit den Worten kommentierte, wer ein Gesamtkonzept
wolle, setze stets auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.
Vera Lengsfeld hielt eine Rede, die vom Ton her von einer
Atmosphäre des "Nun ist genug" geprägt war: Homosexuelle hätten doch in Berlin
schon eine Gedenktafel am Nollendorfplatz (in der Weimarer Republik wie heute
Zentrum schwul-lesbischer Öffentlichkeit) - und ein Denkmal im früheren
Konzentrationslager Sachsenhausen oberhalb von Berlin.
Der Hamburger Johannes Kahrs von der SPD, in seiner Partei
der einzig offen schwule Abgeordnete, begründete den rot-grünen Antrag wie
Volker Beck mit dem Schicksal Homosexueller unter den Nazis - zu tausenden
verfolgt, eingeknastet und in Konzentrationslagern als Männer mit dem rosa
Winkel umgebracht.
Für ihn als Sozialdemokraten sei es eine Ehre, diese Opfer
endlich auch auf diese Weise rehabilitieren zu dürfen, sagte Kahrs.
Von Unionsseite gab es hierfür keinen Beifall. Abweichler aus
diesen Reihen gab es keine. Man stimmte geschlossen gegen diese kaum mehr als
kleine Geste. Nach den Verhandlungen um die Kosten soll ein öffentliches
Kolloquium zum Thema stattfinden, danach ein Wettbewerb um die Gestaltung des
Denkmals. Deren Initiatoren hoffen, schon 2005 mit den Bauarbeiten beginnen zu
können.