Lüneburg:
Gestörte NPD-Demo
In Lüneburg schützten 2.000 Polizisten einen NPD-Aufmarsch.
Ruhe hatten gut 150 Neonazis trotzdem nicht...
Andreas Speit
Stolz hält der Vater das Kleinkind im Arm. Auf seiner Jacke
prangt "Walhall". Selbstbewusst schiebt die Mutter einen Kinderwagen mit
Reichskriegsflagge durch die Straße. Auch ein junges Pärchen mit
"Old-School-Racist"-Shirt schlendert mit beim Aufmarsch.
Den polizeilichen Begleitschutz längst gewohnt, traten die
Neonazis am Sonnabend in Lüneburg selbstsicher auf. Mehr als 150 Kameraden waren
dem Aufruf "Heimreise statt Einreise" der Nationaldemokratischen Partei
Deutschlands (NPD) gefolgt. Doch in der alten Salzstadt setzten sich die
Bewohner gegen diese rechte Alltäglichkeit ein - wie bereits bei dem
NPD-Aufmarsch unlängst in Braunschweig. Keine Straße auf der genehmigten
Neonazi-Route, in der nicht ein Transparent "Wir scheißen auf Nazis" hängt oder
ein Plakat "Nazis nach Hause schicken". An die 1.500 Menschen kamen zu den
Gegenaktionen des "Netzwerks gegen Rechts", die von fast 80 Organisationen, von
Antifa-Gruppen über Gewerkschaften bis zu Bauernvereinigungen unterstützt
wurden. Mit Blick auf die tendenziöse Lokalpresse betonte eine Schülerin der
Hauptschule Kaltenmoor auf der Antifa-Demo: "Artikel über den angeblichen
Missbrauch von Lebensmittelgutscheinen durch Flüchtlinge schüren den Rassismus."
Und DGB-Vertreter Charly Braun unterstrich: "Auch den alltäglichen Rassismen
muss widersprochen werden."
Kaum hatte das Netzwerk die Kundgebung beendet, versuchten
die Teilnehmer, die Neonaziroute nahe der Innenstadt zu blockieren. Obst und
Eier, vereinzelt auch Flaschen und Steine flogen, als die Rechten Am Berge
vorbeikamen, unverzüglich setzte die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray ein.
Die verletzten Demonstranten erhielten von Anwohnern Verbandszeug für die
Platzwunden, bei Geschäftsleuten konnten sich viele das Spray aus den Augen
waschen. "Drei Beamte wurden verletzt", erklärt nachher ein Polizeisprecher. An
die 80 Personen kommen in Gewahrsam.
Trotz des Polizeieinsatzes mit rund 2.000 Beamten wurden auch
die NPD-Abschlussreden gestört. "Ihr könnt nach Hause gehen", schallte es am
Bahnhof, als der Führer der Freien Nationalisten Thomas Wulff eine "geschlossene
Volksgemeinschaft" forderte. NPD-Ortschef Manfred Börm spielte das
"Deutschland-Lied" an, und die Rechten stimmten ein in die verbotene dritte
Strophe. Die Polizei wusste am Ende nur noch das Band sicherzustellen.
die tageszeitung
taz - Nord - die tageszeitung vom 01.12.2003
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/ 2003-12-01
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