Bei der Berliner Neonaziband "Landser" handele es sich um
eine "kriminelle Vereinigung", so das Fazit der Anklagevertreter der
Bundesanwaltschaft, das sie gestern in ihren Plädoyers vor dem Kammergericht
zogen. Damit ist ein Ende des Prozesses in Sicht, der bereits ein halbes Jahr
dauert. Die Mitglieder der Band, die sich selbst gerne "Terroristen mit
E-Gitarre" nennen, seien "musikalische Brandstifter, die hetzen und es anderen
überlassen, die rassistische und antisemitische Botschaft umzusetzen", hieß es
in den Plädoyers weiter. Vorrangiges Ziel des mutmaßlichen Landser-Trios -
Michael R. (38), Andre M. (37) und Christian W. (27) - sei die Verbreitung
nationalsozialistischer Inhalte innerhalb der rechten Szene gewesen. In Dessau
hörten rechte Schläger etwa das so genannte Afrika-Lied von Landser, bevor sie
den Mosambikaner Alberto Adriano ermordeten.
Für Landser-Sänger und Leadgitarrist Michael R. forderte
Bundesanwalt Joachim Lampe eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren. Der als
führendes Mitglied der Neonazi-Rocker "Vandalen" bekannte R. sei schon im Sommer
1992 zu "Landser" gestoßen und schnell zum "Rädelsführer" aufgestiegen. Aufgrund
Michael R.s Verbindungen in die internationale Neonaziszene habe "Landser"
gemeinsame CD-Projekte mit us-amerikanischen RechtsRock-Bands gestartet und die
"Vandalen" als " Hilfstruppen zur besonderen Verwendung" und zur "Drecksarbeit"
gegen Schwarzbrenner einsetzen können. R. hatte sich in dem Prozess nicht zu den
Vorwürfen geäußert.
Seine Mitangeklagten Andre M. und Christian W. hatten dagegen
gegenüber LKA-Ermittlern ihre Mitgliedschaft bei Landser eingeräumt. Für Andre
M. forderte die Bundesanwaltschaft zweieinhalb Jahre Haft, für Christian W. zwei
Jahre und drei Monate.
Mehrfach betonte die Bundesanwaltschaft, dass der Prozess
gegen die "neonazistische Kultband" von "beispielhafter Bedeutung" sei. Mit der
Anklage nach Paragraf 129 des Strafgesetzbuches, der die "Mitgliedschaft in
einer kriminellen Vereinigung" regelt, solle die strafrechtliche Bekämpfung des
Rechtsextremismus ausgeweitet werden.
Der zweite Strafsenat des Kammergerichts hatte sich
ursprünglich geweigert, den Anklagepunkt "Mitgliedschaft in einer kriminellen
Vereinigung" überhaupt zuzulassen. Doch der Bundesgerichtshof entschied
zugunsten der Bundesanwaltschaft. Eindringlich appellierten deren Vertreter
gestern noch einmal an die Kammer. Nach der Beweisaufnahme sei das Gericht
gezwungen, "seine Messlatte zu prüfen und Neuland bei der Anwendung des
Paragrafen 129 StGB zu betreten."
Die Ankläger sehen durch die umfangreichen Aussagen
einschlägig bekannter neonazistischer Musikproduzenten und -händler ihre
Vorwürfe gegen Landser bestätigt. Alle seit 1992 erschienen fünf Landser CDs
seien aufgrund ihrer rassistischen, antisemitischen und den Nationalsozialismus
verherrlichenden Texte auf dem Index gelandet. Die Band habe sich bewusst ab
1993 "für den Untergrund entschieden." Um den deutschen Strafverfolgern zu
entkommen, waren sämtliche Landser-CDs im Ausland produziert und gepresst
worden. Circa 30.000 von der Band autorisierte CDs gelangten so in Umlauf;
Experten gehen davon aus, dass rund 100.000 Raubkopien kursieren. Ein Urteil
wird am 22. Dezember erwartet.