Neonazismus:
Deutsches Haus
Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und
Friedhofsschändungen...
SF
In Berlin hat die Zahl rechtsextremer Gewalttaten stark
zugenommen. Dies verkündete der Innensenator, Ehrhart Körting (SPD), am 3.
Dezember. Im Bericht »Lagebild Rechtsextremismus« stellte der Verfassungsschutz
fest, dass rechte Gewalt vor allem in den Stadtteilen Marzahn-Hellersdorf,
Treptow-Köpenick, Pankow und Neukölln angewachsen sei. In der ersten
Jahreshälfte gab es demnach eine Zunahme der Gewalttaten um 64 Prozent im
Vergleich zum vorherigen Halbjahr. Mit 41 Gewalttaten sei beinahe die Zahl des
gesamten Vorjahres mit 52 Delikten erreicht worden. Dem Bericht zufolge sollen
Skinheads und Neonazis, die sich in Kameradschaften und kleineren, lose
organisierten Gruppen treffen, besonders gewaltbereit sein. Der Berliner
Verfassungsschutz geht davon aus, dass in Berlin etwa 2 700 Personen der
rechtsextremen Szene angehören. Nach Körtings Angaben griffen die rechtsextremen
Gruppen auch neue Themen auf, wie etwa die soziale Lage von Jugendlichen. In der
Nacht vom 1. auf den 2. Dezember beschmierten Unbekannte die Gedenkstätte für
die Opfer des Faschismus in Seelow (Brandenburg). Nach Angaben der Polizei
besprühten sie den Sockel des Denkmals mit zwei 30 Zentimeter großen
Hakenkreuzen. Sieben deutsche Jugendliche überfielen in der Nacht vom 29. auf
den 30. November in Suhl (Thüringen) vier irakische Asylbewerber. An einer
Bushaltestelle in der Innenstadt schlugen sie mit Baseballschlägern auf ihre
Opfer ein. Ein Iraker wurde mit einem Nasenbeinbruch in eine Klinik
eingeliefert. Bisher konnte ein Verdächtiger festgenommen werden, nach den
übrigen Tätern wird gesucht. In derselben Nacht griffen in Münster
(Nordrhein-Westfalen) acht Personen einen 22jährigen Schwarzen auf offener
Strasse an. Sie schlugen den Mann von allen Seiten; auch als er schon am Boden
lag, traten sie auf ihn ein. Der Angegriffene erlitt Prellungen am Kopf und am
Oberschenkel. Zeugen berichteten, dass die Täter erst geflohen seien, als
Passanten aufmerksam wurden. Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen
Hintergrund der Tat aus. In Wusterhausen (Brandenburg) brannte am 27. November
eine von Asiaten geführte Imbissbude ab. Die Polizei schließt einen
rassistischen Hintergrund nicht aus. Erst drei Wochen zuvor hatten rechtsextreme
Jugendliche eine asiatische Imbissbude im 50 Kilometer entfernten Pritzwalk in
Brand gesetzt. Die Zahl rechter Übergriffe ist nach einer Erklärung des Vereins
Opferperspektive trotz zahlreicher staatlicher Projekte gegen Gewalt anhaltend
hoch. Die Organisation zur Beratung von Opfern rechtsextremer Gewalt
registrierte allein im September dieses Jahres 15 Angriffe mit einem
fremdenfeindlichen Hintergrund in Brandenburg. Über den alltäglichen Rassismus,
über Beschimpfungen und Pöbeleien sage die Statistik jedoch nichts aus, meinte
Judith Porath von der Initiative. Viele Fälle würden aus Angst vor weiteren
Bedrohungen verschwiegen.
Jungle World
Jungle World Nummer 51 vom 10.12.2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-12-10
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