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Nazis gegen EU-Erweiterung:
Dumpf im Doppelpack

Am kommenden Samstag will die Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft (BDVG) in Hoyerswerda und Cottbus gegen die Ost-Erweiterung der EU demonstrieren...

Peter Conrady

Das Ziel der zwei Demonstrationen sei es, »Kampfstärke« und »Kampffähigkeit« unter Beweis zu stellen, betonen die Initiatoren von der Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft. Unter den Parolen »Sachsen bleibt deutsch« und »Kein deutsches Geld für Polen, Tschechen und Co.!« wollen die Rechtsextremen am kommenden Samstag in den grenznahen Städten Cottbus und Hoyerswerda gegen die Ost-Erweiterung der EU demonstrieren.

Hervorgegangen ist die BDVG vor einigen Jahren nach einem internen Führungsstreit aus den Jungen Nationaldemokraten (JN). Danach entwickelte sich die Bewegung mehr und mehr zu einer neonazistischen Splittergruppe mit Verbindungen zu den so genannten freien Kräften. Die Bemühungen, ideologisch in die Szene zu wirken, blieben aber bisher erfolglos. Nur in einigen Orten im Bundesgebiet existieren Strukturen, in Sachsen mit einer Handvoll Aktivisten. Erst kürzlich, bei einer Veranstaltung zum Volkstrauertag, wurde deutlich, dass es der BDVG nicht gelingt, das vorhandene Potenzial an Rechtsextremisten in der Region an sich zu binden. Lediglich 25 Neonazis nahmen an der Veranstaltung teil, davon waren einige angereiste Kader aus Westdeutschland.

Angesichts dieser Schwäche überrascht die Liste der Redner auf den beiden Demonstrationen. Sind es doch ausschließlich Neonazikader mit einer Bedeutung weit über die Region Südbrandenburg und Ostsachsen hinaus. Die Anmelder der Veranstaltungen sind Lars Käppler und der Hamburger Nazikader Christian Worch. Käppler kommt aus Heilbronn und ist Vorsitzender der BDVG. In deren Vierteljahresschrift Volk in Bewegung legt Käppler der deutschen Jugend ein am Nationalsozialismus orientiertes Bild des »Herrenmenschen« nahe.

Ein weiterer Redner ist der Schweizer Bernhard Schaub. Mehrfach trat er in den vergangenen Jahren bei Veranstaltungen der BDVG, der JN und der NPD auf, zuletzt im vergangenen Oktober auf einer Vortragsreise durch Sachsen. Der 49jährige ist Antisemit und leugnet den Holocaust. Am 9. November dieses Jahres wurde er zum Vorsitzenden des neu gegründeten »Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten« (VRBHV) gewählt.

Diesem Kreis von Geschichtsfälschern gehören viele maßgebliche internationale Holocaustleugner an. Der Verein »will durch organisierte Anstrengungen die bisher vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten aufheben, ihrem Kampf um Gerechtigkeit die notwendige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gewährleisten und die finanziellen Mittel für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitstellen«, heißt es auf der Homepage. »Reichsbürger treten dem VRHBV bei, um endlich den Allgemeinen Volksaufstand zur Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches durch einen organisierten und geordneten Angriff auf die Auschwitzlüge als dem Fundament der Fremdherrschaft über das Deutsche Volk zu beginnen.«

Als Redner auf den Demonstrationen ist auch Günter Deckert, der ehemalige Vorsitzende der NPD und verurteilte Auschwitzleugner, angekündigt. Er arbeitet schon seit langem an seinem Comeback. So versucht er derzeit, im sächsischen Gränitz bei Freiberg einen Treffpunkt der rechtsextremen Szene zu schaffen. Dass er dabei bisher nicht weit kam, liegt vor allem an den Protesten einer antifaschistischen Bürgerinitiative.

Von Anfang an bezog Deckert organisierte Neonazis in sein Wirken ein. So kam auch die BDVG schon zu einem Arbeitseinsatz. Deckerts geplante Teilnahme an den Demonstrationen ist als deutliches Bekenntnis zu den neonazistischen freien Kräften und zu Christian Worch zu werten.

Der letzte angekündigte Redner ist ebenfalls ein seit Jahren bekannter Aktivist aus dem Spektrum der freien Kameradschaften. Der Eberswalder Gordon Reinholz ist Anführer des »Märkischen Heimatschutzes« und außerdem Redaktionsmitglied der Mitteldeutschen Jugendzeitung, eines Projektes verschiedener Kameradschaften Ostdeutschlands. Er gilt als Integrationsfigur mit Kontakten zu allen maßgeblichen Funktionären in der Region südlich von Berlin.

Auch wenn die jeweiligen Hintergründe der Redner sich unterscheiden, so ist doch allen gemeinsam, dass die Teilnahme an der »Doppeldemonstration« zu ihrer Profilierung dienen soll. Ob das gelingen wird, hängt auch von den geplanten Gegenaktivitäten ab. In Cottbus ruft das Bündnis gegen Antisemitismus und Rassismus zu einer Demonstration auf unter dem polnischen Motto: »Nazism? Nie dziekuje!« (»Nazis? Nein Danke!«)

Das Bündnis geht davon aus, dass in Cottbus einige hundert Neonazis aufmarschieren werden. Es ist schließlich die erste Demonstration seit dem Sommer 2001, als ein Aufmarsch abgesagt wurde, weil nur elf Teilnehmer erschienen waren. Doch in letzter Zeit versuchen die Cottbuser Neonazis, mit Übergriffen und Propagandaaktionen die Hegemonie in der Stadt wieder zu erlangen.

Selbst die Stadt Cottbus ruft zu Gegenaktionen auf. Sie werden ausdrücklich als »demokratisch« angekündigt, um sie von der Antifas abzugrenzen. Aber immerhin stellt sich die Stadt gegen die Neonazis. Davon ist Hoyerswerda noch weit entfernt. Diese Stadt wurde durch einen der ersten Pogrome nach der Wiedervereinigung bekannt, bei dem im Jahr 1991 Flüchtlinge von Neonazis unter dem Beifall der Bevölkerung vertrieben wurden.

In Hoyerswerda konnte man sich nur zu einer symbolischen Aktion durchringen: Möglichst viele Handabdrücke Hoyerswerdaer Bürger sollen gesammelt und dann öffentlich ausgehängt werden, »Hände gegen rechts«. Der Oberbürgermeister von Hoyerswerda, Horst Dieter Brähmig (PDS), ruft dazu auf, ein »Zeichen zu setzen« und die »direkte Konfrontation mit den Rechtsradikalen« zu vermeiden. Auch eine Kundgebung soll es geben. Aber erst, wenn die Neonazis die Stadt schon wieder verlassen. Auf solch eine absurde Idee kann man wohl nur in Hoyerswerda kommen.

Jungle World
Jungle World Nummer 51 vom 10.12.2003

kt / hagalil.com / 2003-12-10

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