Das Ziel der zwei Demonstrationen sei es, »Kampfstärke« und
»Kampffähigkeit« unter Beweis zu stellen, betonen die Initiatoren von der
Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft. Unter den Parolen »Sachsen bleibt deutsch«
und »Kein deutsches Geld für Polen, Tschechen und Co.!« wollen die
Rechtsextremen am kommenden Samstag in den grenznahen Städten Cottbus und
Hoyerswerda gegen die Ost-Erweiterung der EU demonstrieren.
Hervorgegangen ist die BDVG vor einigen Jahren nach einem
internen Führungsstreit aus den Jungen Nationaldemokraten (JN). Danach
entwickelte sich die Bewegung mehr und mehr zu einer neonazistischen
Splittergruppe mit Verbindungen zu den so genannten freien Kräften. Die
Bemühungen, ideologisch in die Szene zu wirken, blieben aber bisher erfolglos.
Nur in einigen Orten im Bundesgebiet existieren Strukturen, in Sachsen mit einer
Handvoll Aktivisten. Erst kürzlich, bei einer Veranstaltung zum Volkstrauertag,
wurde deutlich, dass es der BDVG nicht gelingt, das vorhandene Potenzial an
Rechtsextremisten in der Region an sich zu binden. Lediglich 25 Neonazis nahmen
an der Veranstaltung teil, davon waren einige angereiste Kader aus
Westdeutschland.
Angesichts dieser Schwäche überrascht die Liste der Redner
auf den beiden Demonstrationen. Sind es doch ausschließlich Neonazikader mit
einer Bedeutung weit über die Region Südbrandenburg und Ostsachsen hinaus. Die
Anmelder der Veranstaltungen sind Lars Käppler und der Hamburger Nazikader
Christian Worch. Käppler kommt aus Heilbronn und ist Vorsitzender der BDVG. In
deren Vierteljahresschrift Volk in Bewegung legt Käppler der deutschen Jugend
ein am Nationalsozialismus orientiertes Bild des »Herrenmenschen« nahe.
Ein weiterer Redner ist der Schweizer Bernhard Schaub.
Mehrfach trat er in den vergangenen Jahren bei Veranstaltungen der BDVG, der JN
und der NPD auf, zuletzt im vergangenen Oktober auf einer Vortragsreise durch
Sachsen. Der 49jährige ist Antisemit und leugnet den Holocaust. Am 9. November
dieses Jahres wurde er zum Vorsitzenden des neu gegründeten »Vereins zur
Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten« (VRBHV)
gewählt.
Diesem Kreis von Geschichtsfälschern gehören viele
maßgebliche internationale Holocaustleugner an. Der Verein »will durch
organisierte Anstrengungen die bisher vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten
aufheben, ihrem Kampf um Gerechtigkeit die notwendige Wahrnehmung in der
Öffentlichkeit gewährleisten und die finanziellen Mittel für einen erfolgreichen
Rechtskampf bereitstellen«, heißt es auf der Homepage. »Reichsbürger treten dem
VRHBV bei, um endlich den Allgemeinen Volksaufstand zur Wiedererlangung der
Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches durch einen organisierten und
geordneten Angriff auf die Auschwitzlüge als dem Fundament der Fremdherrschaft
über das Deutsche Volk zu beginnen.«
Als Redner auf den Demonstrationen ist auch Günter Deckert,
der ehemalige Vorsitzende der NPD und verurteilte Auschwitzleugner, angekündigt.
Er arbeitet schon seit langem an seinem Comeback. So versucht er derzeit, im
sächsischen Gränitz bei Freiberg einen Treffpunkt der rechtsextremen Szene zu
schaffen. Dass er dabei bisher nicht weit kam, liegt vor allem an den Protesten
einer antifaschistischen Bürgerinitiative.
Von Anfang an bezog Deckert organisierte Neonazis in sein
Wirken ein. So kam auch die BDVG schon zu einem Arbeitseinsatz. Deckerts
geplante Teilnahme an den Demonstrationen ist als deutliches Bekenntnis zu den
neonazistischen freien Kräften und zu Christian Worch zu werten.
Der letzte angekündigte Redner ist ebenfalls ein seit Jahren
bekannter Aktivist aus dem Spektrum der freien Kameradschaften. Der Eberswalder
Gordon Reinholz ist Anführer des »Märkischen Heimatschutzes« und außerdem
Redaktionsmitglied der Mitteldeutschen Jugendzeitung, eines Projektes
verschiedener Kameradschaften Ostdeutschlands. Er gilt als Integrationsfigur mit
Kontakten zu allen maßgeblichen Funktionären in der Region südlich von Berlin.
Auch wenn die jeweiligen Hintergründe der Redner sich
unterscheiden, so ist doch allen gemeinsam, dass die Teilnahme an der
»Doppeldemonstration« zu ihrer Profilierung dienen soll. Ob das gelingen wird,
hängt auch von den geplanten Gegenaktivitäten ab. In Cottbus ruft das Bündnis
gegen Antisemitismus und Rassismus zu einer Demonstration auf unter dem
polnischen Motto: »Nazism? Nie dziekuje!« (»Nazis? Nein Danke!«)
Das Bündnis geht davon aus, dass in Cottbus einige hundert
Neonazis aufmarschieren werden. Es ist schließlich die erste Demonstration seit
dem Sommer 2001, als ein Aufmarsch abgesagt wurde, weil nur elf Teilnehmer
erschienen waren. Doch in letzter Zeit versuchen die Cottbuser Neonazis, mit
Übergriffen und Propagandaaktionen die Hegemonie in der Stadt wieder zu
erlangen.
Selbst die Stadt Cottbus ruft zu Gegenaktionen auf. Sie
werden ausdrücklich als »demokratisch« angekündigt, um sie von der Antifas
abzugrenzen. Aber immerhin stellt sich die Stadt gegen die Neonazis. Davon ist
Hoyerswerda noch weit entfernt. Diese Stadt wurde durch einen der ersten Pogrome
nach der Wiedervereinigung bekannt, bei dem im Jahr 1991 Flüchtlinge von
Neonazis unter dem Beifall der Bevölkerung vertrieben wurden.
In Hoyerswerda konnte man sich nur zu einer symbolischen
Aktion durchringen: Möglichst viele Handabdrücke Hoyerswerdaer Bürger sollen
gesammelt und dann öffentlich ausgehängt werden, »Hände gegen rechts«. Der
Oberbürgermeister von Hoyerswerda, Horst Dieter Brähmig (PDS), ruft dazu auf,
ein »Zeichen zu setzen« und die »direkte Konfrontation mit den Rechtsradikalen«
zu vermeiden. Auch eine Kundgebung soll es geben. Aber erst, wenn die Neonazis
die Stadt schon wieder verlassen. Auf solch eine absurde Idee kann man wohl nur
in Hoyerswerda kommen.