Martin Hohmann bleibt vorerst CDU-Bundestagsabgeordneter.
Auch drei Tage nach Bekanntwerden seiner antisemitisch gefärbten Rede über die
Juden als "Tätervolk" sahen sich Hohmanns Vorgesetzte in Berlin und Wiesbaden
gestern noch nicht in der Lage mitzuteilen, welche Konsequenzen die Union aus
dem Fall zu ziehen gedenkt.
Über das weitere Vorgehen sei noch nicht entschieden, sagte
ein Parteisprecher der taz. Das Thema werde aber in der heutigen Sitzung des
CDU-Vorstands in Berlin "mit Sicherheit zur Sprache kommen". Damit wird das
Verhalten des hessischen Hinterbänklers zur Chefsache. Für Partei- und
Fraktionschefin Angela Merkel droht der Umgang mit der heiklen Personalie zu
einem Machtkampf mit ihrem Rivalen um die Kanzlerkandidatur, Hessens
Ministerpräsident Roland Koch, zu werden.
Während Merkel am Wochenende durchblicken ließ, dass sie den
Rechtsausleger Hohmann, der schon vor seiner umstrittenen Rede mehrfach durch
abfällige Äußerungen über Minderheiten aufgefallen war, am liebsten aus der
Bundestagsfraktion entfernen würde, schweigt Koch.
Der Sprecher des hessischen Ministerpräsidenten verwies auf
eine Entschuldigung Hohmanns für seine Rede, die er am Samstag "nach einem
Telefonat mit Herrn Koch" abgegeben habe. "Weiter gibt es dazu nichts zu sagen",
erklärte Kochs Sprecher der taz. Der Ministerpräsident wolle "den Gesprächen im
Präsidium und Vorstand nicht vorgreifen".
Für Koch ist die Sache knifflig: Einerseits muss er auf die
erzkonservative Klientel Rücksicht nehmen, die Hohmann vertritt und der Koch
selbst zu einem Gutteil seinen Aufstieg in der Hessen-CDU verdankt. Hohmann hat
den Wahlkreis des früheren CDU-Fraktionschefs Alfred Dregger geerbt und sieht
sich in der Tradition des früheren Fuldaer Erzbischofs Johannes Dyba.
Andererseits registriert Koch natürlich den öffentlichen Druck. Nach SPD und
Grünen haben inzwischen auch mehrere CDU-Politiker ihre anfängliche
Zurückhaltung aufgegeben. Der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmer Arentz und der
frühere CDU-Generalsekretär Polenz forderten ein Parteiordnungsverfahren - für
das Kochs hessische CDU zuständig wäre. Der Zentralrat der Juden verlangte
gestern den Ausschluss Hohmanns aus der Bundestagsfraktion. Zugleich kündigte
das Gremium an, Strafanzeige gegen den CDU-Mann zu stellen.
Merkel könnte Hohmann aus der Fraktion ausschließen lassen.
Dazu dürfte sie sich aber erst dann durchringen, wenn sie dafür ein klares Votum
der Fraktion hat. Dies ist noch fraglich. Hohmann selbst ist zwar ein
Außenseiter in Berlin. Nicht wenige dürften jedoch zögern, wenn es darum geht,
ihn auszuschließen. Bisher hat sich Merkel deshalb nur zu einer ersten,
eigentlich selbstverständlich anmutenden Maßnahme entschlossen: Hohmann soll
seinen Posten als Berichterstatter der CDU im Innenausschuss für die
NS-Zwangsarbeiter-Entschädigung abgeben.