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[Der Pressespiegel im Klick nach Rechts]

Rechtsterrorismus:
Neonazis und ihr Bombenterror seit 1945

Seit den Aufsehen erregenden Verhaftungen von Neonazis in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg um den Jahrestag des Anschlags auf das World Trade Center in New York wird unter den Stichworten "Rechtsterrorismus" und "Braune Armee-Fraktion" wieder in breiter Öffentlichkeit über die Gefahr gesprochen, die von den deutschen Neonazis ausgeht. Davon unberührt marschieren die NPD und die "Freien Kameradschaften" bei entsprechender Begleitmusik (Rechtsrock) weiterhin jedes Wochenende in irgendeiner Stadt der Bundesrepublik auf...

Raimund Hethey

Angesichts des ungeheuerlichen Verbrechens, das die beschuldigten Neonazis um den Kameradschaftsführer Martin Wiese (27) geplant haben sollen, erscheinen die immer noch im 14-tägigen Rhythmus stattfindenden Brandflaschen-Angriffe gegen Asylbewerberheime als völlig harmlos, da vermeintlich spontan, unter Alkoholeinfluss und vereinzelt begangen. Angesichts des rabiaten Sozialabbaus wird die Gewalt als Mittel einfacher Lösungen für komplexe gesellschaftliche Probleme ansteigen, werden organisierte Neonazis den Ton angeben? Ein Rückblick auf die Geschichte des Bombenterrors von Neonazis in der Bundesrepublik Deutschland kann für die Einordnung der Münchner Vorfälle und Festnahmen hilfreich sein.


Werwolf-Strukturen und militanter Antikommunismus (1945-1960)


Auch nach seiner militärischen Zerschlagung sollte der Nationalsozialismus seine grausamen bedrohlichen Züge nicht verlieren. In Anlehnung an eine alte Mythologie, nach der sich ein Mensch mit Hilfe eines Wolfshemdes oder eines Wolfsgürtels in einen Wolf verwandeln könne, organisierten die deutschen Faschisten Widerstandsgruppen gegen die Alliierten, die aus dem Hinterhalt gegen die Siegermächte operieren sollten. Obgleich dieses Ansinnen kläglich scheiterte, haben zumindest die theoretischen Überlegungen bis heute eine Wirkung. Im Devotionalienhandel des NPD eigenen Verlags "Deutsche Stimme" konnten für 16 DM die "Werwolf-Winke für Jagdeinheiten" erworben werden. Der Verfasser ist Arthur Ehrhardt, ehemals SS-Hauptsturführer sowie Chef der "Bandenbekämpfung" im Führerhauptquartier und 1951 Gründer der neofaschistischen Monatszeitschrift "Nation Europa" (heute: "Nation+Europa"). "Wesen und Führungsgrundsätze des Kleinkrieges, Aufstellung von Jagdeinheiten, Ausbildung, Taktik, Kampf gegen Feindagitation, Unterkunft und Verpflegung." Heute wird die 68-seitige Anleitung zum Terror von Karl-Heinz Dissberger (Barett/Kabinett-Verlag) verlegt. Dissberger, zeitweilig auch Mitglied der "Wiking Jugend" (WJ), kandidierte 1975 für die NPD bei den Landtagswahlen in NRW. Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei 1980 bei ihm mehrere tausend Schuss Munition, Pistolen und mit TNT gefüllte Handgranaten. Dissberger war Düsseldorfer Verbindungsmann von WSG-Chef Karl-Heinz Hoffmann. Bis zum Verbot der "Nationalistischen Front" (NF) belieferte Dissberger auch den Verlag und Versandhandel von Meinolf Schönborn. Bis in die 90er Jahre bestand ein Interesse von Neonazis an "Werwolf-Gruppen". Die Schrift "Eine Bewegung in Waffen" verteilten die Mitglieder der inzwischen verbotenen "Nationalen Offensive" (NO) Henry Fiebig und Christian Scholz, der zeitweilig auch als "Schriftleiter" der HNG-Nachrichten fungierte. Sie warben für eine gewaltsame "National-sozialistische Revolution" und wollten ausgesuchte Interessierte für "Werwolf-Aktivitäten" gewinnen. Auszüge der Schrift wurden im NS-Kampfruf der NSDAP/AO veröffentlicht.
Die Bereitschaft im Sinne des Nationalsozialismus gegen den "Bolschewismus" weiter zu kämpfen, wurde im so genannten "Kalten Krieg" von den Amerikanern für ihre eigenen Interessen genutzt. 1950 wurde der "Bund deutscher Jugend" gegründet, dessen Mitglieder jedoch weniger Jugendliche, sondern vielmehr ehemalige Wehrmachtsoffiziere und alte Nationalsozialisten waren. Dem Bund, der vom CIA, diversen Ministerien und von namhaften Firmen wie "Coca Cola" finanziert wurde, war ein so genannter "Technischer Dienst" (TD) angegliedert, der 1952 als "stay-behind" - Organisation enttarnt und aufgelöst wurde. Die Aufgabe des TD bestand u.a. darin, sich bei einem etwaigen Einmarsch der sowjetischen Armee überrollen zu lassen und aus dem besetzten Land Nachrichten zu übermitteln, Sabotageaktionen durchzuführen, Fluchtwege zu organisieren und bei der Rückeroberung behilflich zu sein. Darüber hinaus führte der TD Listen über Kommunist(inn)en und prominenten Sozialdemokrat(inn)en, die "am Tag X dem bolschewistischen Zugriff entzogen" und notfalls ermordet werden sollten. Der BDJ war Teil der geheimdienstlich geführten "Gladio"-Struktur in Europa.


Sprengstoffattentate und Re-Organisation einer NSDAP-Struktur (1964-1980)


In den 1960er Jahren wurde massiv an einem Aufbau einer NSDAP-Struktur gearbeitet, die letztlich zu einer Wiederzulassung der NSDAP führen sollte. Der Aufbau-Prozess war begleitet von Vorbereitungen von Terroranschlägen, um ein destabilisiertes demokratisches Regierungssystem für diese Zwecke erpressbar zu machen. Zwischen 1966 und 1977 verhinderten Polizeibehörden durch rechtzeitiges Eingreifen Sprengstoffanschläge gegen Neonazis missliebige Personen und Einrichtungen. In den meisten Fällen waren die militanten Neonazis nicht über das Planungsstadium hinaus gekommen. Etwas anders verhielt es sich bei den Mitgliedern der hauptsächlich von Michael Kühnen 1977 gegründeten "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS). Durch Einbrüche und Banküberfälle erbeuteten sie Geld und Waffen für den Aufbau einer Logistik und Durchführung terroristischer Aktionen. Der beabsichtigte Sprengstoffanschlag auf die Gedenkstätte Bergen-Belsen wurde durch die frühzeitige Verhaftung der potentiellen Täter am 25.2. und 1.3.1978 vereitelt. Im Bückeburger Prozess 1979) wurde der Großteil der Terrorstrukturen öffentlich bekannt: Neben Kühnens Wehrsportgruppe "Werwolf" existierten Wehrsportgruppen u.a. mit der Bezeichnung "Werwolf 21", Werwolf Baden, "Blankensee", Ostwestfalen", "Fulda", "Hagen", Schleswig-Holstein", "Mündener Stahlhelm-Bund", "Kampfgruppe Schwarzwald", "Kampfgruppe Priem" oder "Schlageter". Kühnen wurde zwar vom Hauptanklagepunkt der Rädelsführerschaft einer terroristischen Vereinigung freigesprochen, aber er blieb eine der dominierenden Figuren der militanten Neonazis bis zu seinem Tod 1991.


Massenwirksamkeit durch Bombenanschläge (1980 - 1990) (Anti-Amerikanismus als verbrämter Antisemitismus)


In den siebziger und frühen achtziger Jahren machten weitere aktionistisch orientierte Kleingruppen mit Anschlägen auf sich aufmerksam: die "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit" VSBD/PdA) des Friedhelm Busse, die "Hepp/Kexel Gruppe" und die Deutschen Aktionsgruppen" von Manfred Roeder. Roeder, bis heute aktiver Neonazi, sah sich als direkter, legitimer Nachfolger Hitlers an und propagierte mehrfach die Notwendigkeit spektakulärer Anschläge, um als politische Kraft ernst genommen zu werden. Seiner Gruppe wurden Sprengstoffattentate auf eine Auschwitz-Ausstellung im Landratsamt Esslingen am 21.2.1980 und auf eine Schule in Hamburg am 27.4.1980 angelastet, bei der erstmalig Menschen verletzt wurden. Mit in der Schweiz erworbenem Schwarzpulver verübten sie Anschläge gegen ein Bundessammellager für Flüchtlinge in Zirndorf (30.7.1980) und gegen eine Asylbewerberunterkunft in Lörrach (17.8.80). Am 7.8.1980 warfen sie Molotow-Cocktails auf ein Asylbewerberheim in Leinfelden. Am 22. August 1980 begingen Mitglieder der "Deutschen Aktionsgruppen" einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Hamburg, bei dem zwei Vietnamesen ums Leben kamen. Am 1. September 1980 wurde der Gruppe durch die Festnahme das Handwerk gelegt. Tatmotiv für die Anschläge war eine ausgeprägte Ausländerfeindlichkeit. Wenige Monate nach der Zerschlagung der Roeder-Bande veröffentlichten Wissenschaftler das so genannte "Heidelberger Manifest", in dem sie vor einer existentiellen Gefährdung des Bestands der Bundesrepublik Deutschland warnen, die durch die Anwesenheit von Ausländer/innen bestünde. Das Manifest könnte als Legitimation für Roeders Aktivitäten und später folgende Anschläge und Morde gegen Ausländer/innen gelten. Im Jahr 1980 unternahmen Neonazis die bisher meisten terroristischen Aktionen. Aus einer antiamerikanischen Grundhaltung heraus beging die "Hepp/ Kexel-Gruppe", benannt nach ihren Gründern Odfried Hepp und Walter Kexel, Attentate auf US-Bürger in Deutschland. Sie legten Sprengsätze unter die Privat-PKWs von Angehörigen der US-Streitkräfte, im Glauben sie könnten dadurch die Amerikaner zum Rückzug aus der BRD zwingen. Das nötige Kapital, um Logistik und Waffen organisieren zu können, verschafften sie sich durch mehrere Banküberfälle. Ihren schwersten Anschlag übten sie am Abend des 13. Dezember 1982 aus, an dem sie drei Bomben unter Fahrzeugen amerikanischer Soldaten legten, von denen zwei explodierten und die Fahrer schwer verletzten. Die Festnahme der Mitglieder erfolgte am 15.2.1983, wobei Hepp zunächst die Flucht ins Ausland gelang. Er konnte erst am 12.4.1985 festgenommen werden.
Die "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG Hoffmann), unter ihrem Führer Karl-Heinz Hoffmann baute, nachdem die Organisation im Januar 1980 verboten wurde, im Libanon eine paramilitärische Gruppe auf. Aufgrund der Festnahme von Hoffmann direkt nach seiner Rückkehr nach Deutschland konnten geplante Anschläge auf Personen und Einrichtungen in der BRD und im Nahen Osten verhindert werden. Am 26. September 1980 verübte der Neonazi Gundolf Köhler, der zeitweilig der WSG Hoffmann angehörte, ein Sprengstoffattentat (Werfergranate aus dem II. Weltkrieg) auf dem Münchner Oktoberfest, bei dem 13 Personen starben und 219 Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Ungeklärt ist bis heute, ob Köhler allein oder mit weiteren Aktivisten um die WSG Hoffmann das Attentat geplant und durchgeführt hat. Der Waffenlieferant der beinahe 400 Mitglieder starken WSG Hoffmann war der neuheidnische Neonazi Anton Pfahler aus dem bayrischen Sinning (Landkreis Neuburg/Donau), der Ende der 1990er Jahre für bundesweite Schlagzeilen sorgte, weil die Polizei bei ihm ein großes Waffenlager aushob. Ein Auffangbecken ehemaliger WSG-Hoff-mann Mitglieder bot die "Vereinigung Der Stahlhelm e. V. - Kampfbund für Europa". Im Februar 1999 demonstrierten mehrere hundert Neonazis in Saarbrücken gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944". Mitorganisiert wurde der Aufmarsch vom Stahlhelm. Redner auf dem Aufmarsch war Diplomingenieur (Chemie) Peter Naumann aus Wiesbaden, ein militanter Antisemit und verurteilter Terrorist. Naumann erwarb sich den Ruf eines Bombenexperten der Neonazis. Seine Karriere begann bei den "Jungen Nationaldemokraten". 1976 wurde er stv. Bundesvorsitzender der JN, 1985 Gründer der "Arbeitsgemeinschaft Nationaler Verbände/ Völkischer Bund" (ANV/VB). Im Oktober 1988 wurde er zu vier Jahren und sechs Monaten Haft u.a. wegen eines Sprengstoffanschlags auf das Mahnmal "Fosse Adreatine" (bei Rom) für italienische NS-Opfer im August 1978 und wegen versuchter Gründung einer terroristischen Vereinigung mit Walter Kexel und Odfried Hepp durch das OLG Frankfurt verurteilt. Die Beteiligung an Sprengstoffanschlägen auf Fernsehsendemasten, um die Ausstrahlung der Serie "Holocaust" im Januar 1979 zu stören, konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Naumann saß bis Dezember 1990 eine Haftstrafe ab und suchte "für die Zeit ab Januar 1991 im Großraum Rhein-Main oder im Raum Cuxhaven/ Stade/ Hamburg oder Bremen/ Bremerhaven einen neuen Wirkungskreis" als Diplomingenieur (Chemie). 1993/94 tauchte er kurzzeitig unter. Für ihn war ein Haftbefehl wegen der Bombenattentate in Österreich im Dezember 1993 ausgestellt worden. Mitte August 1995 führte er staatliche Behörden zu verschiedenen Sprengstoff-Lagern der Neofaschisten, weil er angeblich der Gewalt abgeschworen habe [vgl. DRR (1990), Nr. 9, S.12 ]. Inzwischen ist Naumann bei seinen Nazi-Kameraden ein gefragter Referent. Bisweilen tritt er bei Veranstaltungen mit dem Konvertier Horst Mahler auf. Zuletzt referierte Naumann nach der Aufdeckung der Attentatspläne in München.
Der Begründer der "Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands" (VSBD) und anderer Nazi-Gruppierungen sowie Vorsitzender der verbotenen "Freiheitliche(n) Arbeiter Partei" (FAP), Friedhelm Busse, hat während seiner Nazi-Karriere immer wieder Verurteilungen wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz in Kauf genommen. Schon als Funktionär des BDJ in den 50er Jahren wurde er mit Kampftechniken wie Sabotageakten und Wehrsport vertraut gemacht. Bereits 1963 fand die Polizei bei ihm etwa 1 kg Dynamit. Dafür erhielt Busse eine dreimonatige Gefängnisstrafe auf Bewährung wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. 1981 wurde er wegen Sprengstoffbesitz und Mitwisserschaft zu einem Banküberfall festgenommen und 1983 zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Im Augenblick sitzt er eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten ab, u. a. weil er im Juni 2001 während einer Kundgebung in Karlsruhe die Gründung der Bundesrepublik Deutschland als kriminellen Akt bezeichnet und die Wiedereinsetzung der NS-Diktatur gefordert hatte.


Politische Morde und Bildung einer neuen Terrorfront (1991 - 2003) (Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Anti-Antifa, Hass-Sound)


Nach dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik erhielten die westdeutschen Neonazis Verstärkung. Fast ohne Probleme konnten sie auf Massenveranstaltungen auf dem Territorium der ehemaligen DDR für ihre Ziele neue AnhängerInnen rekrutieren und ihre Praxis im Straßenkampf erweitern. In den ersten 10 Jahren der Berliner Republik stieg die Anzahl der Opfer politischer Morde auf über 100 rapide an. Bei der Organisation von Pogrom ähnlichen Aktionen nutzten Neonazis die Struktur vermeintlich lose operierender "Kameradschaften", in deren Nähe aber fast ausschließlich eine NPD-Struktur zu finden war. Das Konzept der "National befreiten Zonen" zuerst vom "Nationaldemokratischen Hochschulbund" (NHB) publiziert, bildete die ideologische Basis. Bekämpft wird, was nicht ins völkisch-nationalistische Weltbild passt: Ausländer, Homosexuelle, Behinderte, Obdachlose, Linke, Gewerkschafter, Sinti, Roma, Juden und Aussiedler. Die Angriffe auf Unterkünfte ausländischer MitbürgerInnen in Hoyerswerda (1991), Rostock-Lichtenhagen (1992) und die Mordanschläge in Mölln (1992) und Solingen (1993) waren ein Produkt der Konzeption von "national befreiten Zonen" der Neonazis. Trotz zahlreicher Waffen- und Sprengstofffunde kam es seit 1990 nur zu einem Sprengstoffanschlag und zwar am 9. März 1999 auf die "Wehrmachts-Ausstellung" in Saarbrücken. Obwohl der Anschlag bis heute nicht aufgeklärt wurde, tauchte der Name eines Bombenlegers auf, der durch seine Anschläge seit 30 Jahren bekannt ist: Ekkehard Weil. 1970 versuchte Weil, einen Wachsoldaten vor dem sowjetischen Ehrenmal in Westberlin zu ermorden. Der Mann wurde lebensgefährlich verletzt. Nach Verbüßung einer Haftstrafe ging Weil Ende der siebziger Jahre nach Österreich, wo er seine Bombenaktivitäten fortgesetzt haben soll. Als 1980 im Zuge einer Anschlagsserie auf österreichische Juden und Jüdinnen, jüdischen Einrichtungen sowie AntifaschistInnen neun Sprengkörper detonierten, soll eine der Bomben von Weil vor der Wohnung von Simon Wiesenthal platziert worden sein. 1998 fand die Polizei bei dem inzwischen in die BRD zurückgekehrten Weil in seiner Berliner Wohnung Bombenmaterial. Weil tauchte noch im selben Jahr unter, wohl ohne seine Aktivitäten eingestellt zu haben. Vermutlich beteiligte sich der Neonazi an den Sprengstoffanschlägen auf das Grab von Heinz Galinski im Dezember 1998 in Berlin. Wie gut die Zusammenarbeit zwischen der alle Vorteile des Parteiengesetzes ausnutzenden NPD und den militanten Neonazis funktioniert, zeigt das Beispiel der "Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS). Bei Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern und Anhängern wurden am 24. Juni 2000 u. a. zwei Kilogramm Sprengstoff, scharfe Zündvorrichtungen, Sprenggranaten, Raketenteile, Pistolen, Gewehre, Panzerfäuste und größere Mengen Munition entdeckt. Die paramilitärische Truppe hatte in Sachsen und in Tschechien Wehrsportübungen durchgeführt. Einzelne Mitglieder der SSS leisteten Ordnerdienste und Wahlhilfe für die NPD, insbesondere für den NPD-Kreisvorsitzenden und Kommunalpolitiker Uwe Leichsenring aus Königsstein. Die SSS wurde im April 2001 durch das Sächsische Staatsministerium des Innern verboten, der Prozess gegen einige ihrer Mitglieder begann 2003 vor dem OLG in Dresden und ist noch nicht abgeschlossen. Vergleicht man die Vorgänge in München mit der bisher gängigen Bombenpraxis der Neonazis, so zählt die Aktion der Münchner Kameradschaft "Aktionsbüro Süddeutschland - Kameradschaft Süd" zweifelsohne zu den aufgrund der Aufdeckung durch den Polizeiapparat im Planungsstadium verhinderten Bombenattentaten. Der geplante Anschlag hätte bei Durchführung alle bisher durchgeführten Anschläge in den Schatten gestellt. Darüber hinaus wäre das erste Mal eine auf dem Territorium der ehemaligen DDR erwachsene Struktur in eine westliche Metropole, der früheren "Bewegungsstadt" (NSDAP), transformiert worden. Gleich geblieben ist auch im Münchner Fall die Nähe zur NPD und eine stärker als sonst zu beobachtende Einbettung in das (klein-) bürgerliche Lager von den Republikanern bis zum Rand der CSU - und das sollte im Auge behalten werden.

Der Rechte Rand
Der Rechte Rand Nummer 85 vom November/Dezember 2003

kt / hagalil.com / 2003-11-25

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