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Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und Friedhofsschändungen...

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Am 15. Oktober hat die Polizei in Berlin-Kladow 50 Flugblätter mit antisemitischem Inhalt sichergestellt. Auf den Zetteln, die hinter den Scheibenwischern von Autos klemmten, werden Juden für die Verseuchung des nahe gelegenen Groß Glienicker Sees und seiner Uferbäume verantwortlich gemacht. In der Nacht zum 12. Oktober wurde in der Gedenkstätte des ehemaligen Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück bei Fürstenberg (Brandenburg) ein Denkmal mit rechtsextremistischen und antisemitischen Parolen beschmiert. Unbekannte besprühten eine Figur des Denkmals »Müttergruppe« mit dem Schriftzug »K 18«, der vermutlich auf die englische rechtsextreme Gruppierung Combat 18 verweist. Der Figur wurde außerdem ein Schild mit dem Schriftzug »Tod der ZOG« (Zionist Occupied Government) und einem durchgestrichenen Davidstern umgehängt. In Ravensbrück waren zwischen 1939 und 1945 mehr als 150000 Frauen inhaftiert, mehr als 10000 wurden hingerichtet. Zwischen dem 9. und dem 11. Oktober beschädigten unbekannte Täter einen jüdischen Friedhof in Gudensberg bei Kassel (Hessen). Mit roter Farbe sprühten sie Hakenkreuze und SS-Symbole sowie Nazi-Parolen auf 42 Grabsteine und die Gedenktafeln an der Eingangstür. In einem Regionalexpress in Berlin griff am 9. Oktober ein 46jähriger Mann aus Ludwigsfelde (Brandenburg) einen zwei Monate alten Säugling an. Zunächst belästigte er die aus dem ehemaligen Jugoslawien und Sierra Leone stammenden Eltern mit fremdenfeindlichen Parolen. Dann täuschte er einen Sturz vor und ließ sich in Richtung des Säuglings fallen. Er drückte das Mädchen zu Boden, indem er sich auf dessen Brustkorb und Gesicht abstützte. Die Eltern des Kindes konnten den Übergriff abwehren und den Mann festhalten. Die Staatsanwaltschaft in Braunschweig (Niedersachsen) ermittelt gegen Polizeibeamte, die den Nigerianer Michael Ibeh am 27. August misshandelt haben sollen. Am frühen Abend dieses Tages stoppten sie das Auto des 31jährigen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung und durchsuchten den Kofferraum ohne Erfolg nach Drogen. Michael Ibeh wurde aufgefordert, mit aufs Revier zu kommen. Dort wurde er nach seinen Angaben von Beamten durchsucht und musste sich nackt ausziehen. Als er sich beschwerte, schlugen sie 45 Minuten lang auf ihn ein und beschimpften ihn als »Nigger«. Danach fuhren sie Michael Ibeh, immer noch unbekleidet, zu einer anderen Polizeiwache, wo er bis Mitternacht festgehalten wurde. Die Zahl der in Deutschland begangenen rechtsextremen Straftaten ist gestiegen. Im August dieses Jahres wurden 703 erfasst. Im gleichen Monat des Vorjahres waren es 353. Die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau sagte dazu, dass die reale Zahl rechtsextremer Straftaten höher sei als die statistisch erfasste. Straftaten gegen Linke fielen meist unter Randale, antisemitische würden extra gezählt. Das Bundesinnenministerium zählte im ersten Quartal dieses Jahres 222 antisemitische Straftaten.

Jungle World
Jungle World Nummer 44 vom 22.10.2003

kt / hagalil.com / 2003-10-22

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