Neonazismus:
Deutsches Haus
Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und
Friedhofsschändungen...
gs
Skinheads haben am 5. Oktober in Hannover (Niedersachsen)
eine türkische Polizistin mit rechtsextremen Parolen beleidigt und angegriffen.
Die 27jährige Beamtin wollte am frühen Morgen zusammen mit Kollegen in der
Davenstedter Straße einen Streit zwischen sechs Skinheads schlichten. Zwei von
ihnen, eine 18jährige und ein 19jähriger, schrien sie an: »Dich sollte man
vergasen!« Die 18jährige trat die Polizistin mit Springerstiefeln und biss sie
bei ihrer Festnahme in die Hand. Ein Verfahren wegen Widerstands gegen die
Staatsgewalt, Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung
wurde eingeleitet. In der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober grölte ein gutes
Dutzend Jugendlicher mehrfach ausländerfeindliche Parolen und zeigte den
Hitlergruß auf einer Jubiläumsfeier in Kamenz (Sachsen). Sie wurden von der
Polizei gestellt. Die meisten von ihnen gehören bekannten rechtsextremen
Gruppierungen an. In der Nacht zum 3. Oktober, dem »Tag der deutschen Einheit«,
beschmierten Unbekannte die Gedenktafel für Heinrich Stahl, die an seinem
Geburtshaus in der Straße Alt-Rudow im Berliner Stadtteil Neukölln angebracht
ist. Sie sprühten außerdem Hakenkreuze und eine Rune an die Hauswand. Heinrich
Stahl war von 1933 bis 1942 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Im
Juni 1942 verschleppten die Nationalsozialisten ihn in das KZ Theresienstadt, wo
er wenig später starb. Am 2. Oktober verkündete der Sozialdezernent der Stadt
Kerpen (Nordrhein-Westfalen), Peter Knopp, die baldige Fertigstellung neuer
Asylbewerberheime zwischen Sindorf und Horrem. »Ein Umzug in die neuen Wohnungen
soll ein Anreiz für die Asylbewerber sein. Wenn sie sich gut bewähren, dann
können sie mit einer größeren und schöneren Wohung im neuen Heim nebenan belohnt
werden«, sagte Knopp der Kölnischen Rundschau. Die bisherige Container-Siedlung
in unmittelbarer Nähe, die »kaum noch bewohnbar« sei und »dringend saniert«
werden müsse, wie es im gleichen Artikel heißt, soll auch weiterhin bewohnt
bleiben. Die von der Bundesregierung geplanten Hartzgesetze III und IV sehen
vor, AsylbewerberInnen und einen Großteil der geduldeten Personen vom geplanten
Arbeitslosengeld II auf Sozialhilfeniveau auszuschließen. Dann würde
beispielsweise ein in Deutschland lebender Bürgerkriegsflüchtling, der mehrere
Jahre hier gearbeitet hat, nach dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses und
dem Bezug von Arbeitslosengeld lediglich Anspruch auf Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz haben, die 30 Prozent unter dem Sozialhilfeniveau
liegen. Er wäre außerdem von sämtlichen Fördermaßnahmen ausgeschlossen. Dieses
Szenario beschrieb Pro Asyl vergangene Woche in einer Presseerklärung. Die
Organisation warnt davor, dass mit den neuen Gesetzen vor allem Flüchtlingen und
MigrantInnen die soziale Verelendung drohe.
Jungle World
Jungle World Nummer 43 vom 15.10.2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-10-16
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