In einer groß angelegten Aktion hat gestern die Polizei in
Schleswig-Holstein auf Weisung der Staatsanwaltschaften in Kiel und Flensburg
wegen Verdachts auf Bildung einer politisch motivierten kriminellen Vereinigung,
auf räuberische Erpressung sowie auf Waffenhandel und Versand von verbotenen CDs
zum Schlag gegen den Neonazi-Kampftrupp "Combat 18 - Pinneberg" ausgeholt. Mehr
als 300 PolizistInnen stürmten am Morgen landesweit über 50 Wohnungen und
Treffpunkte der militanten Szene, die neuerdings enge Verknüpfungen zum
kriminellen Rotlicht-Milieu aufgebaut hat. Hauptbeschuldigte sind die
Neonazi-Führer Klemens Otto und Peter Borchert sowie drei weitere Beschuldigte.
Gegen alle fünf wurden Haftbefehle erlassen.
Schwerpunkte der Razzien waren nach taz-Informationen
Pinneberg, Neumünster, Kiel und Flensburg, auch in Hamburg wurden einzelne
Objekte aufgesucht. Hinweise auf Aktivitäten einer "Combat 18-Division" in
Norddeutschland gibt es seit Mitte 2000. Damals tauchten öffentliche
Morddrohungen gegen den Elmshorner IG-Metall-Chef Uwe Zabel auf, der in der
Region das Bündnis "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen"
initiiert hatte. Zuvor war in dem inzwischen verbotenen Nazi-Magazin Hamburger
Sturm der Aufbau von "braunen Zellen" nach dem "C 18"-Vorbild propagiert worden.
Die Zabel-Steckbriefe waren mit "ZOG" gekennzeichnet, ein Synonym der britischen
Terrorgruppe "Combat 18" für die vermeintliche Bedrohung durch die jüdische
Weltherrschaft.
Bei weiteren Farbanschlägen - unter anderem auf das
Verlagsgebäude des Pinneberger Tageblatts - und bei Übergriffen nach der
vorübergehenden Verhaftung von Klemens Otto - Chef des "Pinneberger Sturms" -
trat Mitte 2001 "Combat 18 PI" (Pinneberg) erstmals in mehreren kleinen Orten im
nördlichen Speckgürtel Hamburgs offiziell in Erscheinung. Schon damals vermutete
der Itzehoer Staatsschutz hinter den Aktivitäten Ottos "Kameradschaft
Pinneberg".
"Bei ,Combat 18' handelt es sich um den bewaffneten Arm der
im Jahr 2000 verbotenen rechtsextremistischen Gruppe Blood and Honour", sagt der
Sprecher des Kieler Landeskriminalamts, Matthias Henning. Das Netzwerk "Combat
18" wird für Bombenanschläge 1999 in London auf Homosexuellen- und
Ausländertreffs mit sechs Toten und 180 Verletzten veranwortlich gemacht und
verfügt auch über Sektionen in Skandinavien.
Nach den Staatsschutz-Erkenntnissen hat Ottos "Kameradschaft
Pinneberg" nun die "direkte Nachfolge" von "Blood and Honour" übernommen. Die
Gruppe wird für illegalen CD-Handel "im großen Stil" veranwortlich gemacht und
soll dabei von rechten CD-Labels Schutzgeld erpresst haben. Da der wegen
Körperverletzung mehrfach vorbestrafte Klemens Otto nach Neumünster umgezogen
ist, dort in einem Tattoo-Studio arbeitet, das nach Insider-Informationen der
Hell's-Angels-Szene zugerechnet wird, hätten sich auch die "Combat
18"-Aktivitäten dorthin verlagert.
Der wegen eines Tötungsdelikts vorbestrafte Peter Borchert,
der mittlerweile ebenfalls in Neumünster residiert und den dortigen Nazi-Treff
"Club 88" mitgestaltet hat, steht indes im Verdacht, mit Waffen gehandelt zu
haben. Sowohl das Rotlicht-Milieu in Neumünster und Kiel als auch die braune
Szene soll der Ex-NPD-Landeschef Borchert beliefert haben.
Bei den Razzien sind vier großkalibrige Revolver, eine
Pumpgun sowie eine Schrotflinte beschlagnahmt worden. Innenminster Klaus Buß
(SPD) bezeichnete die Polizeiaktion als "einen wichtigen Erfolg" und sieht die
"rechte Szene im Norden nachhaltig geschwächt".
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