Erstmals sind deutsche Sicherheitsbehörden gestern gegen eine
Gruppe der international agierenden Neonazi-Terrorstrukturen "Combat 18"
vorgegangen. Unter Federführung des Landeskriminalamtes (LKA) Schleswig-Holstein
durchsuchten 300 Polizeibeamte rund 50 Wohnungen und Treffpunkte von
Rechtsextremisten in Hamburg, Kiel, Neumünster und Niedersachsen. Fünf
Verdächtige wurden festgenommen. Mit dabei: Peter Borchert aus Kiel, bis vor
zwei Monaten NPD-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein. Auch zwei bekannte
Aktivisten der militanten "Freien Kameradschaften" um den Hamburger Neonazi
Christian Worch sitzen seit gestern in Untersuchungshaft. Darunter der
mutmaßliche Rädelsführer und vorbestrafte Neonazi Klemens O. aus Neumünster.
Die rund 25-köpfige Gruppe, "Combat 18 Pinneberg", propagiere
nicht nur Gewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele. Sie sei auch in der
Lage gewesen, Gewalt auszuüben, so das LKA. Damit orientierten sich die Rechten
an der gleichnamigen britischen Neonazi-Terrororganisation. In Großbritannien
und Skandinavien waren Aktivisten von "Combat 18" in den 90er-Jahren mit
Attentaten und Briefbomben gegen politische Gegner, Migranten und "Verräter"
vorgegangen. Die Zahl 18 verweist auf die Buchstaben AH und steht für "Adolf
Hitler".
Gegen die norddeutschen Neonazis wird nun wegen Verdachts auf
"Bildung einer kriminellen Vereinigung" ermittelt. Ihr Ziel sei vor allem die
Kontrolle des Neonazimusikhandels gewesen, glauben die Ermittler. Dabei war man
keinesfalls zimperlich. So sollen auf Gruppentreffen auch Strafaktionen gegen
vermeintliche "Verräter" geplant worden sein.
Die Ermittler gehen davon aus, dass "Combat 18 Pinneberg" zu
den Nachfolgern der seit September 2000 in Deutschland verbotenen
Neonaziorganisation "Blood & Honour" im Rechtsrock-Business gehört. Aus den
Ermittlungen werde deutlich, "dass es überregionale Strukturen gibt, die
wesentliche Übereinstimmungen mit Blood & Honour aufweisen", so das Kieler LKA.
"Combat 18" gilt den Neonazis als "bewaffneter Arm" von "Blood & Honour". Kaum
verwunderlich daher, dass gestern auch Waffen, CDs und eine Vereinskasse
gefunden wurden. In der Vergangenheit waren bei Klemens O. und anderen
Aktivisten militanter "Freier Kameradschaften" in Norddeutschland auch
"Feindlisten" aufgetaucht. Gewerkschafter und junge Linke wurden bedroht.
Bislang galt "C 18" den Sicherheitsbehörden hierzulande
lediglich als ein Label mit hoher Attraktivität, hinter dem die Ermittler jedoch
keine festen Strukturen vermuteten. Unabhängige Rechtsextremismusexperten
beobachten jedoch seit längerem, dass sich Neonazis unter dem Label "C 18" in
Deutschland zu Militanz und Gewalt bekennen - wie beispielsweise bei Schändungen
am Konzentrationslager Ravensbrück oder dem jüdischen Friedhof in
Neustadt/Holstein.
Der zunehmende Gewaltdiskurs unter deutschen Neonazis wird
derzeit durch zwei Publikationen aus dem "Blood & Honour"-Netzwerk namens
"Stormer" und "Totenkopf" angeheizt. Offen wird dazu aufgerufen, sich in
unabhängigen Kleinstzellen als terroristisches Netzwerk zu organisieren.
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