"Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit" steht auf der
Mauer. Hinter der Gedenkstätte mit der Aufschrift mussten zwischen 1944 bis 1945
KZ-Häftlinge auf dem früheren Gelände der Rüstungsfirma "Büssing NAG" in
Braunschweig arbeiten. In der Stadt wurden von den Honoratioren der Stadt später
jahrelang am Volkstrauertag Kränze niedergelegt - nicht aber für die
Zwangsarbeiter, sondern für die Wehrmachtssoldaten: "Für die Täter", wie das
Bündnis gegen Rechts (BgR) betont. Am Samstag hatte das Bündnis aufgerufen, um
gegen die "geistigen Enkel" der Täter zu protestieren. 1.600 Menschen schafften
es mit ihrer Demonstration, den Nazi-Aufmarsch in Braunschweig zum vorzeitigen
Abbruch zu zwingen - und das, obwohl den GegendemonstrantInnen eine Stunde vor
Demobeginn ihre geplante Marschroute untersagt wurde.
Für Peter Gingold von der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes (VVN) "ein Skandal", denn die über 80 Gruppen von Kirchen bis hin zu
den Gewerkschaften galten als unverdächtig, gewaltsam gegen die Nazis zu
protestieren. In der Kürze der Zeit konnten die DemoveranstalterInnen keine
Rechtsmittel einlegen, während die fast 200 Neonazis mit höchstrichterlicher
Erlaubnis durch die Stadt marschieren durften.
Unter dem Motto "Heimreise statt Einreise" will die
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gemeinsam mit den militanten
"Freien Kameradschaften" ihre Kampagne gegen den "Multikulti-Wahn" vorantreiben
- Braunschweig ist da nur eine Station von mehreren. Demnächst wollen sie in
Lüneburg aufmarschieren. Die Zusammenarbeit von NPD und Kameradschaften hat
dabei auch die Verfassungsschützer überrascht, waren sie bisher davon
ausgegangen, dass die militanten Neonazis nicht mehr mit der Rechtspartei
kooperieren würden. Eine klare Fehleinschätzung: Neben dem
NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt marschierte der Hamburger Kameradschaftskader
Thomas Wulff am Samstag in gemeinsamer Klage über "Geburtenschwund" und
"Masseneinwanderung".
Doch lange konnten die norddeutschen Rechten an diesem Tag
nicht durch die Stadt Heinrich des Löwens ziehen: Die Demonstranten stellten
sich im Anschluss an die offizielle Kundgebung den Nazis in den Weg. Kein Platz,
an denen ihnen nicht "Haut ab" oder "Nazis raus" entgegenschallte. Trotz 1.600
Polizisten konnten die Rechten nicht die rechtliche erstrittene Innenstadt-Route
nehmen - der Widerstand war zu heftig. Verärgert folgte die NPD der
polizeilichen Anweisung umzukehren.