Eine Woche nachdem Unbekannte beim Konzentrationslager
Ravensbrück eine Statue des Künstlers Fritz Cremer mit rechtsextremen und
antisemitischen Parolen schändeten, haben die Sicherheitsbehörden noch keine
Hinweise auf die Täter. Das als "Müttergruppe" bekannte Mahnmal weist Besuchern
in Fürstenberg den Weg zum Gelände des ehemaligen Frauenkonzentrationslagers, in
dem in den Jahren 1939 bis 1945 mehr als 130.000 Frauen, junge Mädchen und
Kinder aus ganz Europa inhaftiert waren. Mehrere zehntausend Frauen wurden
ermordet.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Neuruppin hatten die
Täter einer der Statuen ein Holzschild mit einem durchgestrichenen Davidstern um
den Hals gehängt. Zudem wurden mit weißer Farbe die Parolen "C18" und "Tod der
ZOG" gesprüht. Das Kürzel "ZOG" - eine Abkürzung für "Zionist occupied
government" (zionistisch beherrschte Regierung) - wird im Neonazijargon für
staatliche Institutionen verwendet. Die Zahlen- und Buchstabenkombination "C18"
steht in der Symbolik der Rechtsextremisten für "Combat 18".
Rechtsextremismusexperten beobachten seit längerem, dass sich
Neonazis in Berlin und Brandenburg unter dem Label "Combat 18" zu Militanz und
Gewalt bekennen. In der Eigendefinition der Rechtsextremisten wird "Combat 18"
als der "bewaffnete Arm" der verbotenen Neonazigruppierung "Blood & Honour"
bezeichnet. Man orientiere sich an der Waffen-SS und kleinen Zellen, heißt es in
einem Strategiepapier.
Wer sich auf die Suche nach "Combat 18" in Deutschland macht,
stößt auf einen weiteren unaufgeklärten Anschlag. Im Mai dieses Jahres hatten
unbekannte Täter den jüdischen Friedhof in Neustadt bei Lübeck mit SS-Runen und
einem Schweinekopf geschändet sowie den Schriftzug "Combat 18" hinterlassen.
Seitdem rühmt man sich auf der Website von "Combat 18" des erfolgreichen
Anschlags und fordert zu Nachahmungstaten auf. Ziele seien "die jüdische
Herrschaftsclique, ihre Handlanger, Institutionen und Psychodenkmäler".
Es gebe "keine Kenntnisse, dass in Brandenburg eine
Organisation unter dem Namen ,Combat 18' agiert", erklärt Heiko Homburg,
Sprecher von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Der hatte
gemeinsam mit Justizministerin Barbara Richstein (CDU) 3.000 Euro für die
Ergreifung der Täter ausgesetzt.
Doch die Serie der antisemitischen Schändungen, Drohungen und
Anschläge in Brandenburg reißt trotz hoher Belohnungen nicht ab. Noch immer
fehlt jede Spur von der "Nationalen Bewegung", die sich in den Jahren 2000 und
2001 zu 16 rassistischen und antisemitischen Anschlägen bekannte - u. a. auf die
Trauerhalle des jüdischen Friedhofs in Potsdam. Im Mai enthüllten Tagesspiegel
und Märkischen Allgemeine Zeitung, dass ein Spitzel des Brandenburger
Verfassungsschutzes eine Polizeirazzia im Zusammenhang mit der "Nationalen
Bewegung" an einen Neonazi verraten hatte.
Unaufgeklärt ist auch die Anschlagsserie auf ein halbes
Dutzend Gedenkstätten im Süden Mecklenburg-Vorpommerns und Norden Brandenburgs
im Sommer 2002, obwohl nach dem Brandanschlag auf die Gedenkstätte Belower Wald
bei Wittstock im September 2002 eine Belohnung von insgesamt 30.000 Euro
ausgeschrieben wurde. "Wir sind im höchsten Maße beunruhigt, aber zunehmend auch
ungeduldig, dass mehr als ein Jahr nach dem schweren Anschlag keinerlei Erfolg
bei der Suche nach den Tätern zu verzeichnen ist", kritisiert Günter Morsch,
Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten.
Die Region um Fürstenberg gilt seit längerem als ruhiges
Hinterland für Neonazis, die länderübergreifend in Brandenburg und
Mecklenburg-Vorpommern agieren. Zum Sammelpunkt für Rechte ist offenbar auch der
Fürstenberger Heimatverein geworden. Im Frühjahr trat ein Dutzend Mitglieder aus
und übte scharfe Kritik am Vorsitzenden des Vereins, dem ehemaligen
Wehrsportgruppenchef Uwe Jürgens.