Baldur Springmann war eine Galionsfigur der Grünen-Bewegung und galt als
Ziehvater der Ökolandwirtschaft. Gestern starb er in einem Lübecker Krankenhaus
im Alter von 91 Jahren. Mit der Grünen-Partei hatte ihr Mitbegründer Springmann
schon in den 80er-Jahren gebrochen. Damals trennte er sich im Zorn von den
Grünen, weil sie ihm zu "links" waren.
Springmann wandte sich alter "Naturreligiosität" zu und gründete schließlich
die "Aktionsgemeinschaft Deutschlandliebender". Bis zuletzt propagierte er
bäuerliches Leben, weg vom "Wachstumswahn", aber auch "die Liebe zum Deutschtum"
und "Widerstand gegen die geplante Abschaffung des deutschen Volkes". Seinen 90.
Geburtstag feierte der Greis im vergangenen Jahr noch ganz groß mit über 100
Gästen, Gedichten und Gesang.
Der streitbare Ökomoralist hatte zunächst Ende der 70er-Jahre gegen den Bau
des Atomkraftwerks Brokdorf protestiert. Aus der Initiative "Lebensschutz"
entwickelte sich die Grüne Liste Schleswig-Holstein. Bei der Bundestagswahl 1982
gehörte Springmann neben Petra Kelly bereits zu den Symbolfiguren der Grünen,
obwohl er da eigentlich die Parteipolitik schon wieder verlassen hatte. Mit
Herbert Gruhl gründete er zwischendurch noch die
Ökologische-Demokratische-Partei (ÖDP); von ihr setzte sich Springmann dann aber
schnell wieder ab und erklärte: "Ich bin konservativ, aber nicht reaktionär."
Dies lässt sich mit Blick auf seine Veröffentlichungen der letzten Jahre in
rechten und völkischen Organen sowie auf seiner Homepage bestreiten. Hier findet
sich alles wieder, was sämtliche Blut-und-Boden-Ideologen der Bundesrepublik
beschworen haben, inklusive feuchter Augen bei der ersten Strophe des
Deutschlandlieds. Vor der Anrufung germanischer Gottheiten allerdings hat
Springmann seine christliche Überzeugung bewahrt.
Der Sohn eines Fabrikbesitzers aus Hagen in Westfalen wollte schon nach dem
Abitur Bauer werden und kaufte sich von seinem Erbteil ein 50-Hektar-Anwesen in
Mecklenburg-Vorpommern. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Kapitänleutnant in
Swinemünde. Nach dem Krieg siedelte er sich auf dem Hof Springe im
schleswig-holsteinischen Geschendorf an. "Als meine Frau und ich damit begannen,
den Kunstdünger wegzulassen, haben uns die Leute im Dorf für verrückt erklärt",
betonte er.
In den letzten Jahren lebte er allein in einem Blockhaus auf dem Biohof, den
sein Sohn vor Jahren übernommen hatte. Schwerhörig war er schließlich, aber
geistig und körperlich fit. Die Übungen der Fünf Tibeter und Gartenarbeit
gehörten zu seinem Tagesablauf wie die Korrespondenz auf seiner alten
Schreibmaschine. Für seinen 90. Geburtstag wünschte er sich noch: "Ich möchte
nicht als lieber Opa betätschelt oder gar beweihräuchert werden, sondern selbst
aktiv mitmischen."