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NPD:
Büffeln für die Volksgemeinschaft

Neonazistische Schulungsarbeit und das geplante Bildungszentrum der NPD in Berlin-Köpenick...

Björn Falter

Im diesjährigen Sommerloch trat die NPD mit der Ankündigung an die Öffentlichkeit, dass sie die Errichtung eines »Nationalen Bildungszentrums« in Berlin plane, und verursachte damit einiges Aufsehen. De facto will die Partei ein altes Gebäude auf dem Gelände ihrer Parteizentrale in Berlin-Köpenick ausbauen. Anlass genug, einen Blick auf die Schulungsarbeit der extremen Rechten zu werfen, zumal die NPD ihre Aktivitäten im Bildungsbereich seit Jahren intensiviert.

Maßgeblich vorangetrieben werden diese Bestrebungen von einer Hand voll Aktivisten, die bundesweit aktiv sind und an verschiedenen Orten der Republik mit unterschiedlichen Vereinen auftreten. Hintergrund dieser Arbeit ist der ausgerufene »Kampf um die Köpfe« einerseits und das Problem der Theorielosigkeit der eigenen Basis andererseits.1

Während Ende der achtziger Jahre die NPD-Organisationen Jungen Nationaldemokraten und Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) eine führende Rolle in der ideologischen Fortentwicklung der extremen Rechten im allgemeinen und der NPD im besonderen spielten,2 hat sich dies heute geändert. Die Arbeit des NHB scheint die Deutsche Akademie (DA) in Kaiserslautern übernommen zu haben, für deren Aktivitäten seit Ende 2000 auch der NHB-Vorstand verantwortlich zeichnet. Hier wird nunmehr unter Teilnahme führender NPD-Prominenz strömungsübergreifend statt parteiorientiert diskutiert.

Aber auch ansonsten ist für die Bildungsarbeit im bundesweiten Rahmen kennzeichnend, dass sie einen strömungsübergreifenden Charakter hat – obwohl führende NPDler beteiligt sind. Weitere Beispiele hierfür sind u.a. das Deutsche Kolleg, das Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerk oder auch die Staatsbürgerliche Runde.

Es darf als sicher gelten, dass dies eher als Schwäche denn als Stärke der NPD auszulegen ist, da diese ansonsten ihre führende Rolle innerhalb der neonazistischen Szene stärker betonen würde. Doch was sind die Gründe hierfür?

Neonazis aus verbotenen Organisationen prägen die Schulungsarbeit

Egal welcher NPD-Kader in den vergangenen Jahren nun für welche Gruppierung Bildungsarbeit leistete: prägend für die politischen Diskussionen innerhalb der NPD waren diejenigen Strömungen, die eine ideologische Radikalisierung der Partei vorantrieben. Hintergrund hierfür ist die Aufnahme von ehemaligen Kadern (verbotener) neonazistischer Organisationen, die ihre weltanschaulichen Positionen in die NPD einbrachten und außerdem in besonderem Maße um die Schulungsarbeit bemüht waren und sind.

So leitetet bis zum Parteiausschluss Steffen Hupka – früher Nationalistische Front (NF) – das Amt für Schulung3 beim NPD-Parteivorstand. Ihm zur Seite stand u.a. der Österreicher Andreas Thierry (früher NF), der im Mai 1999 vom NPD-Bundesvorstand das Amt für weltanschauliche Schulungen übertragen bekommen haben soll.4 Die Fernsehdokumentation »...und morgen die ganze Welt« der Sender arte und NDR von 2001 zeigt u.a. die Berliner Neonazis Matthias Ridderskamp (früher Bund Vaterlandstreuer Volksgenossen) und Andrew Stelter (früher NF) als Referenten bei einer Kaderschulung in der NPD-Bundesgeschäftsstelle.

Konflikte und Nutzen

Offenkundig belasten diese radikalen Einflüsse die NPD als Gesamtpartei, schließlich muss sie im politischen Tagesgeschäft erfolgreich an Wahlen teilnehmen oder auch zu aktuellen Themen

Stellung beziehen. Von daher führten die radikalen Vorstöße von den genannten strömungsübergreifenden »think tanks« gegenüber der NPD und ihrer Positionen in der Vergangenheit auch zu Distanzierungen und offenen Streits. Beispielhaft für das Aufeinanderprallen alter und neuer Positionen in der NPD ist die Diskussion zwischen Jürgen Schwab und Per-Lennart Aae im Frühsommer diesen Jahres, die im Internet dokumentiert ist.5 Aae steht exemplarisch für denjenigen Flügel innerhalb der NPD, welcher unter Nutzung demokratischer Mittel den »Kampf um die Parlamente« führen und dann nationaldemokratische Positionen umsetzen will.6 Diese formale Anerkennung des Grundgesetzes steht im Widerspruch zu Schwabs Auffassung, der das Grundgesetz ablehnt und den »Kampf um die Volksgemeinschaft« unabhängig davon führen will.

Schwab (früher Nationaler Block) versteht sich als Theoretiker, für den die Definition von politischen Begriffen (z.B. »Staat«) als Basis für den »Kampf um die Köpfe« höchste Priorität hat. Seine Positionen bringt er maßgeblich in die Deutsche Akademie und den von ihm geleiteten NPD-Arbeitskreis Volk und Staat ein, der sich um eine weltanschauliche Positionsbestimmung der NPD bemüht.

Uwe Meenen, ein alter Weggefährte von Schwab, besucht die NPD-Kreisverbände u.a. mit seinem Seminar zur Reichsbürgerkunde. Das NPD-Mitglied zählt neben Reinhold Oberlercher und Horst Mahler (bis 2003 NPD-Mitglied) zu den Köpfen des Deutschen Kollegs (DK). Das DK versteht sich als »Studien- und Kampfgemeinschaft«, deren Mitglieder dem Deutschen Reich die Treue schwören und deren Freiheit mit »Gut und Blut schützen« müssen.7 Hierfür präsentiert das DK einen »Aufstandsplan für das Deutsche Volk« (Weg zum Vierten Deutschen Reich), der einen Reichsverfassungsentwurf aus der Feder von Oberlercher beinhaltet. Oberlercher dazu: »Es herrscht nicht absolute Religionsfreiheit, sondern nur die Freiheit des Glaubens an das Reich.«8 Ebenso wie Schwab lehnt auch das DK die legalistische Realpolitik der NPD ab und forderte die Partei beispielsweise auf, die Bezeichnung »demokratisch« aus dem Parteinamen zu streichen.9

Fazit

Die wesentlichen ideologischen Impulse in der Schulungsarbeit für die extreme Rechte im allgemeinen und die NPD im speziellen stammen heute aus den strömungsübergreifenden »think tanks«, nicht mehr aus der Partei selbst. Dies lässt sich einerseits mit den genannten Konflikten über die politische Ausrichtung erklären. Andererseits hat diese Form der Organisierung aber auch ihre Vorteile: Diskutiert wird mit NPD-Beteiligung ohne große strafrechtliche Relevanz für die Gesamtpartei.

AntifaschistInnen sollten in der Zukunft nicht nur das kleine Haus in den Blick nehmen, das die NPD auf ihrem Grundstück in Berlin zum Bildungszentrum ausbauen will. Zwar wird wohl der Publikumsverkehr und damit die Probleme im Bezirk Köpenick ansteigen – mit dem früheren Schulungszentrum in Italien ist das Haus aber nicht zu vergleichen. Außerdem besitzt die extreme Rechte bundesweit viele Häuser mit Möglichkeiten für Schulungsveranstaltungen, nutzt deren Ressourcen jedoch kaum aus. Die nach Aufsehen heischende, mediengerechte Inszenierung des Ausbaus dokumentierte daher eher die Schwäche der NPD in diesem Punkt.

Trotzdem sollte man ebenso die Strukturen und Personen der extremen Rechten im Auge behalten, die kontinuierlich die »Schulungen für die neue Volksgemeinschaft« vorantreiben und auf diesem Wege die Szene radikalisieren – egal wo sie sich treffen.

1) Der massive Mitgliederzuwachs seit 1997 stellt die NPD bis heute vor das Problem, dass viele Parteikader ungenügende Fähigkeiten in Theorie und Praxis haben, was dem Außenbild der Partei schadet.

2) Nicht umsonst erschien beispielsweise im Jahr 1991 das Konzept der »National befreiten Zonen« in der NHB-Zeitschrift Vorderste Front.

3) Heutiger Bildungsleiter ist Stefan Lux, der mit ca. 10 Leuten die NPD nach innen schult, vgl. Deutsche Stimme Nr.2/2002, S.3.

4) Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage, BT-Drucksache 14/5635, S.14.

5) http://www.die-kommenden.net/dk/artikel/strategiediskussion.htm, September 2003: Strategiediskussion Kampf um die Volksgemeinschaft.

6) Das soll nicht darüber hinweg täuschen, dass Aae ein taktisches Verhältnis zur Demokratie hat.

7) http://www.deutsches-kolleg.org/dk/manifest.htm, 18. August 2000.

8) TV-Film »Deckname Dennis«, 1997.

9) http://www.deutsches-kolleg.org/erklaerungen/reformation.htm, 1. September 2001.

apabiz
monitor - Rundbrief des APABIZ e.V. - Nr.12 vom Oktober 2003

kt / hagalil.com / 2003-10-30

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