Zentrum gegen Vertreibungen:
Umdenken dringend erforderlich!
Internationaler wissenschaftlicher Aufruf...
Mehr als 110 Wissenschaftler/innen und Intellektuelle aus Deutschland, Polen,
Tschechien und neun weiteren Ländern nehmen in einem Aufruf öffentlich
Stellung zum aktuellen Streit über ein "Zentrum gegen Vertreibungen". Damit
mischen sich die Fachleute in die hitzige Debatte ein, die seit Wochen in
Deutschland geführt wird - und fordern zu einem kompletten Umdenken auf.
Die zentrale Forderung der Wissenschaftler/innen lautet: "Statt über Details
eines ,Zentrums gegen Vertreibungen' zu debattieren, sollte eine europäische
Aufarbeitung der Vergangenheit sich auf einen pluralen, kritischen und
aufgeklärten Diskurs gründen." Ein "Zentrum gegen Vertreibungen" werde der
kritischen Aufarbeitung der Vergangenheit hingegen nicht nützen. Statt dessen
würden die unterschiedlichen Erfahrungen der europäischen Nationen in
Frage gestellt, und damit werde die europäische Integration behindert, heißt
es in dem internationalen Appell. Die nationalsozialistische Volkstums- und
Vernichtungspolitik werde als Ursache von Flucht und Vertreibung der
Deutschen ausgeblendet. Damit drohe die Gefahr einer Ethnisierung von
gesellschaftlichen Konflikten in der Gegenwart, also der Umdeutung von
politischen und sozialen Kontroversen in ethnische Konflikte und die
Durchsetzung eines völkischen Gesellschafts- und Politikverständnisses.
Unter den Erstunterzeichner/innen finden sich die Namen prominenter und
international renommierter Wissenschaftler/innen wie Prof. Micha Brumlik
(Frankfurt/Main), Prof. Hartmut Lehmann (Göttingen), Prof. Michael G. Müller
(Halle-Wittenberg), Prof. em. Klaus Zernack (Berlin), Prof. Gerard Labuda,
Prof. Hubert Orlowski und Prof. Anna Wolff-Poweska (Poznan/Polen) sowie Prof.
Jan Maria Piskorski (Szczecin/Polen), doc. Vladimíra Dvoráková, Prof.
Miroslav Hroch und Prof. Jirí Musil (Prag/Tschechien), Prof. Andreas Kappeler
(Wien/Österreich), Prof. Anton Pelinka (Innsbruck/Österreich), Prof. Michael
Burleigh (Virginia/USA), Prof. em. Peter Demetz (New Haven/USA), Prof.
Georg G. Iggers (Buffalo/USA) und Prof. Ronald Smelser (Salt Lake City/USA).
Aber auch der Schriftsteller Peter Härtling und der bekannte Verlagslektor
Walter H. Pehle sowie die Bürgerrechtlerin und Soziologin Jirina Siklová
gehören zu den Unterstützern der Forderungen, daneben auch der letzte lebende
Anführer des Warschauer Ghetto-Aufstands von 1943 Marek Edelman, der
Historiker und ehemalige polnische Außenminister Prof. Bronislaw Geremek, der
Chefredakteur der Gazeta Wyborcza Adam Michnik, der Direktor der Gedenkstätte
Terezín (Theresienstadt) und Vorsitzende der Föderation der Jüdischen
Gemeinden der Tschechischen Republik Jan Munk.
Den Volltext des Aufrufes
sowie eine vollständige Liste der Unterzeichner/innen finden Sie im Internet
unter
http://www.vertreibungszentrum.de (deutsch, englisch, tschechisch,
polnisch). Dort besteht auch die Möglichkeit, den Appell zu unterstützen.
Pressemitteilung vom 04.09.2003
kt /
hagalil.com
/ 2003-09-05
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