Die Polizei hat gestern morgen in Marzahn-Hellersdorf einen
Brandenburger festgenommen, der engen Kontakt zu den rechtsradikalen
Attentatsplanern in München gehabt haben soll. Die Razzia galt mehreren Objekten
in Berlin. In der Wohnung des Festgenommenen, der nach taz-Informationen
offenbar in einer Art Nazi-WG wohnte, wurden Waffen beschlagnahmt. Die Razzia
stand unter Federführung der Bundesanwaltschaft, erklärte die Innenverwaltung.
Den Zugriff nahmen Brandenburger Einsatzkräfte vor.
In München wird derzeit gegen eine Gruppe von Neonazis wegen
Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Bei ihnen waren 14
Kilogramm Sprengstoff, darunter 1,7 Kilo des hochexplosiven TNT, sichergestellt
worden. Der Sprengstoff sollte offenbar für ein Attentat auf die Baustelle des
Jüdischen Gemeindezentrums gebraucht werden. Derzeit befinden sich zehn
mutmaßliche Angehörige der Nazi-Clique in Haft.
Unbestätigten Informationen zufolge war der nun Verhaftete
ein Militaria-Händler, dessen Pitbull bei der Verhaftung von der Polizei
erschossen wurde. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurden Wohnungen von
Verdächtigen durchsucht. Einer von ihnen wurde wegen Verstoßes gegen das
Waffengesetz in Güstrow verhaftet, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft
bestätigte. Zudem bestehe ein Anfangsverdacht auf Unterstützung einer
terroristischen Vereinigung.
Trotz der offensichtlichen Verbindungen zwischen den Neonazis
in Berlin und München betont der hiesige Verfassungsschutz auch nach der Razzia,
dass es zwischen der rechtsextremen Szene Berlins und der in München keine
organisierten Kontakte gebe. "Eine vertiefte Zusammenarbeit war bisher nicht
festzustellen", sagte Verfassungsschutz-Sprecher Claus Guggenberger. "Für
einzelne Personen kann ich dies jedoch nicht völlig ausschließen", fügte er an.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kündigte an, am Montag kommender Woche im
Innenausschuss mehr über die gestrige Aktion zu berichten.
Recherchen antifaschistischer Gruppen auf der linken
Internetseite indymedia zufolge gibt es enge Verbindungen der Münchener Gruppe
in die nördliche Uckermark, deren Naziszene im bundesweiten Vergleich sehr stark
ist und schon zu DDR-Zeiten aktiv war. Bekannt ist zudem, dass Brandenburger
Neonazis Berlin häufiger als Rückzugsraum nutzen, wenn sie unter
Verfolgungsdruck stehen. Drei der Münchener Verhafteten sind Neonazis aus
Brandenburg. Der Hauptverdächtige ist der frühere Anklamer Martin Wiese, der für
den gesammelten Sprengstoff offenbar einen Zünder von Brandenburger Kameraden
nutzen wollte. Nach indymedia-Informationen prahlten schon vor zwei Jahren
rechtsextremistische Gewalttäter aus der Uckermark damit, Waffen und Sprengstoff
zu sammeln.
Der Rechtsextremismus-Experte Ulli Jentsch vom
Antifaschistischen Pressearchiv verweist darauf, dass es in den vergangenen
Jahren immer wieder offensichtlich rechtsextremistisch motivierte
Sprengstoffattentate gab, die nie aufgeklärt wurden: etwa 1999 auf das Grab des
früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Heinz Galinski, oder die
Anschlagserie 1998 in Thüringen, deren Täter seit Jahren untergetaucht seien. Es
gebe ein braunes terroristisches Milieu, in dem es Waffenkenner gebe,
entschlossene Täter und internationale Verbindungen zu anderen gewalttätigen
Neonazis. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass manche von ihnen sich
schließlich entschlössen, das zu machen, wovon sie immer redeten, sagt Jentsch.