Nicht alle Interessierten konnten an der »4. Sommerakademie«
des Instituts für Staatspolitik (IfS) teilnehmen. Unter dem Titel »Rechts und
Links« hatte das Institut um Götz Kubitschek und Karlheinz Weißmann nach
Eisenach geladen, um »grundsätzliche Fragen nach den Bestimmungsmerkmalen der
beiden politischen Richtungen« zu klären.
Als Gäste waren vor allem »wissenschaftlich interessierte
junge Leute unter 30« erwünscht, getreu der Hoffnung des Instituts, »eine neue,
rebellische Elite« vorantreiben zu können. Wegen der vielen Anmeldungen mussten
die Verantwortlichen jedoch etliche Absagen erteilen. »Dies haben wir sehr
bedauert«, entschuldigte sich Kubitscheck. Aber »in den kommenden Heften der
Sezession werden vier Vorträge veröffentlicht«, versprach er.
Den angeblich großen Zulauf verdankt das im Mai 2000
gegründete IfS nicht nur der Reklame der rechtsextremen Wochenzeitung Junge
Freiheit. Auch die Themen der Sommerakademie, »Die ewige Rechte«, »Die Anatomie
der Neuen Rechten« und »Perspektiven konservativer Politik«, dürften die
»rebellische Elite« angesprochen haben. Gerade die Intellektuellen der extremen
Rechten bemühen sich darum, sich von dem einst selbstgewählten Begriff »neue
Rechte« zu lösen. Denn für manche, die sie gewinnen möchten, verbindet sich mit
dieser Bezeichnung kein »rechtsdemokratisches« Profil. Vor allem stört die »neue
Rechte«, dass seit über zehn Jahren der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalens
über ihr Treiben informiert.
Als eine der letzten Trutzburgen des »unabhängigen Geistes«
soll das alte Rittergut des IfS im sachsen-anhaltinischen Schnellroda dienen.
Ende vergangenen Jahres zog das IfS von Berlin nach dort um. Auf dem Land,
zwischen Naumburg, Merseburg und Querfurt, sei der rechte Ort für ein »ganz
bestimmtes Institutskonzept«. Das Gut biete »Ruhe für gründliche Arbeit an
Studien (…); Platz für eine eigene auf spezielle Segmente zugeschnittene
Forschungsbibliothek; Arbeitsplätze für Studenten und junge Wissenschaftler«.
Mit dem Aufbau des Instituts kommen Kubitschek (geboren 1970)
und Weißmann (geboren 1959) der Vision eines »Reemtsma-Instituts von rechts«,
wie die Junge Freiheit es nennt, näher. Den letzten Impuls für das Projekt
erhielten sie nämlich von der Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für
Sozialforschung. Der relative Erfolg der Ausstellung sei auf eine gelungene
»institutionalisierte politische Beeinflussung der Öffentlichkeit«
zurückzuführen, sagte Weißmann im November 1999 in einem Interview mit der
Jungen Freiheit.
Das Reemtsma-Institut habe »eine Scharnierfunktion zwischen
Linksradikalismus und der demokratischen Linken« und unterhalte »zahlreiche
Verbindungen in den universitären, publizistischen und den politischen Bereich«.
Der Gymnasiallehrer erinnerte auch an das historische Vorbild des Instituts, an
das »Politische Kolleg« Martin Spahns in den zwanziger Jahren. Doch anders als
das Vorbild aus dem Spektrum der Konservativen Revolution müsse heute ein
Institut noch andere »Aufgaben erfüllen, angefangen bei der Sammlung von
Nachlässen« bis hin zur »Seminar- und Vortragstätigkeit«.
Im Ostpreußenblatt nannte Weißmann in einem Interview im Mai
2000 die strategischen Ziele des Instituts. Auch wenn die CDU derzeit in der
Krise sei, sei sie »die einzige nicht linke Partei von Bedeutung«, ihre
»nationalkonservativen Kräfte« müssten unterstützt werden. Kurzfristig käme eine
»nationalkonservative Strömung« in der CDU zwar nicht zum »Durchschlag«, aber
langfristig könne sie sich »durch solide außerparteiliche Arbeit« durchsetzen.
Im August 2001 führte Weißmann erneut im Interview mit der
Jungen Freiheit weiter aus: »Das geistige Vakuum, das in der Union herrscht«,
verlange nach »Auffüllung«. Solange die Union die »Wir-Gesellschaft« diskutiere
und darüber nachdenke, ob sie die soziale Marktwirtschaft vertreten solle,
bestehe »offensichtlich ein Bedarf nach geistiger Orientierung«. Doch Weißmann
betonte: »Wir wollen keinen Wahlkampf für die Union machen (…) Uns geht es um
geistigen Einfluss, nicht die intellektuelle Lufthoheit über Stammtische,
sondern über Hörsälen und Seminarräumen interessiert uns, es geht um den
Einfluss auf die Köpfe, und wenn die Köpfe auf den Schultern von Macht- und
Mandatsträgern sitzen, um so besser.«
Die von Weißmann propagierte Reideologisierung des
Konservatismus erinnert an die Agitation gegen den »Demutskonservatismus« unter
dem »Bann von Auschwitz«, wie sie der kürzlich verstorbene Vordenker der
Rechten, Armin Mohler, vortrug. Kubitschek und Weißmann wollen ebenso das
»politische Nationalbewusstsein« fördern. Um die »Diskurshoheit« in der
vermeintlich von den 68ern dominierten Mitte der Gesellschaft wiederzugewinnen,
führt das IfS das »Berliner Kolleg« sowie die »Sommer- und Winterakademien«
durch. Es gibt die »wissenschaftliche Reihe IfS-Studien« heraus und zeichnet für
das Magazin Sezession verantwortlich.
Das IfS wirbt auch für die Veröffentlichungen des von
Kubitschek gegründeten Verlags Edition Antaios. Außer Werken von Weißmann und
Mohler erschien hier auch das Pamphlet »Rudi Dutschke. Revolutionär im geteilten
Deutschland« des ehemaligen Gefährten Dutschkes, Bernd Rabehl. Weißmann hat
zweifellos den großen Plan gegen die »Dekadenz« der modernen Welt in der Tasche:
»Entscheidend ist zuerst: eine Analyse der Lage, dann die Suche nach
Verbündeten, dann die Ausweitung der Kampfzone.«
Zunächst reiht sich das IfS jedoch in den Kampf der Jungen
Freiheit gegen das Innenministerium Nordrhein-Westfalens ein. Dessen
Einschätzung der »neuen Rechten« und der Jungen Freiheit sei nichts anderes als
eine »wissenschaftlich getünchte Bekämpfung des politischen Gegners«. Um sich zu
wehren, legte das Institut nun eine »eigene Untersuchung« zum Begriff »neue
Rechte« vor. Das Ergebnis lautet: Die »neue Rechte« sei viel zu pluralistisch
und heterogen, um unter einem Etikett zusammengefasst zu werden. Sie sei ein
»konstruiertes Feindbild«.