Deutsche Karriere:
Filbingers Feier
Heute wird Hans Filbingers 90. Geburtstag, wie der aller
Exlandeschefs, offiziell begangen - Proteste inklusive...
Heide Platen
Der Jubelgreis will seinen Frieden mit der Welt und mit
seinen politischen Gegnern machen. Das jedenfalls hat Hans Filbinger, 90, für
seinen Geburtstagsempfang heute im Ludwigsburger Schloss milde und altersweise
angekündigt. Der streitbare Rechtsaußen der CDU hat es nicht aufgegeben, für
seine Rehabilitation als Ehrenmann zu kämpfen. Zwölf Jahre regierte er das
Bundesland Baden-Württemberg als Ministerpräsident und führte die CDU zur
absoluten Mehrheit. Seine Karriere endete 1978 abrupt, als bekannt wurde, dass
er als Kriegsmarinerichter im Nationalsozialismus für mehrere Todesurteile
mitverantwortlich zeichnete.
Auch seine Parteigenossen, darunter Nachfolger Lothar Späth
und der damalige Jungunionist Erwin Teufel, drängten ihn zum Rücktritt. Bis
dahin hatte er unangefochten für den wirtschaftlichen Aufschwung im Musterländle
gestanden. Seine Wahlkampfparolen haben bis heute überlebt: "Freiheit statt
Sozialismus". Er häufte Macht an und kaufte der NPD mit reaktionärem Elan den
Scheid ab.
Zu seiner Vergangenheit als Marinerichter sind ihm bisher
keine bedauernden Worte eingefallen. Bis heute fühlt er sich zu Unrecht verfolgt
von linken Gesinnungstätern. Dass der Schriftsteller Rolf Hochhuth 1978
DDR-Unterlagen verwendete und Filbinger einen "furchtbaren Juristen" nannte, hat
Filbinger nie verwunden. Unvergessen ist auch der Satz, mit dem er den
juristischen Krieg anfing, den er verlor: "Was damals Recht war, kann heute
nicht Unrecht sein." Filbinger sieht sich nach wie vor als Opfer "einer
Rufmordkampagne". Das macht ihn bis zum heutigen Empfang zur Reizfigur.
Doch Landeschef Teufel tut sein damaliges Betreiben des
Rücktritts offensichtlich leid. Filbinger sei "nicht wieder gutzumachendes
Unrecht geschehen", sagte er schon 1998, beim Fünfundachzigsten des Jubilars.
Heute ist ein kleiner Kreis, 130 Ehrengäste, ins Ludwigsburger Schloss geladen.
Die Namen werden "aus Sicherheitsgründen" nicht genannt. Der Fraktionschef der
Landes-SPD wird nicht kommen. Er vermisst die Selbstkritik des greisen
Staatsmannes a. D. Auch sein grüner Kollege bleibt daheim. Antifaschisten und
Gewerkschafter haben für 16.30 Uhr eine Protestkundgebung in der Ludwigsburger
Fußgängerzone angekündigt.
die tageszeitung
die tageszeitung vom 16.09.2003
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/ 2003-09-18
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