Neonazismus:
Deutsches Haus
Deutscher Alltag anhand von Abschiebungen, Übergriffen und
Friedhofsschändungen...
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Ein 26jähriger verübte am 3. September einen Brandanschlag auf die Imbissbude
eines Türken in Hennigsdorf (Brandenburg) . Bei dem Täter handelt es sich um
Karsten Giese, den ehemaligen Vorsitzenden der verbotenen rechtsextremistischen
Organisation Kameradschaft Oberhavel und Schatzmeister des Nationalen Vereins.
Giese warf einen Molotow-Cocktail in den Imbiss. Schon am Nachmittag hatte er
versucht, einen Anschlag zu verüben, was Angestellte verhindern konnten. Nach
Giese wird noch gefahndet. Vor dem Landgericht Gera stehen seit dem 3. September
neun Angeklagte, die im Januar 2003 einen Brandanschlag auf ein
Ausländerwohnheim in Greiz-Irchwitz (Thüringen) begangen haben sollen. Acht der
neun Angeklagten gestanden die Tat. Sie sind zwischen 18 und 45 Jahre alt und
gehören der rechtsextremen Szene an. Die beiden Hauptangeklagten warfen
Molotow-Cocktails auf das Heim und nahmen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft
den Tod der 69 Insassen billigend in Kauf. Ebenfalls seit dem 3. September
stehen zwei der fünf Skinheads vor Gericht, die im November 2002 in Dresden
einen Ungarn schwer verletzten. Als ihn die Neonazis an seiner Sprache als
Ausländer erkannt hatten, stachen sie mit einem Messer auf den Mann ein und
sprangen dann abwechselnd auf den Brustkorb des Schwerverletzten. Anschließend
wollten sie den Mann ertränken, um ihn zu »beseitigen«. Das Opfer konnte sich
retten. Den beiden Angeklagten wird außerdem ein Übergriff auf einen Tunesier im
März 2003 zur Last gelegt. Ein dritter Angeklagter befindet sich noch auf freiem
Fuß. Wie das Hamburger Abendblatt am 29. August berichtete, wurde ein Jahr nach
den ausländerfeindlichen Übergriffen in Algermissen (Niedersachsen) erst ein
Täter verurteilt. Ein 22jähriger erhielt eine zweieinhalbjährige Haftstrafe.
Gegen 26 der insgesamt 40 Beschuldigten liefen noch Verfahren. Am 31. August
2002 hatten 50 Deutsche nach einem Volksfest ein Asylbewerberheim überfallen.
Sie verletzten drei Bewohner schwer und riefen: »Deutschland den Deutschen«. Die
Polizei griff erst nach einer halben Stunde ein. Der Gemeindedirektor Fred
Faubel (CDU) zeigt sich heute überzeugt: »Es gibt bei uns keine
Ausländerfeindlichkeit.« Dem togolesischen Oppositionellen John Akouete Agbolete
droht die Abschiebung. Dies gab am 26. August Pro Asyl bekannt. Der 40jährige
sollte noch während seines laufenden Asylverfahrens nach Togo abgeschoben
werden. Dem zwischenzeitlich untergetauchten Agbolete hatte eine Bremer
Kirchengemeinde Kirchenasyl gewährt. Der Oppositionelle steht auf einer
schwarzen Liste des togolesischen Diktators Gnassingbé Eyadema. Im Monat Juli
wurden in Deutschland offiziell 585 rechte Straftaten erfasst. Darunter sind 45
Gewalttaten mit 33 Verletzten. Im statistischen Durchschnitt bedeutet das, dass
täglich eineinhalb rechte Gewalttaten registriert werden. Das gab das
Bundesministerium des Inneren nach einer parlamentarischen Anfrage bekannt.
Jungle World
Jungle World Nummer 38 (10.09.2003)
kt /
hagalil.com
/ 2003-09-15
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